Bronze im Judo:Tölzers Umdreher

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Judo-Schwergewicht Andreas Tölzer aus Bonn erlebt im Halbfinale eine schwere Enttäuschung, gewinnt aber nur gefühlte zwei Minuten später den Kampf um Platz drei. Sein gefürchteter Griff bringt die Medaille - und der Judobund freut sich über eine starke Olympia-Bilanz.

Volker Kreisl

Die Pause war kurz. Gewöhnlich kann sich Andreas Tölzer zwischen seinen Kämpfen länger erholen, mehr als eine halbe Stunde. Diesmal war es die Ruhephase vor dem wichtigsten Kampf seiner bisherigen Karriere. Und sie dauerte nur eine Viertelstunde. Doch darauf kommt es nicht an, entscheidend ist, was der Judoka fühlt, und Tölzer sagt, "es fühlte sich an wie zwei Minuten". Aber es hat gereicht.

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Schwergewichtler Tölzer aus Bonn hat sich seinen Traum erfüllt, er hat nach seinem zweiten Platz bei der Judo-WM in Paris 2011 nun auch eine Olympiamedaille gewonnen, Bronze ist es in London geworden. Es war der Tag der ganz schweren Männer, und Tölzer hat sich darauf gewissenhaft und mit allen möglichen gröberen und feineren Methoden vorbereitet. Mit neuem Krafttrainer, gutem Essen und feinen Akupunktur-Nadeln. Aber als es darauf ankam, in dieser Zwei-Minuten-Pause, da fühlte sich der 148,3 Kilogramm schwere Athlet elend.

Er hatte den Kampf ums Finale verloren. "Ich war enttäuscht, über mich, über den Kampf, über die ganze Welt." Die Zeit verstrich, und sein Trainer Detlef Ultsch schaffte es, ihn zurückzuholen. Er machte ihm klar, worum es hier ging, warum er hier war, was er alles konnte, und dass die Welt, also die Kampfrichter nicht so ungerecht waren, wie Tölzer sich einbildete.

Also ging er raus und holte nach wenigen Minuten Bronze. "Ich konnte das umdrehen, jetzt bin ich wahnsinnig stolz", sagte Tölzer. Gewonnen hat der Weltmeister, der Weltranglistenerste und haushohe Favorit Teddy Riner aus Frankreich, vor einer Kulisse, die hauptsächlich aus Franzosen bestand und während des sechsminütigen Final-Kampfes ununterbrochen "Teddy" skandierte. Silber-Gewinner Alexander Mikhailin aus Russland hielt dem Krach eine Weile stand und schlug sich wacker, hatte aber keine Chance.

Es ist immer wieder erstaunlich, welche Energien und Kräfte ein paar Kabinenworte mobilisieren können. Der Bronze-Gegner, den Tölzer, wie er später sagte, "am Boden festnageln" konnte, der Weißrusse Igor Makarov, wiegt mit seinen 135 Kilogramm auch nicht eben wenig. Aber gegen Tölzers speziellen Griff hilft Masse auch nichts. Es ist eine subtile Dreh-Technik, die am Boden zum Einsatz kommt, einigermaßen gefürchtet ist und, wie man sah, effektiv. Einen Namen hat sie auch: der Tölzer-Turnover.

Der droht dem Gegner, der sich am Boden liegend in eine Bäuchlings-Haltung retten will. Tölzer greift unter dem Körper zur Schulter durch und dreht diesen - im Bronzekampf die 135 Kilo - um. Der Turnover, sagt Tölzer, bringt auch schon Vorteile, wenn er noch gar nicht zum Einsatz kommt. "Da spielt sich vieles im Kopf ab", sagte er kürzlich. Der Gegner weiß um Tölzers Stärke am Boden, er wird vorsichtiger mit Attacken, manchmal zu vorsichtig, "und dann wird er eventuell wegen Passivität bestraft".

Durch den Tag kam Tölzer jedenfalls recht einfach. Den Georgier Okruaschwili, den Rumänen Simonescu, und auch den Ungarn Bor besiegte er klar und fühlte sich auch im Halbfinale eigentlich wohl, ließ sich dann aber vom Rhythmus abbringen und haderte nach seiner Niederlage über Schiedsrichterfehler.

Am Ende gewann er sogar dieser Wendung etwas Positives ab. Als WM-Zweiter in Tokio und Paris weiß er ja, wie es ist, wenn man mit einer Niederlage das Turnier beendet. Und auch wenn er von einem "Rezept" spricht, das er gegen den übermächtigen Teddy Riner parat hatte - im Finale drohte ihm doch eine Niederlage. "So hatte ich am Schluss noch einen Sieg und bin entsprechend glücklich", sagte Tölzer.

Bundestrainer Ultsch betrachtete das Ganze als Schlusspunkt eines gelungenen deutschen Gesamtauftritt bei den Judo-Kämpfen von London. "Ich bin absolut zufrieden mit dem, was wir geleistet haben" sagte er. Der Judobund hat bislang den Großteil der Kampfsportmedaillen geholt, insgesamt waren es vier, zweimal Silber und zweimal Bronze.

© SZ vom 04.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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