Bronze für Hürden-Sprinterin:Den Dämonen davon gesprintet

Lesezeit: 2 min

Tränen des Glücks: Pamela Dutkiewicz kann nach dem Ende des Rennens gar nicht fassen, dass sie wirklich WM-Dritte geworden ist. (Foto: Phil Noble/Reuters)

Hürden-Läuferin Pamela Dutkiewicz wurde jahrelang nachgesagt, sie sei zu pummelig. Sie änderte ihre Ernährung und wurde immer besser. In London rast sie auf Platz drei.

Pamela Dutkiewicz kannte kein Halten mehr. Nach ihrem Lauf zu WM-Bronze rannte die Hürdensprinterin einfach weiter zu ihren Fans, schnappte sich eine Deutschland-Fahne und ließ sich feiern, inklusive Freudetränen. "Ich war in einem Flow", sagte Dutkiewicz im ZDF: "Ich wollte einfach nur ein gutes Rennen laufen. Ich habe nicht mit einer Medaille gerechnet, als ich das auf der Anzeigetafel gesehen habe..." Die deutsche Meisterin musste sich nach 12,72 Sekunden in London nur Weltmeisterin Sally Pearson aus Australien (12,59) und Peking-Olympiasiegerin Dawn Harper-Nelson (12,63/USA) geschlagen geben. Dutkiewicz gewann damit die zweite Medaille für das deutsche Team bei den Titelkämpfen an der Themse - und die 25-Jährige krönte damit ihre erstaunliche Entwicklung zu einer der besten Hürdensprinterinnen der Welt.

Dutkiewicz litt jahrelang unter ihrem Körpergewicht, in einem langen Kampf hat sie sich von der "Pummel-Pam" zur WM-Bronze-Gewinnerin gewandelt. "Ich hatte den Eindruck, dass das Gewicht die Universalantwort war, wenn es nicht gut lief", erzählte sie in einem Beitrag auf dem Blog "Wortathleten": "Du konntest ja auch nicht schneller laufen, du bist ja zu schwer, hieß es. Das war eine schwere Phase." Dutkiewicz hörte, wie ein Betreuer sie "die Pummelige" nannte. "Das hat mich unfassbar getroffen und ist tatsächlich bis heute in meinem Kopf."

Dabei war Dutkiewicz ganz schön schnell, 2010 war sie die drittbeste U20-Athletin der Welt. Sie selbst fühlte sich aber nach wie vor zu dick, unwohl, sie berichtete von Heißhungerattacken - eine Top-Athletin im täglichen Kampf mit sich selbst. "Ich war immer vorne dabei, hatte aber trotzdem immer Schiss, was für ein Foto in die Zeitung kommt", sagte sie. "Das hat meine Gedanken total eingenommen. Im Stadion zu stehen und sich zu wundern, ob der Speck irgendwo rausguckt, hat mir unglaublich den Fokus genommen."

"Mittlerweile sind zehn Kilogramm runter"

Das alles änderte sich im Februar 2015, bei den nationalen Hallen-Meisterschaften, als sie im Wettkampf stolperte und mit zerrissenen Bändern auf der Tartanbahn der Karlsruher Messehalle lag. "Ich hatte auf einmal sechs Monate Zeit und habe mich in einer Klinik komplett durchchecken lassen", sagte Dutkiewicz: "Da kam raus, dass eigentlich alles in Ordnung ist. Ich war super enttäuscht, weil wieder ein Strohhalm, an den ich mich klammerte, zerbrochen war."

Auf dem Tiefpunkt vermittelte eine Ärztin den Kontakt zu Mark Warnecke, Weltmeister im Brustschwimmen und Ernährungscoach. Mit ihm drehte Dutkiewicz alles auf links - und hatte endlich Erfolg. "Mittlerweile sind zehn Kilogramm runter", sagte sie: "Ich habe nie gedacht, dass man bei mir mal Bauchmuskeln sehen würde. Endlich bin ich selbstbewusst, wenn ich auf der Bahn stehe." Sie esse nun nicht mehr fünf sondern nur noch drei Mal am Tag, dafür am Morgen dass, worauf sie Lust habe. Nutella-Brötchen und Müsli, das sei nun drin, ganz ohne negative Gedanken.

Dieses neue Selbstbewusstsein half ihr in der Folge, auf der Bahn wieder Spitzenresultate zu liefern. Keine ablenkende Gedanken, völliger Fokus auf das Wesentliche. In den Monaten vor der WM lief alles nach Plan, vor den Wettkämpfen in London sagte sie: "Was für mich besonders wichtig war, war diese Konstanz, die ich auf die Bahn gebracht habe. Ich konnte immer so um die 12,70 oder 12,80 Sekunden anbieten. Wenn ich das auch in London laufen kann, ist das WM-Finale möglich." Jetzt reichte es Pamela Dutkiewicz bei ihrer WM-Premiere sogar zu Bronze.

© SZ vom 13.08.2017 / sid, sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: