Bremen siegt auswärts:Mit Leidenschaft verdient

10 Dezember 2016 Berlin Olympiastadion Fussball 1 Bundesliga 14 Spieltag Hertha BSC SV Wer; Kruse

Erlöser-Pose: Max Kruse lässt sich für seinen 1:0-Siegtreffer für Bremen feiern.

(Foto: imago)

Max Kruse führt Werder zum ersten Auswärtssieg seit April. Die Bremer profitieren vom Schnitzer des jungen Hertha-Verteidigers Niklas Stark und dessen abschlussschwachen Kollegen.

Von Javier Cáceres, Berlin

In der Westkurve des Olympiastadions zu Berlin war die Stimmung prächtig, als die Partie bei Hertha BSC vorüber war. "Gegen Werder kann man mal verlier`n", johlten die Werder-Fans. Das war in diesem Fall deshalb bemerkenswert, als ebendieses Lied schon lange nicht mehr dargeboten worden war, jedenfalls nicht von Werder-Fans fern des Weserstadions. Seit dem 24. März, um genau zu sein. Denn so lange lag der letzte Auswärtssieg der Bremer zurück, damals siegten sie 4:1 bei Bayer Leverkusen.

Am Samstag, in Berlin, siegten sie nun mit 1:0, durch einen Treffer von Max Kruse (41. Minute). Die Hanseaten verschafften sich damit etwas Luft im Abstiegskampf und verhinderten, dass Hertha einen neuen Rekord aufstellte: Es blieb bei sechs von sieben möglichen Heimsiegen in Serie. "Ich habe eine tolle Teamleistung gesehen", sagte Werders Trainer Alexander Nouri. "Wir haben unheimlich leidenschaftlich gekämpft und dabei auch guten Fußball gezeigt. Ich denke, das ist der Weg". Berlins Trainer Pal Dardai wiederum redete nicht lange um den heißen Brei herum. "Das war nicht Hertha BSC. Es war eine verdiente Niederlage", sagte der Ungar und monierte, dass gleich sechs, sieben seiner Spieler unter Normalform gespielt hatten.

Die Partie schien lange Zeit nicht der Rede wert zu sein und erlangte erst im letzten Drittel wirklich Format. Ein Schuss von Ibisevic Richtung Tor, als die Muskeln aller Beteiligten noch nicht warm sein konnten (1.), war alles, was über quälend lange Minuten in Berlin geboten wurde. Dazu kam ein Aufreger, an dem sich später niemand mehr erinnern wollte: In der 16. Minute übersah Schiedsrichter Harm Osmers (ein geborener Bremer) einen Elfmeter zugunsten der Hertha, Niklas Moisander hatte Herthas Kapitän Vedad Ibisevic im Strafraum mit dem Ellbogen am Kinn getroffen. Aber sonst?

Werder-Offensive Kruse, Bartels, Gnabry und Pizarro sorgen für Gefahr

Hertha spielte zu schematisch, ohne letzten Elan und eine Spur zu selbstsicher. Werder wiederum verwandelte die eigene Hälfte in einen grünweißen Dschungel und verteidigte umsichtig. "Heute haben wir als Einheit gekämpft bis zum Ende", sagte Claudio Pizarro, der große, alte Andenbomber aus Peru, dem es oblag, die Partie nach über einer halben Stunde wachzuküssen.

Nach einem Angriff über die rechte Seite, der in einem Rückpass des auffälligen Fin Bartels von der Grundlinie gipfelte, prüfte Pizarro Herthas Torwart Rune Jarstein (36.). Bartels selbst (37.) und Serge Gnabry sorgten danach wieder für Aufregung. Doch es war Kruse vorbehalten, tatsächlich für die verdiente Bremer Führung zu sorgen. Er profitierte dabei von einem eklatanten Fehler des jungen, in den vergangenen Wochen immer wieder überzeugenden Niklas Stark. Der Innenverteidiger hatte den Ball auf der linken Abwehrseite von Torwart Jarstein zugespielt bekommen und wollte das Spielgerät dann aus weitgehend unerfindlichen Gründen zur rechten Abwehrseite tragen. Im Stile eines Manuel Neuer. Als er einsah, dass ihm als Hertha-Verteidiger die Aura des Bayern-Torhüters fehlte, versuchte er sich an einem Pass, den aber Kruse abfing. "So ein Ding darf einfach nicht passieren. Ich muss den Ball weghauen und dann ist das Ding vorbei", sagte Stark. Es war aber nicht vorbei. Dem einstigen deutschen Nationalspieler war es ein Leichtes, Jarstein zur 1:0-Führung zu überwinden.

Hertha versuchte, sofort zu kontern. Doch nach einem Pass von Valentin Stocker - der nach 20 Minuten für den verletzten Sebastian Langkamp eingewechselt worden war, setzte Ibisevic den Ball an die Wurzel des linken Pfostens des Werder-Tores (45.).

Bremen hält das Spiel durch vergebene Konterchancen spannend

Nach der Pause agierte Hertha mit mehr Enthusiasmus. Doch richtigen Druck entwickelten die Berliner erst, als Mitchell Weiser für Alexander Esswein kam (57.). Werder aber blieb nicht nur stabil, sondern bei Kontern immer gefährlich, so etwa bei einem 20-Meter-Schuss von Serge Gnabry nach Hackenablage von Max Kruse (59.) und einem Kopfball von Linksverteidiger Santi Garcia nach eine Flanke von Pizarro. Die beste Chance aber hatte Gnabry, als er bei einem resolut vorgetragenen Konter allein vor Torwart Jarstein stand und an diesem scheiterte.

Das war aus Bremer Sicht insofern eine lässliche Sünde, als im eigenen Tor Jaroslav Drobny stand. Denn er fuhr zweimal entscheidend die linke Hand aus: Erst bei einem Schuss von Salomon Kalou aus 24 Metern (74.), dann bei einem Schuss von Valentin Stocker (77.), der einen von Mitchell Weiser vorgetragenen Konter abschloss. Glück hatte Drobny dann in der 86. Minute, als Ibisevic aus kurzer Distanz bloß das Außennetz traf. Es blieb damit beim 1:0-Sieg und dem ersten Bremer Spiel ohne Gegentor in der laufenden Saison. "Wir haben heute als Team sehr gut gearbeitet. Das haben wir uns vorgenommen und dann haben wir auch verdient gewonnen", sagte Kruse, der sich am Sonntag wie die Kollegen über einen freien Tag freuen konnte, der im Lichte des Sieges vor allem eins war: überaus verdient.

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