Bremen lässt Anderlecht keine Chance:Klasnic grüßt Herrn Baric

Nach nicht einmal zwei Minuten deutete der deutsche Meister an, wer den Platz als Sieger verlassen würde - und legte bis zum Abpfiff noch vier Tore nach. Allein Ivan Klasnic traf dreimal.

Viel hatte man damals nicht auf den SV Werder setzen wollen, nachdem Ende August im stets vorzüglich klimatisierten Grimaldi-Forum von Monaco die Vorrundengruppen der neuen Champions-League-Saison ausgelost waren. Bei seiner Rückkehr auf die große Bühne erhielt der Deutsche Meister Italiens Edelklub Inter Mailand und den spanischen Meister FC Valencia zugelost - womit die beiden Aufsteiger aus Pool G fürs Achtelfinale ja eigentlich feststünden, befanden die Experten.

Werder Bremer, der grandiose Double-Gewinner? Wird es diesmal sicher schwer haben - ohne sein Maskottchen Ailton und den Abwehrchef Krstajic - und sich wohl neben Belgiens Vertreter Anderlecht um den dritten Platz bewerben, für den es als Trostpreis das Startrecht im Uefa-Cup gibt, nicht wahr?

Nun, die Bremer stören sich nun schon länger nicht mehr daran, dass man sie immer noch ein wenig unterschätzt. Letztes Jahr hat der FC Bayern spät eingesehen, welch vorzügliche Mannschaft an der Weser entstanden ist. Und zurzeit ingnoriert diese Mannschaft das Verletzungspech, das die Bremer seit Saisonbeginn begleitet. Gestern Abend, im Match gegen den RSC Anderlecht, musste Trainer Thomas Schaaf wieder improvisieren, und wieder gelang ihm das blendend.

Party beginnt nach zwei Minuten

Nach einer zum Teil begeisternden Vorstellung und gleich drei Klasnic-Treffern siegte seine Elf 5:1 (3:1) und hat vor den beiden letzten Gruppenspielen beste Chancen auf den Sprung in die K.o.-Runde. Da Valencia bei Tabellenführer Inter nur ein 0:0 schaffte, liegt Werder nun fünf Punkte besser als die Spanier. Schaafs wollte hinterher noch nicht über das Achtelfinale reden, zufrieden war der Stoiker dennoch. "Die Mannschaft hat beeindruckend gespielt", sagte er, "das Spiel war fast perfekt."

Dass sich Bremen auf einen neuerlichen Festtag gefreut hatte, war bereits vor Spielbeginn zu spüren. Die 37000 im ausverkauften Weserstadion empfingen ihre Mannschaft mit einer stimmungsvollen Choreografie, und Schaafs Männer ließen sich gerne anstecken von diesem Ambiente. Der Sekundenzeiger hatte noch nicht einmal zwei Runden hinter sich, da erkämpfte sich der Däne Daniel Jensen im Mittelfeld den Ball, legte ihn dem Kollegen Ivan Klasnic vor, worauf dieser prompt aus 20 Metern abzog - die frühe Führung, und die Party begann.

Überhaupt Klasnic. An ihm lässt sich gut festmachen, welche Entwicklung die Bremer im vergangenen Jahr vollzogen haben - und wie sich so genannte Experten irren können. Im Sommer, bei der EM in Portugal, ignorierte der Experte Otto Baric, damals noch Kroatiens Nationalcoach, den Bremer Stürmer. Denn Klasnic spielte in Portugal nicht eine Minute.

Baric wird inzwischen mitbekommen haben, wozu Klasnic im Stande ist. Letztens, beim Hinspiel in Anderlecht, erzielte er beide Tore zum 2:1-Auswärtserfolg. Und auch gestern traf er sicher gegen den belgischen Meister. 16. Minute, Eckball durch Johan Micoud: Klasnic schüttelt seinen Bewacher Baseggio ab und köpft zum 2:0 ein.

Micoud und Klasnic waren auch am dritten Bremer Treffer beteiligt. Es war ein schönes Tor. Klasnic, der zumeist über links kam, spitzelte dem Partner Micoud mit der Hacke den Ball in den Lauf. Der Franzose lief ein paar Schritte, dann schaute er kurz auf und passte darauf präzise quer in den Strafraum, wo Miroslav Klose auf seine nächste Chance wartete.

Und diesmal traf der deutsche Nationalspieler, den Referee Busacca nach vier Minuten fälschlicherweise im Abseits gewähnt hatte. Das 3:1 (33.) beendete die kurze Phase der Unsicherheit, die Jaschtschuks Anschluss (30.) eröffnet hatte. Der Ukrainer profitierte nach einem Freistoß von einem Stellungsfehler des Bremer Kapitäns Frank Baumann.

Auch Jensen stark

Nach der Pause nahmen sich die Bremer etwas zurück. Sie konnten sich das leisten, denn Anderlecht brachte die Gastgeber nie wirklich in Verlegenheit. Schaaf wechselte den jungen Christian Schulz aus, der nach seinen Toren in der Bundesliga nun auch auf der Europabühne überzeugte.

Später folgte Klose, für ihn kam der bewährte Joker Nelson Valdez. Werder kontrollierte die Partie recht problemlos, und zwischendurch zeigten Micoud und Klasnic, wie gut sie sich verstehen. Jensen schickte den Franzosen, der wieder ein paar Schritte lief, seinen Kopf hob und dann quer in den Strafraum passte (diesmal von rechts). Und dort hielt Klasnic noch einmal seinen linken Fuß hin - mit einem schönen Gruß an Herrn Baric.

Das 4:1 (79.), dem der starke Jensen noch das fünfte Tor folgen ließ (90.). "Heute kann man glücklich sein, die Mannschaft hat ein sensationelles Spiel gezeigt", sagte Manager Klaus Allofs hinterher. Niemand sollte seine Mannschaft mehr unterschätzen.

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