Bremen gewinnt in Braunschweig:Nur Junuzovic stört die Party

Eintracht Braunschweig v Werder Bremen - Bundesliga

Werders Zlatko Junuzovic jubelt über seinen Siegtreffer gegen Braunschweig.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Beim ersten Bundesliga-Spiel nach 28 Jahren hat Eintracht Braunschweig die besseren Torchancen. Werder enttäuscht, trifft aber kurz vor Schluss zum 1:0-Siegtreffer. Nach dem Spiel singen die Bremer Fans trotzdem höhnisch vom Europapokal.

Von Andreas Glas

Die Wurst war ein großes Thema vor dem Anpfiff. In Bremen sagte Werder-Sportdirektor Thomas Eichin, "dass es vom ersten Spieltag an um die Wurst geht". Dass das nicht jeder kapiert hatte, war ja zuletzt bei Werders Pokalpleite zu sehen. Nach dem Larifari-Auftritt mancher Spieler beim 1:3 in Saarbrücken wollten Werder-Fans vor Wut den Platz stürmen. Ganz anders war das in Braunschweig. Die Eintracht hatte das erste Pokalspiel zwar ebenfalls verloren (1:2 bei Arminia Bielefeld), aber die Fankurve feierte die Verlierer hinterher trotzdem. Man hatte den Eindruck, als sei den Braunschweigern das frühe Pokal-Aus, genau: ziemlich wurst.

Dass der Grad der Wurstigkeit so verschieden ist, hat natürlich mit den vergangenen 28 Jahren zu tun. In dieser Zeit hat Werder Bremen dreimal die Meisterschaft gewonnen, fünfmal den DFB-Pokal und war Dauergast im Europapokal. Eintracht Braunschweig dagegen hat in diesen 28 Jahren nicht ein einziges Bundesligaspiel gewonnen. Was nicht unwesentlich damit zu tun hatte, dass die Eintracht 28 Jahre lang nicht mehr in der ersten Liga gespielt hat. Am Samstagabend war es endlich wieder so weit: Mit dem Heimspiel gegen Bremen feierte Braunschweig die Rückkehr in die Bundesliga - und verlor mit 0:1.

Ekici entsetzt über Auswechslung

Im Grunde war es eine große Fan-Party, bei der im Hintergrund leise Fußball gespielt wurde. Sehr leise. Zumindest in der ersten Halbzeit. Die Bremer waren zwar die bessere Mannschaft und kombinierten sich ein paar Mal hübsch durchs Mittelfeld, aber am Ende war immer ein Eintracht-Spieler dazwischen. Allein Nils Petersen trotzte der Braunschweiger Hase-und-Igel-Taktik mit zwei gefährlichen Kopfbällen: In der siebten Minute setzte der Werder-Stürmer eine Flanke von Clemens Fritz neben den rechten Pfosten, in der 40. Minute köpfelte er zwar aufs Tor, aber Eintracht-Torwart Marjan Petkovic hatte keine Mühe, den Ball abzuwehren. Davor und danach aber blieben die Bremer Angriffsversuche immer wieder im dichten Mittelfeld oder in der Viererkette kleben. Angeführt von Chef-Zerstörer Marco Caliguiri wuselten gefühlte zwölf Braunschweiger um den eigenen Strafraum herum und machten es den Bremer Angreifern ungeheuer schwer.

Dass Bremens Mittelfeld um Spielmacher Mehmet Ekici so gar nichts Gefährliches zustande brachte, war insofern erstaunlich, dass Werder-Kapitän Fritz allein mehr Bundesliga-Einsätze (235) auf dem Buckel hat, als der gesamte Braunschweiger Kader zusammen (195). Für Gefahr sorgte Ekici erst nach der Halbzeitpause mit einem Freistoß: Eintracht-Torwart Petkovic ließ dessen scharfen Flachschuss nach vorne klatschen, aber Petersen scheiterte im Nachschuss (49.). Nach einer Stunde holte Werder-Trainer Robin Dutt ihn vom Platz und hatte große Mühe den entsetzten Ekici zu beruhigen. Für Ekici kam Eljero Elia, der aber blass blieb.

Zwei Österreicher entscheiden das Spiel

In der 65. Minute hatte Braunschweigs Ken Reichel dann die bahnbrechende Idee auch einmal aufs Tor zu schießen. Also zimmerte er den Ball mit Vollspann an die Latte des Bremer Tores. Und plötzlich begann ein regelrechter Sturmlauf der Eintracht: Erst setzte Stürmer Simeon Jackson eine scharfe Hereingabe von Ermin Bicakcic knapp neben den linken Pfosten (67.), dann jagte er den Ball per Seitfallzieher aus fünf Metern übers Tor (72.).

Als Werder Bremen drauf und dran war, das Spiel zu verlieren, zeigten zwei Österreicher ihren Kollegen, wie man einen erfolgreichen Konter spielt. Ein Befreiungsschlag von Innenverteidiger Sebastian Prödl wird zur Steilvorlage für Zlatko Junuzovic, der den Ball aus 14 Metern über Eintracht-Torwart Petkovic ins Tor schlänzt (82.). Die letzte Chance zum Braunschweiger Ausgleich verpasste Jan Hochscheidt, der zwei Meter vorm Tor Werder-Verteidiger Luca Caldirola anschoss.

"Es war eine Erleichterung"

Die Braunschweiger Fans ließen sich ihre Freude über die Bundesliga-Rückkehr trotz Niederlage nicht nehmen - und feierten nach dem Schlusspfiff einfach weiter. Eintracht-Kapitän Dennis Kruppke ärgerte sich dagegen über die eigene Schludrigkeit: "Wir haben gerade in der zweiten Halbzeit sehr gut gespielt und hatten viele, viele Chancen. Da ist zu wenig dabei rumgekommen." Dass der Werder-Sieg am Ende glücklich war, musste auch Thomas Eichin eingestehen: "Ich war heilfroh, als der Schiedsrichter Gnade hatte und abgepfiffen hat. Es war eine Erleichterung." Und Torschütze Junuzovic war einfach nur "froh, dass der Lucky Punch noch gelungen ist. Gott sei dank."

Die Werder-Fans dagegen zeigten sich nur scheinbar versöhnt. Als die Mannschaft zur Ehrenrunde in die Fankurve kam, sangen die Anhänger höhnisch vom "Europapokal!" Spätestens in diesem Augenblick dürfte der letzte Bremer Spieler verstanden haben, was Sportchef Eichin damit gemeint hat, "dass es vom ersten Spieltag an um die Wurst geht." Die Wurst ist ein Synonym für den: Klassenerhalt.

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