Bremen - Frankfurt (17.30 Uhr):Plötzlich Hoffnungsträger

Werder Bremen v FC Chelsea - Friendly Match

In Bremen erhoffen sie sich neue Impulse und vor allem Tore von ihm: Stürmer Max Kruse.

(Foto: Joachim Sielski/Getty Images)

Max Kruse gilt nicht gerade als Musterprofi. Vergangene Saison lernte er die Schattenseiten der Profi-Karriere kennen. Jetzt gibt der Ex-Wolfsburger sein Comeback für Werder - und weckt Erwartungen.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Wenn Werder-Trainer Alexander Nouri über seine lange verletzten Rückkehrer Claudio Pizarro, Max Kruse und Philipp Bargfrede spricht, leuchten seine dunklen Augen noch mehr als sonst. "Sie haben eine großartige Qualität und bieten den Anderen auf und neben dem Platz eine Orientierung." Da hatte Kruse, 28, wohl Glück, im Zusammenhang mit den Kollegen genannt zu werden. Denn abseits des Fußballfeldes gilt er ja nur bedingt als Wegweiser eines Musterprofis.

Der Hobby-Pokerspieler hat sich schon so viel herausgenommen, dass der um ein sauberes Image bemühte Bundestrainer Joachim Löw den 14-maligen Nationalspieler im vergangenen März dauerhaft aus seinem Kader strich. Damals hatte der zu jener Zeit noch für den VfL Wolfsburg stürmende Kruse einer Bild-Reporterin das Handy weggenommen. es tauchte bei Facebook ein Sex-Video von ihm auf. Doch auf dem Rasen ist Kruse wohl wirklich ein Vorbild: "Wenn es um seinen Job geht, ist Max sehr fokussiert", lobt Geschäftsführer Frank Baumann, "das wussten wir, und das hat er jetzt wieder bestätigt."

2007 spielte Max Kruse erstmals für Werder - einmal

So ist Kruse nach seinem Außenbandriss am linken Knie, den er sich im August beim Pokal-Aus beim Drittligisten Sportfreunde Lotte zuzog, deutlich schneller wieder fit als gedacht und wird wohl am Sonntag gegen Eintracht Frankfurt sein zweites Bundesligaspiel für Werder absolvieren. Das erste hatte er 2007 gegen Arminia Bielefeld als 19-Jähriger bestritten, ehe er sich 2009 in Marsch setzte, um über St. Pauli, Freiburg, Mönchengladbach und Wolfsburg 2016 nun wieder am Ausgangspunkt seiner Profikarriere anzukommen. Damals hatte der Reinbeker (liegt bei Hamburg) keine Chance beim ewigen Werder-Coach Thomas Schaaf. Er konnte als Jungspund Ausnahme-Könner wie Diego, Mesut Özil oder Aaron Hunt nicht verdrängen.

Die Vorbereitung des Comebacks verlief vergangene Woche extrem positiv. Im Testspiel gegen den VfL Osnabrück deutete er an, wie wertvoll er werden kann für die Bremer, die sich mal wieder nach zuletzt drei Niederlagen in der Abstiegsregion befinden. Beim 5:1 erzielte er gleich zwei Tore und gab die Vorlage zu einem weiteren. Vermutlich wird Nouri für den torgefährlichen Zehner sogar sein System umstellen. Hatte er bislang meist eine 4:1:4:1-Formation bevorzugt, wird er nun wohl ein 4:2:3:1 vorziehen mit einem echten Spielmacher Kruse hinter der Sturmspitze, die wohl demnächst wieder Pizarro heißen wird. Der Gambier Ousman Manneh, der als Ersatzstürmer ein paar gute Auftritte hatte, ist vorerst wieder zur zweiten Mannschaft beordert worden.

Kruse, Gnabry und Pizarro - das Sturmtrio eines Anstiegskandidaten?

Im Prinzip könnte am Sonntag eine total erneuerte Werder-Mannschaft auf dem Feld stehen, falls Nouri auch den Sechser Bargfrede nach zehn Monaten Pause erstmals wieder auflaufen lässt. "Das ist eine privilegierte Situation", sagt Nouri, "es regt unsere Fantasie an". Dass Werder die Gegner auch mal wieder schwindelig spielt, ist so eine Vorstellung. Serge Gnabry, der neue A-Nationalspieler, freut sich besonders darauf, ein besseres Umfeld zu bekommen. Auch er könnte besonders von Kruse profitieren, der mit seiner Übersicht das Offensivspiel lenken kann. Kruse, Gnabry und Pizarro sind normalerweise nicht das Angriffs-Trio eines Abstiegskandidaten. So sieht es offenbar auch der Trainer, der kommentierte: "Sie machen uns besser."

Noch ist allerdings unklar, ob alle schon in der Startelf stehen. Der Trainer warnt, man dürfe nach den langen Pausen "noch keine Wunderdinge erwarten." Die Erwartungen der Fans sind besonders für Kruse, der mit ziemlicher Sicherheit von Beginn an spielen wird, offenbar spürbar. Er wisse, dass der Anhang mit seiner Rückkehr auf bessere Zeiten hofft. "Aber ich versuche, das nicht zu sehr an mich heranzulassen." Diese Erwartungshaltung könnte ein stärkerer Druck sein als alles andere. Denn auch, wenn Max Kruse als lockerer Vogel gilt: So sehr Hoffnungsträger wie jetzt in Bremen war er bei keinem anderen Klub. Und das ist gar nicht so leicht.

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