Brasiliens Sieg beim Confed-Cup:"Der Champion ist zurück"

Zum dritten Mal in Serie gewinnt Brasilien den Confed-Cup. Das 3:0 im Finale gegen Spanien gibt dem Land unverhoffte Zuversicht für die Heim-WM im kommenden Jahr. Angreifer Neymar offenbart eine weitere Hoffnung: Er will sein Schnarchen loswerden.

Von Carsten Eberts

Neymar da Silva Santos Júnior wirkt bisweilen wie ein halbes Kind, obwohl schon 21 Jahre alt, manchmal wird er von seinem Übermut gepackt. Der Brasilianer schnappte sich die schwarze Wasserflasche, bespritzte alle, die ihm in den Weg kamen, Teamkameraden, Fans und Journalisten. Dazu strahlte er, als hätte er gerade einen Vertrag beim FC Barcelona unterschrieben. Moment, halt, das hat er schon hinter sich. Ein Glücksjunge, dieser Neymar, wirklich.

Nach dem 3:0 gegen Weltmeister Spanien spielten sich Szenen ab, als hätten die Brasilianer gerade nicht den reichlich unbedeutenden Confederations Cup gewonnen, sondern bereits die Heim-WM im kommenden Jahr. Im Konfettiregen mischten auch Dante und Luiz Gustavo eifrig mit, die Profis aus München. Für Dante war es das erste große Turnier mit dem brasilianischen Team, nach dem Finale witzelte er: "Ich muss erst mal den neuen Trainer anrufen. Ich weiß noch nicht, wie lange ich Urlaub habe. 15 Tage, 18, 20 vielleicht."

Einem Weltmeister würde Pep Guardiola diesen Sonderwunsch womöglich zugestehen, einem Confed-Cup-Sieger eher nicht. Zum dritten Mal in Serie gewannen die Brasiliener das WM-Vorbereitungsturnier, was an sich ein ungünstiges Omen ist. Schließlich gingen die wirklich wichtigen Pokale nach den Generalproben zuletzt stets an andere Teams: 2006 an Italien, 2010 an Spanien.

Trotzdem jubilierten die Südamerikaner. Für die Mannschaft sei es ein "gigantischer Erfolg", sagte Neymar, der zum besten Akteur des Turniers bestimmt wurde: "Das war ein ganz großes Fußballspiel zwischen Brasilien und Spanien, eines, bei dem die Welt innegehalten hat." Etwas demütiger stellte sein Trainer Luiz Felipe Scolari fest: "Ein so hohes Ergebnis war nicht vorgesehen. Uns darf nicht schwindlig werden, es geht hier um mehr als einen Titel."

Die Botschaft: Der Confed-Cup, schön und gut. Aber bitte, liebe Brasilianer, erhebt uns nun nicht zum ersten Favoriten auf den WM-Titel im kommenden Jahr.

Die Art und Weise, wie sich die Mannschaft präsentiert hat, bringt den Brasilianern unverhoffte Zuversicht. Noch vor wenigen Wochen wurde der Seleção eine schwere Malaise bescheinigt. Nach zwei missratenen Weltmeisterschaften und schlechten Testspielergebnissen wurde befürchtet, die Brasilianer hätten nicht nur das jogo bonito verlernt, das schöne Spiel, das den Südamerikanern eigentlich so wichtig ist - sondern auch das Gewinnen.

Scolari, der erst im November 2012 angetreten war, um die Mission zu retten, konnte nun Freudigeres berichten. "Der Champion ist zurück", sagte Scolari: "Wir haben bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und sichergestellt, ihn mit etwas mehr Zuversicht zu beschreiten." Trotzdem müsse sein Team noch viel arbeiten, um dahin zu gelangen, wo Mannschaften wie Spanien, Deutschland und Argentinien bereits sind.

Besonders schön spielt diese brasilianische Elf aber nicht. Sie hat wenig gemein mit den spektakulären Mannschaften etwa der 1980er Jahre um Zico, Sócrates und Falcão. Scolari wiederholt indessen seinen Plan von 2002, als er das Land zum WM-Titel führte: Vorne drei bis vier herausragende Könner, der Rest macht hinten dicht. Dass es gegen Spanien zum deutlichen Erfolg reichte, war indes auch der Tatsache geschuldet, dass die Spanier vom 120-Minuten-Match im Halbfinale gegen Italien ausgelaugt waren und den Confed Cup, anders als die Brasilianer, wohl auch nicht so ernst nahmen.

Neymar und sein Schnarchen

Was überzeugte, war die Angriffsmacht der Brasilianer. Um Neymar herum hat Scolari eine Ansammlung schwer ausrechenbarer Stürmer drapiert, ein stark verjüngtes Team, schließlich sind nur noch drei Spieler von der vergangenen WM im Kader.

Zudem hat es Scolari geschafft, seine verunsicherten Spieler mit Selbstvertrauen auszustatten. Etwa Fred, der den Ball gegen Spanien schon nach zwei Minuten in bester Gerd-Müller-Manier (im Liegen, auf dem Bauch) ins Tor bugsierte. Neymar, der kurz vor der Pause den Ball aus halblinker Position ins kurze Torwarteck hämmerte (44.). Das dritte Tor erzielte abermals Fred, kurz nach der Halbzeit, der den Ball diesmal überlegt ins lange Eck schob (48.).

Fred gilt als Entdeckung des Turniers. Der ist schon 29, galt mehrmals als abgeschrieben, kehrte 2009 nach Brasilien zurück, nach Fluminense, weil er in Europa zwar für Olympique Lyon kickte, den Wechsel zu einem großen Team aber nicht schaffte. Nun dieser Durchbruch beim Confed-Cup: fünf Turniertore, zwei davon im Finale. Neben Neymar war Fred damit die bestimmende Figur.

Die Spanier hingegen waren einfach platt. Xavi, Iniesta und Torres hatten nach einer sehr langen Saison keine Kräfte mehr, die sie hätten zuschießen können. All das gipfelte im Elfmeter von Sergio Ramos, nach dem 0:3, den er recht kläglich am Tor vorbeischob (55.). Trainer Vicente del Bosque sagte kurz und knapp: "Wir müssen nicht über Einzelheiten reden, Brasilien war eindeutig die bessere Mannschaft."

Auch außerhalb des Stadions hatten die Brasilianer ihre Botschaft hinterlassen. Beim Finale kam es erneut zu Protesten, die Polizei riegelte mit großem Aufgebot 20 Straßen ab, um die Protestierenden vom Stadion fernzuhalten, setzte Tränengas ein. Die Spieler, auch ihr Trainer, verfolgten aufmerksam, wie sich das Volk in den vergangenen beiden Wochen veränderte und unterstützte die Kundgebungen. "Ich möchte hervorheben, was auch außerhalb des Platzes um dieses Team herum geschah", sagte Scolari: "Es ist eine Botschaft für ganz Brasilien. Wir müssen Freundschaft und Einigkeit zeigen, damit die Dinge wachsen und sich entwickeln."

Präsidentin Dilma Rousseff schickte nach dem Finalsieg immerhin ein Telegramm, beglückwünschte Scolari und seine Mannschaft zu einem "historischen Tag". Dem Stadion war sie ferngeblieben. Ein Pfeifkonzert wie beim Eröffnungsspiel wollte sich Rousseff ersparen.

Und selbst bei Glückskind Neymar ist nicht alles rosig. Die Mandeln müssen herausoperiert werden, weil sie chronisch entzündet sind. So hofft der Stürmer des FC Barcelona auch, ein weiteres Problem loszuwerden: "Ich habe deshalb auch immer geschnarcht. Ich hoffe, dass es dann ein für allemal vorbei ist."

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