Brasilien:Schüchterner Stratege

Brasilien: Seltener Gefühlsausbruch: Philippe Coutinho bejubelt sein siegbringendes Tor gegen Costa Rica.

Seltener Gefühlsausbruch: Philippe Coutinho bejubelt sein siegbringendes Tor gegen Costa Rica.

(Foto: Christophe Simon/AFP)

Brasiliens Nationalelf hat bislang zwei durchwachsene Auftritte hinter sich. Im dritten und letzten Spiel um den Gruppensieg setzt die Seleção auch auf Coutinho.

Philippe Coutinho wird niemals wie Neymar sein. Aufmerksamkeit mag der zweitteuerste Spieler der Welt überhaupt nicht. Er jagt keine Bilder, auf denen er halbnackt posiert, in die sozialen Netzwerke. Die großen Dinge vollbringt der kleine Brasilianer auf dem Fußballplatz.

Bei der WM in Russland ist der 1,72 Meter große Mittelfeldstratege der Hauptdarsteller der Seleção. Dass die Schlagzeilen bisher meist vom teuersten Spieler der Welt geliefert werden - Neymar, natürlich - kommt Coutinho sogar entgegen. Er hat nichts dagegen, im Schatten seines viel beachteten Kollegen das Spiel des Rekordweltmeisters zu lenken. Der 26-Jährige spielt entscheidende Pässe und schießt wichtige Tore. Auch im dritten Gruppenspiel gegen Serbien am Mittwoch (20 Uhr) wird es entscheidend auf Coutinhos Begabung ankommen.

Nach den beiden bisherigen Partien der Brasilianer gegen die Schweiz (1:1) und Costa Rica (2:0) wurde der WM-Doppeltorschütze jeweils zum besten Spieler der Partie gewählt. Gefallen hat ihm das nicht, weil er dann zumindest für kurze Zeit auch außerhalb des Platzes im Fokus steht. Und weil er sich einigen Fragen der Journalisten stellen muss. "Ich fühle mich auf dem Platz viel wohler als hier", sagte er jüngst bei einer Pressekonferenz in Brasiliens WM-Quartier in Sotschi: "Ich mag es nicht, über mich zu reden." Rund 160 Millionen Euro hatte der FC Barcelona im vergangenen Winter an den FC Liverpool für diesen schüchternen Strategen bezahlt. Coutinho kam als Nachfolger von Neymar, der einige Monate zuvor für 222 Millionen Euro zu Paris Saint-Germain gewechselt war. Die wahnsinnige Summe für Coutinho dürfte danach jedoch nur wenigen in den Köpfen geblieben sein, weil die noch wahnsinnigere Summe für Neymar alles überlagerte.

Gegen Serbien reicht dem Team von Nationalcoach Tite ein Unentschieden, um das Achtelfinale zu erreichen. Bei einer Niederlage und einem Sieg der Schweiz gegen die bereits ausgeschiedenen Costa-Ricaner wäre das erste Vorrundenaus seit 1966 perfekt. Der Schweiz reicht in jedem Fall ein Punkt, um in die K-.o.-Runde vorzurücken. Die stolze Seleção will nach den bisher mäßigen Auftritten freilich ihre wahre Stärke zeigen. Sollte Coutinho gegen Serbien erneut gut spielen, könnte das gelingen. Serbien muss gewinnen, um es ins Achtelfinale zu schaffen. "Wir sind Serben, nichts ist unmöglich. Ich bin überzeugt, dass wir Brasilien rausschmeißen können", sagte der Stürmer Aleksandar Mitrovic.

Brasiliens Team, so erklärte Serbiens Co-Trainer Milan Rastavac, bestehe vor allem aus Individualisten wie Neymar, die man im Kollektiv stoppen müsse. Die wichtigste Aufgabe dürfte es sein, Coutinho zu bremsen. Dass dieser schon als Kind und Jugendlicher gar nicht gerne im Fokus stand, zeigt eine Geschichte seines Bruders Cristiano. Der erzählte dem brasilianischen Internetportal UOL, dass der junge Philippe früher gar keine Tore schießen wollte. Vorlagen hätten ihm besser gefallen. "Jeder in unserer Familie, der sich seine Spiele anschaute, hat ihn darum gebeten, häufiger abzuschließen", sagte Cristiano. Sein Vater habe ihm dann ein Taschengeld versprochen, wenn er ein Tor schießt. Irgendwann wurde es besser.

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