Braga - FC Bayern:Schreckminuten und ein Gegentor

Beim 1:1 in Braga erweist sich der FC Bayern München als Uefa-Cup-Favorit mit Hang zur Überheblichkeit

Die Frechheit der Kleinen ist eine Größe, mit welcher die Fußballer des FC Bayern München nicht gut umgehen können. Das haben sie auch am Donnerstagabend im Uefa-Cup-Spiel bei Sporting Braga wieder feststellen müssen. Das 1:1 (0:0) in Portugals Norden hat niemand beim deutschen Rekordmeister als schweren Rückschlag sehen müssen, das Vorrücken in die Zwischenrunde ist auch nach dem zweiten Unentschieden in der dritten Gruppen-Partie nicht in Gefahr. Aber besonders professionell wirkte es eben auch nicht, wie sich die hochgewetteten Münchner um den Lohn ihrer technischen Überlegenheit bringen ließen und mit ihrem fahrigen Defensivverhalten zwischendurch sogar einen Rückstand gegen einen allenfalls soliden Gegner riskierten.

Oliver Kahn FC Bayern Braga

Oliver Kahn legt reichlich Frust in diesen Abschlag. Zufrieden waren die Bayern nicht mit dem 1:1 in Braga.

(Foto: Foto: Reuters)

So richtig wird sich der FC Bayern wohl nie mehr anfreunden mit seiner Teilnahme am Uefa-Cup. Zu schmerzlich erinnert sie den Rekordmeister an die Irrungen der vergangenen Saison, zu beschwerlich sind die Reisen zu den Klubs der entfernten Fußballprovinz. Aber zumindest richten sie sich so langsam ein in diesem Wettbewerb der europäischen Mittelklasse, erledigen klaglos ihre Pflichtaufgaben, aber leisten sich eben ab und zu einen kleinen Betriebsunfall wie zuletzt dieses Heim-2:2 gegen Boltons klobige Wanderers und nun das nächste Unentschieden gegen den Tabellensiebten der portugiesischen Liga. Vielleicht schmeichelt den Bayern ihre Favoritenrolle einfach ein bisschen zu viel, welche sich zum Beispiel in Braga dergestalt äußerte, dass Sportings brave Fußballschaffende Anzeigen schalteten, in denen sie ihre Gemeinde aufforderten: "Lasst uns Geschichte schreiben." Sie wussten, dass ihr unterprivilegiertes Team gegen den schwerreichen Liga-Ersten aus Deutschland schon über sich hinauswachsen musste, um zu bestehen.

Favoriten neigen zur Überheblichkeit, und in der Tat zeigte der FC Bayern schon in der ersten Hälfte die klassischen Symptome eines allzu pflichtvergessenen Dominators. Eine halbe Stunde lang beherrschten die Münchner ihren defensiv eingestellten Gastgeber und gaben Kostproben ihres technischen Vermögens mit Doppelpässen, Dribblings, scharfen Schüssen sowie der ein oder anderen klaren Torgelegenheit. Vor allem Franck Ribéry machte sich um diesen frischen Wind verdient, setzte etwa seinen Kollegen Luca Toni mit einem Musterpass aus dem Mittelfeld in Szene; allerdings versprang dem Italiener der Ball bei der Annahme. Mark van Bommel gab den ersten, knapp verzogenen Warnschuss ab (6.), Miroslav Klose verzog nach einem missglückten Ribéry-Freistoß (10.), Bragas Torwart Paulo Santos rettete mühevoll gegen Toni (31.) und Lucio sorgte nach der folgenden Ecke mit einem abgefälschten Schuss für Gefahr. Die Bayern schienen sich in Sicherheit zu wiegen. Geschichte? Findet heute nicht statt.

Jeder ist verwundbar, auch ein im Uefa-Cup zwischengelagerter FC Bayern

Doch schon stürmte der flinke Joao Pereira über Bragas linke Angriffsseite, ließ van Bommel hinter sich, brachte eine flache, scharfe Flanke vors Tor und hätte damit Lucio fast zu einem Eigentor verleitet; der Verteidiger klärte mit einem Schuss knapp am eigenen Pfosten vorbei (36.). Vier Minuten später nahm Bragas Wender eine Kopfballvorlage volley ab, womit er Bayern-Torwart Oliver Kahn eine Parade höchster Kategorie abnötigte. Und kurz vor der Pause musste Kahn noch einmal rettend eingreifen. Wieder hatte Wender geschossen.

Jeder ist verwundbar, auch ein im Uefa-Cup zwischengelagerter FC Bayern, das war die Lehre aus diesen Schreckminuten. Trainer Ottmar Hitzfeld nutzte seine Pausenansprache prompt, um seine stolzen Herren noch einmal auf das kleine Einmaleins des Favoritendaseins aufmerksam zu machen. Und gleich nach Wiederanpfiff hatte das Millionen-Ensemble seine Konzentration wieder beisammen: Luca Toni bekam an der linken Strafraumecke die Zeit, die er brauchte, um sich ein Bild von der Situation vor dem Tor zu machen, bediente Klose, und der musste für sein 1:0 keinen großen Aufwand mehr betreiben (46.).

Schwitzen am Ende

Doch genau in dem Augenblick, als das Spiel des FC Bayern wieder zu seiner Ruhe gefunden hatte und die Dominanz des Gastes sich in weiteren Chancen durch Toni (64.) und Ribéry (66.) ausdrückte, tat sich das nächste Loch in der Abwehr auf. Und diesmal konnte auch Kahn nicht mehr helfen. Martin Demichelis, dem Trainer Ottmar Hitzfeld den Vorzug vor Daniel van Buyten gegeben hatte, rutschte aus, der Österreicher Roland Linz, einst Auszubildender beim Bayern-Nachbarn 1860, nutzte die Gelegenheit. 1:1 (66.). Überflüssig wie ein Kropf.

So kamen die Münchner doch noch ziemlich ins Schwitzen. Am Ende konnte man nicht einmal sagen, dass die Bayern dem 2:1 näher waren als die Portugiesen. Es blieb dabei: Die Münchner Uefa-Cup-Verächter hatten ihre Arbeit nicht in dem Maße verrichtet, wie es sich für einen selbsternannten Favoriten gehört.

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