Boxprofi aus Berlin bleibt Weltmeister:Die Karriereplanung des Marco Huck

Marco Huck erreicht gegen den starken Briten Ola Afolabi ein Unentschieden und bleibt Weltmeister im Cruisergewicht. In der zweiten Kampfhälfte zeigte er eine couragierte Leistung - für einen weiteren Ausflug ins Schwergewicht empfahl er sich aber nicht.

Jürgen Schmieder

Am Ende der fünften Runde rutschen Wilfried und Kalle Sauerland recht nervös auf ihren Stühlen herum. Die Vater-Sohn-Promoter waren besorgt, dass ihr Prime-Time-Boxer verlieren würde, dass Marco Huck seinen Weltmeistertitel im Cruisergewicht nicht würde verteidigen können. Im Ring schimpfte Hucks Trainer Ulli Wegner mit seinem Schützling: "Du machst doch jaaar nüscht! Willste kein Weltmeister bleiben?" Huck antwortete: "Ich bin müde!" Da wurde Wegner böse: "Jetzt reiß' Dich aber zusammen!"

Boxen WM Huck Afolabi

Lorbeerkranz für beide: Der Kampf zwischen Marco Huck (links) und dem Briten Ola Afolabi endete nach zwölf Runden unentschieden.

(Foto: dpa)

Huck riss sich zusammen, er boxte aggressiver und couragierter. Am Ende der zwölften Runde prügelten er und Gegner Ola Afolabi ohne Deckung aufeinander ein, als würden sie eine Szene aus Rocky nachstellen wollen. Es war kein hochklassiges Duell, jedoch ein intensives und spannendes - was sich auch im Urteil der Punktrichter widerspiegelte: Zwei werteten den Kampf mit 114:114, einer sah Huck mit 115:113 vorne. Durch das Unentschieden durch Mehrheitsentscheid bleibt Huck Weltmeister der World Boxing Organisation (WBO).

"Der Kampf gegen Alexander Powetkin hat viel Substanz gekostet, ich war nach wenigen Runden körperlich müde", sagte Huck nach dem Kampf, "aber ich wollte das Publikum, meinen Trainer und auch mich selbst nicht enttäuschen." Erst vor zehn Wochen hatte sich Huck ins Schwergewicht gewagt und nach einem spektakulären Kampf unglücklich nach Punkten verloren - womöglich kam die Pflichtverteidigung gegen den starken Afolabi, immerhin Sechster auf der Rangliste des von Verbandspolitik unabhängigen Ring Magazines (Huck liegt auf Platz zwei), einige Wochen zu früh.

Der Brite nämlich begann variabel, einer schnellen Führhand ließ er präzise Aufwärtshaken und wuchtige Körpertreffer folgen. Huck dagegen agierte arg eindimensional, er versteckte sich hinter der Doppeldeckung und versuchte, seinen Gegner mit der Wucht weniger Angriffe zu beeindrucken. Seine Führhand benutzte Huck zunächst nicht zum Schlagen, sondern ausschließlich dazu, seinen Gegner wegzuschubsen.

Dann folgte der Wutausbruch Wegners. Von da an agierte Huck aggressiver, er schlug Kombinationen und brachte seine wuchtige rechte Gerade immer wieder an den Kopf Afolabis. Am Ende der neunten Runde hatte Huck seinen Gegner auf wackligen Beinen, in der zwölften Runde noch einmal - doch der Brite bestätigte erneute seine ausnehmenden Nehmerqualitäten und blieb einfach stehen. "Marco hat nicht aufgegeben, er hat immer wieder nachgesetzte", sagte Afolabi nach dem Kampf. "Ich bin deshalb mit dem Ergebnis zufrieden, mit meiner Leistung leider nicht."

Marco Huck muss sich nach diesem Unentschieden darüber klar werden, was er mit seiner Karriere anfangen möchte. Von 37 Kämpfen als Preisboxer hat er 34 gewonnen, davon 25 durch Niederschlag. Er ist 27 Jahre alt, was für einen Boxer bedeutet, dass er gerade einmal dem Kaulquappen-Alter entwachsen ist. Huck kann noch mindestens zehn Jahre auf höchstem Niveau boxen, er muss nun nur beschließen, wie hoch dieses Niveau sein soll.

Zwei mögliche Karriere-Wege

Ihm bleiben zwei Möglichkeiten: Er kann in dieser Gewichtsklasse verbleiben, was seiner Statur - 90 Kilogramm verteilen sich auf 1,87 Meter - durchaus angemessen wäre. Zudem gilt das gemeinhin eher unattraktive Cruisergewicht derzeit als durchaus interessante Gewichtsklasse. Huck könnte lukrative Titelvereinigungen gegen Yoan Pablo Hernandez oder Krzysztof Wlodarczyk anstreben.

Boxen WM Huck Afolabi

Der Kampf zwischen Huck (rechts) und Afolabi war zwar kein hochklassiges Duell, aber trotzdem spannend.

(Foto: ZB)

Oder er könnte erneut einen Wechsel ins Schwergewicht wagen, schließlich weiß auch Hucks Promoter Kalle Sauerland: "Das Schwergewicht ist die Königsklasse des Boxens. Die Summen, die man dort verdienen kann, sind im Cruisergewicht nicht möglich."

Der erste Versuch endete unglücklich, Huck verlor gegen Alexander Powetkin. Sein Trainer Ulli Wegner warf Huck zwar vor, seine WM-Chance gegen den arg schwachen Russen nicht genutzt zu haben, doch eigentlich gibt es in dieser Gewichtsklasse laut Wegner ohnehin nur zwei Gegner: "Beim Schwergewicht kannst du doch nur von deinen beiden Klitschkos sprechen. Alles andere ist doch schrecklich!"

Im Schwergewicht gäbe es für Huck also nur ein Ziel: ein Duell mit einem der beiden Klitschkos. Huck sagt dazu knapp: "Ich kann sie schlagen." Sein Trainer Ulli Wegner behauptete im SZ-Interview: "Huck haut den weg! Den Großen nicht. Aber den Kleinen: Wenn der eine Bombe von Huck bekommt, dann hat der Angst."

Die Klitschkos beteiligen sich wie gewohnt nicht an derlei Diskussionen, Vitalis Trainer Fritz Sdunek allerdings bezweifelte im Interview Hucks Tauglichkeit zum Klitschko-Herausforderer: "Einen der Klitschkos besiegen? Niemals! Ich weiß nicht, ob ihm das Schwergewicht bekommen würde. Er sollte im Cruisergewicht bleiben."

Vor zweieinhalb Jahren hatte er Afolabi schon einmal knapp nach Punkten besiegt, das Unentschieden am Samstag bietet Huck eine dritte Karrierevariante. Er könnte noch einmal gegen den Briten antreten und sich erst danach überlegen, was er anstellen möchte. Vor allem aber sollte er daran denken: Der ihm ebenbürtige Afolabi gibt bisweilen den Sparringspartner für Vitali Klitschko - und der ist bekannt dafür, Trainingsgegner recht schnell zu Boden zu schicken.

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