Boxen:Eine Titelverteidigung, die den Namen verdient

Boxing: IBF and WBA heavyweight title fight between Anthony Joshua and Carlos Takam

Anthony Joshua (li.): Erbrachte gegen Carlos Takam den Beweis, dass er der neue starke Mann des Schwergewichts ist

(Foto: AFP)
  • Anthony Joshua sollte eigentlich gegen Kubrat Pulew zur Titelverteidigung antreten, doch der verletzte sich kurzfristig.
  • Doch die gefährlichsten Kämpfe sind für Boxer nicht die gegen die etablierten Namen. Es sind die gegen die Außenseiter, wie nun gegen Carlos Takam.
  • Gegen ihn konnte Anthony Joshua endgültig beweisen, dass er der neue starke Mann des Schwergewichts ist.

Von Benedikt Warmbrunn

Armand Carlos Netsing Takam, geboren in Douala, der größten Stadt Kameruns, hatte es fast 37 Jahre lang geschafft, ein Leben am Rand des Scheinwerferlichts zu führen. Er gewann als Amateur die afrikanischen Meisterschaften, 2004 nahm er an den Olympischen Sommerspielen in Athen teil, schied jedoch bereits in der ersten Runde aus, gegen den späteren Silbermedaillengewinner, den Ägypter Mohamed Aly. Später wurde er Profiboxer, er versuchte sich einen Namen zu machen, indem er, nicht länger ein junger Mann, gegen Boxer gewann, die schon lange alt geworden waren. Einen Namen machte er sich also nicht.

Dennoch dürfte sich Armand Carlos Netsing Takam einen Platz in den Geschichtsbüchern seines Sports gesichert haben. Er wird wohl in wenigen Jahren als der Boxer gelten, gegen den Anthony Joshua endgültig beweisen konnte, dass er der neue starke Mann des Schwergewichts ist.

Am Samstagabend trafen der Brite Joshua und Takam, der inzwischen unter französische Flagge antritt, in Cardiff aufeinander, und das Ergebnis am frühen Sonntagmorgen war das, mit dem alle gerechnet hatten: Joshua gewann vorzeitig, durch einen Knockout in der zehnten Runde - für den 28-Jährigen war es der 20. K.o. im 20. Kampf. Dennoch war es ein Duell, in dem Joshua mehr als zuvor angenommen seinen Titel auch wirklich verteidigen musste.

Takam war der gefährliche Außenseiter

Der Brite hatte sich ja bereits im Frühjahr einen Namen gemacht, als er gegen Wladimir Klitschko gewann, den besten Schwergewichtsboxer des vergangenen Jahrzehnts. Es war das Duell der Generationen, und es war ein Spektakel, wie sie inzwischen selten geworden sind im Profiboxen. In der fünften Runde schlug Joshua wild auf Klitschko ein, der ging zu Boden. In der siebten Runde traf Klitschko mit einer Rechten Joshua, auch dieser ging zu Boden. In der elften Runde schließlich plumpste Klitschko einmal auf den Ringboden, ein zweites Mal, schließlich brach der Ringrichter den Kampf ab. Joshua hatte erfolgreich nachgewiesen, dass er sich mit den Besten messen kann, dass er jetzt vielleicht sogar als der Beste seiner Klasse angesehen werden muss.

Doch die gefährlichsten Kämpfe sind für Boxer nicht die gegen die etablierten Namen. Es sind die gegen die Außenseiter, über die sie nicht so viel wissen und gegen die sie alles verlieren und nur wenig gewinnen können. So ein Außenseiter war Takam.

Joshua muss in die Hocke

Der 36-Jährige war erst zehn Tage vor dem Kampf als Gegner bestimmt worden, da der eigentliche Herausforderer, der Bulgare Kubrat Pulew, verletzt absagen musste. Takam ist sieben Zentimeter kleiner als Pulew und damit elf als Joshua; schon das machte ihn zu einem unangenehmen Gegner. Ständig musste sich der Titelverteidiger ducken, manchmal boxte er fast aus der Hocke heraus. Joshua, der noch einmal ein paar Kilogramm an Muskelmasse auf seinen ohnehin schon austrainierten Körper drauf gepackt hatte, fühlte sich phasenweise sichtbar unwohl, es war kein spielerischer Auftritt.

Er selbst traf zwar immer wieder mit harten Fäusten, in der vierten Runde platzte Takam über dem rechten Auge die Haut auf. Doch der Herausforderer nutzte seine Rolle äußerst geschickt. Er machte sich immer wieder kleiner, er lockte Joshua nach unten, und dann traf er ihn auch gelegentlich mit Schwingern.

Joshua behielt die Ruhe, und er erinnerte sich daran, dass er ja die größere Reichweite hat - so traf er fast nach Belieben. In der zehnten Runde scheuchte er seinen Gegner mit harten Treffern durch den Ring - dem Ringrichter war das zu eindeutig, er brach das Duell ab. Zum Ärger beider Boxer. "Die Leute wollten ihn bewusstlos sehen, ich habe es auch versucht", sagte Joshua, "aber es ist der Job des Ringrichters, dafür zu sorgen, dass der Kämpfer den nächsten Tag erlebt." Das war dann eine weitere Eigenschaft eines echten Champions: Großzügigkeit.

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