Boxen: David Haye:Der Herr des Rings

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David Haye verteidigt seinen Titel gegen John Ruiz - und ist nach der überzeugenden Leistung der einzige ernsthafte Konkurrent für die Klitschkos.

Jürgen Schmieder

Es hatte etwas Komödiantisches, was David Haye und Adam Booth da vor der siebten Runde veranstalteten. Haye hatte seinen Gegner John Ruiz beim Kampf um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht gerade zum dritten Mal niedergeschlagen, nun saß er in der Ringecke und wartete auf die Instruktionen seines Trainers.

"Ich will, dass Du den Kampf jetzt beendest", sagte Booth. Haye lächelte und nickte. Sein Trainer sah ihn ernst an und fragte: "Und wie willst Du das machen?" Die Antwort: "Mit einer schönen Kombination." Dann stand der britische Boxer auf und schlug die angekündigte Kombination. Die Begegnung konnte er in dieser Runde indes nicht beenden, erst während des neunten Durchgangs warf der Trainer von John Ruiz das Handtuch.

Am Nachmittag noch hatte Haye das Fußballspiel zwischen Manchester United und dem FC Chelsea besucht und den Zuschauern seinen WM-Gürtel des Verbandes WBA präsentiert. Dann fuhr er hinüber zur MEN-Arena, wo 20.000 Menschen darauf warteten, dass der Brite zum ersten Mal seinen Titel im Schwergewicht verteidigen würde.

Beim Marsch zum Ring trug Haye keinen Mantel mit überdimensionalem Logo eines Sponsors, sondern ein weißes T-Shirt - freundlich winkte er dem Publikum zu. Auf dem Bildschirm wurde sein neuer Spitzname - eigentlich nennt er sich "Hayemaker" - eingeblendet: "Lord of the ring" - der Herr des Rings.

"Ich glaube, den Zuschauern hat der Kampf heute gefallen", sagte Haye nach dem Kampf. "Es hat unglaublich Spaß gemacht, vor so einer beeindruckenden Kulisse zu kämpfen. Ruiz hat tolle Moral bewiesen und ist immer wieder aufgestanden - er hat wirklich eine Menge einstecken müssen. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Leistung."

Vier Mal ging Ruiz zu Boden, ehe sein Trainer ihn am Ende der neunten Runde erlöste. Dabei begann der 38-jährige Herausforderer Ruiz offensiv und beweglich, immer wieder marschierte er nach vorne, um Haye unter Druck zu setzen. Doch Haye bewies wie schon bei seinem Sieg gegen Nikolaij Walujew im November vergangenen Jahres, dass er zu den wohl schnellsten und variabelsten Boxern im Schwergewicht gehört.

Haye tänzelte, wackelte mit dem Oberkörper - und wenn er unter Druck stand, dann duckte er sich schnell weg, wich kurz zurück und überraschte seinen Gegner mit variablen Kombinationen. Das gelang ihm bereits nach einer Minute, als er Ruiz mit einer Links-Rechts-Kombination zu Boden schickte. Anders als viele andere Schwergewichtler setzte der Brite nach, ihm gelang sogleich ein zweiter Niederschlag - bei dem ihm allerdings wegen eines Schlages auf den Hinterkopf ein Punkt abgezogen wurde.

Nach der dritten Runde war Ruiz´ Gesicht bereits gezeichnet, dennoch unterstrich der Amerikaner seine Nehmerfähigkeiten und konnte auch Treffer gegen Haye setzen, der mit zunehmender Dauer fast ohne Deckung agierte. In der fünften Runde jedoch gelang Haye eine weitere schöne Kombination, nach einer rechten Gerade musste Ruiz erneut auf die Knie. "Das war eine starke Leistung von David", sagte Trainer Booth nach dem Kampf. "Er hat variabel geboxt und einen zähen Gegner immer wieder vor Probleme gestellt."

Auch die siebte und achte Runde überstand Ruiz trotz harter Treffer, ehe sein Trainer nach zwei Minuten in der neunten Runde das Handtuch warf. "Heute war nicht mein Tag", sagte Ruiz nach der Begegnung. "David Haye ist sehr stark und hat verdient gewonnen. Ich muss nun schauen, wie es weitergeht."

Interessanter ist indes, wie es mit David Haye weitergeht. Nach dem Sieg gegen den Pflicht-Herausforderer Ruiz ist er nun zunächst einmal frei von Verbandszwängen, möglich sind nun ein Kampf gegen Ruslan Chagaev, ein Rematch gegen Nikolaij Walujew - oder eine Titelvereinigung gegen einen der Klitschkos.

"Wir werden nun erst einmal zu Ruhe kommen und dann nach ein paar Tagen zusammen mit unserem Partner Sauerland Event die möglichen Optionen durchsprechen", sagte Adam Booth. Dann feixte seinem Schützling David Haye. Diesmal ging es nicht um die Art des Niederschlags - sondern darum, wer die letzte Flasche Wasser bekommt.

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