Box-Weltmeister im Mittelgewicht:Mit Kieferbruch zum Sieg

Es war ein hässlicher Kampf: Der Berliner Boxer Arthur Abrahams brach sich den Kiefer und boxte dennoch weiter. Am Ende gewann "König Arthur" - und musste in die Intensivstation.

Walter Fröhlich

Das Blut tropfte aus "König Arthurs" Mund auf den Ringboden und hinterließ rote Spuren auf heller Hose. In der vierten Runde brach ihm der Kiefer gleich doppelt und verursachte höllische Schmerzen, Arthur Abrahams Gesicht mutierte immer mehr zur gruseligen Fratze.

Doch der Box-Weltmeister aus Berlin gab nicht auf und wurde belohnt. Mit eisernem Kampfeswillen verteidigte er seinen IBF-Titel im Mittelgewicht durch einen 3:0-Punktsieg gegen den Kolumbianer Edison Miranda nach zwölf Runden erfolgreich.

"Ich habe immer noch einen Puls von 200. So eine Schlacht habe ich nicht erwartet. Arthur hat sich ein Denkmal gesetzt. Wenn jemand acht Runden mit gebrochenem Kiefer boxt, nötigt das mehr als Respekt ab", sagte Promoter Wilfried Sauerland. Trainer Ulli Wegner ergänzte: "Natürlich habe ich überlegt, ihn aus dem Kampf zu nehmen. Aber Arthur hätte es mir nie verziehen, wenn er so den Titel verloren hätte. Das ist Boxen und nicht Kegeln."

Nach dem Kampf: Ab in die Intensivstation

Abraham selbst war nach dem Fight zu keiner Stellungnahme mehr fähig. Nach Angaben von Ringarzt Professor Walter Wagner (Bayreuth) hatte er "0,5 bis einen Liter Blut verloren". In der Kabine mussten Infusionen gelegt werden. Danach ging es zur Kieferoperation ins Evangelische Krankenhaus in Siegen.

Selbst auf der Trage reckte Abraham noch die Daumen in die Höhe. Spätestens jetzt hatte der ehemalige "Schlumpfboxer" seinem neuen Kampfnamen "King Arthur" alle Ehre gemacht.

Am Sonntag war Abraham trotz seiner Blessuren erst recht obenauf. "Ohne den Kieferbruch hätte ich Miranda in der sechsten Runde umgehauen", meinte der Weltmeister, der Besuch von Sauerland und Wegner im Krankenhaus empfing. Nach dem Einsatz von Titanplatten in den Kiefer darf er das Hospital in zwei bis drei Tagen wieder verlassen. Die behandelten Ärzte verlegten ihn bereits von der Intensiv- auf die Normalstation.

Nachdem der Champion und sein Herausforderer Miranda bereits im Vorfeld des Duells nicht mit Kampfansagen und Drohgebärden gespart hatten, entwickelte sich von Beginn an ein intensiver Fight, der in der fünften Runde kurz vor dem Abbruch stand. Der immer wieder unfair agierende Kolumbianer, der wegen seines unsauberen Stils insgesamt fünf Punkte abgezogen bekam, setzte Abraham mit einem Kopfstoß weiter zu. Ringrichter Randy Neumann (USA) wollte den Kampf auspunkten lassen, was wohl Abrahams Sieg zur Folge gehabt hätte.

Doch IBF-Supervisor Lindsey Tucker (USA) sah Mirandas Aktion nicht als ausschlaggebend für Abrahams Verletzung an und hätte den Abbruch als technischen K.o.-Sieg für den Südamerikaner gewertet.

So hieß es für den Weltmeister: Zurück in den Ring. Wegner feuerte seinen Schützling in den Pausen immer wieder mit Aufmunterungen wie "Wir sind doch Krieger" oder "Jetzt entscheidet der Kerl" an - Abraham gehorchte und wuchs über sich hinaus.

114:109, 115:109 und 116:109 lautete am Ende das Urteil der Punktrichter. Der gebürtige Armenier, der seit Ende August die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, blieb somit auch in seinem 22. Profikampf ungeschlagen.

Kolumbianer sieht sich um Sieg betrogen

Aufgrund seiner Kieferfraktur muss Abraham nun ein Vierteljahr komplett pausieren. In den Ring darf der 26-Jährige frühestens in sechs Monaten zurückkehren. Ob er dann tatsächlich schon zu einer freiwilligen Titelverteidigung antritt, ließ Promoter Sauerland offen. So könnte das nächste Duell erneut gegen Miranda steigen. "Miranda wird von der IBF wohl wieder als offizieller Herausforderer angesetzt. Da könnte uns also der nächste Kampf bevorstehen", sagte Sauerland.

Der Promoter des Kolumbianers, der zuvor in 26 Kämpfen unbesiegt war, rechnet sich offenbar schon Siegchancen aus. "Miranda hätte in der fünften Runde durch technischen K.o. gewinnen müssen. Dadurch, dass sie Abraham haben weiterboxen lassen, haben sie einen jungen Champion ruiniert. Er wird nie wieder derselbe sein", meinte Leon Margules.

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