Borussia Dortmund:Siegloser erlöst Sieglose

Peter Stoeger Borussia Dortmund spricht mit Mahmoud Dahoud Borussia Dortmund FSV Mainz 05 vs Bo

Zur Feier des Tages ein neues Käppi: BVB-Coach Peter Stöger nach dem 2:0 in Mainz mit Mo Dahoud (links) und weiteren fröhlichen Spielern.

(Foto: Imago/Eibner)

Mit einfachen taktischen Eingriffen verschafft der neue Trainer Peter Stöger dem BVB ein Erfolgserlebnis. Doch die Debatten um seinen raschen Klubwechsel und die Dauer seines Engagements bleiben.

Von Johannes Aumüller, Mainz

Peter Stöger war recht schnell weg. Draußen auf dem Spielfeld fand sich die Dortmunder Mannschaft noch zu den obligatorischen Feierlichkeiten zusammen, sie ging zu den Fans und zelebrierte das ebenso zähe wie erlösende 2:0 gegen Mainz. Aber der neue Trainer ging flott durch den Tunnel, einmal rechts um die Ecke, noch ein Klaps für den Mitarbeiter vom Vereins-TV, dann war Peter Stöger schon in der Kabine.

Nun gehört es durchaus zur Regel, dass sich Trainer dem Feierritual nach dem Spiel entziehen. Aber in diesem Fall hätte es wohl besonders unpassend gewirkt, wenn sich der Österreicher nach seinem ersten Match als ausgeflippter Schwarz-Gelber präsentiert hätte.

Der Auswärtserfolg am Dienstagabend hat sowohl Dortmunds Sieglos-Serie (acht Spiele) als auch Stögers persönliche Sieglos-Serie (14 Spiele) beendet. "Die Kombination tut gut", sagte er. Und jetzt bestimmen zwei Debatten die Lage rund um den BVB und seinen neuen Trainer: Die eine ist, ob Stögers Dienstantritt und das 2:0 in Mainz das Startsignal für eine große Wende sein können. Und die andere ist, wie es um die Branche steht, und wie die Beteiligten damit umgehen, wenn es zu solchen Formen des Trainer-Hoppings kommt.

Am Sonntag vor einer Woche musste Stöger als Trainer des 1. FC Köln gehen. Am darauffolgenden Samstag entließ Borussia Dortmund den erfolglosen Peter Bosz. Am Sonntag übernahm Stöger in Dortmund, offiziell als Übergangslösung bis Saisonende. Und am Dienstag gab es gleich das erste Spiel - und den ersten Sieg.

Im Bundesliga-Business ist zwar vieles unnormal Wirkende normal geworden; nicht zuletzt, wenn es darum geht, wie rasch Trainer den Klub wechseln. Aber in so verdichteter Form wie bei Stöger und dem BVB passiert es dann doch selten.

"Den Schuh ziehe ich mir nicht an", sagt Stöger - und lobt ausdrücklich Vorgänger Bosz

Es hat zwar schon Trainer wie den in solchen Statistiken unvermeidlichen Felix Magath gegeben (der 2011 von Schalke 04 zu Wolfsburg wechselte), bei denen noch weniger Zeit zwischen dem letzten Arbeitstag für den alten und dem ersten Arbeitstag für den neuen Klub lag. Aber bei Stöger kommt verschärfend hinzu, dass er in seinen vier Jahren in Köln ja unter anderem deshalb reüssierte, weil er sich mit Klub und Stadt so toll identifiziert hatte.

"Das ist schon alles nicht ganz so einfach", sagte Stöger nun in Mainz. Als der Anruf aus Dortmund gekommen sei, habe er sich gefragt, ob der Zeitpunkt passe und ob es stimmig sei. Und als er in Mainz so auf dem Podium saß und referierte, konnte sich schon der Eindruck einstellen, als sei er wirklich unentschlossen gewesen, was er davon halten sollte: "Es ist schon eigen, auch jetzt noch."

Immerhin hat sich Stöger am Dienstagabend schon ein Käppi mit dem Schriftzug seines neuen Klubs angezogen, das hatte als bisher letzter Dortmunder Trainer Jürgen Klopp so getragen. Danach coachte Stöger das Spiel recht gelassen runter, ohne viel Geschrei und Aufsehen, die Hände oft in den Hosentaschen versteckt. Sein Jubel fiel eher verhalten aus, und zu viel Lob wollte er trotz des Sieges nicht bekommen.

"Den Schuh ziehe ich mir nicht an, dass ich hergekommen bin, zwei, drei Sachen verändert habe und es dann klar war, dass wir das Spiel gewinnen", sagte er: "Vieles von dem, was wir hier an positiven Dingen gesehen haben, gehört meinem Kollegen Peter Bosz, der hier etwas richtig Gutes hinterlassen hat." Und diesen Satz wiederholte er nach dem Spiel sinngemäß so oft, dass es schon auffällig war.

Nun eignen sich anderthalb Trainingstage auch nicht, um der neuen Mannschaft eine große Philosophie mitzuteilen, aber ein bisschen was hat Stöger schon getan. Er habe viele Gespräche geführt, und er hat dabei "einfache Sachen erklärt und uns nicht mit zu vielen Infos belagert", wie Kapitän Marcel Schmelzer berichtete. Außerdem vertraute er den oft kritisierten Zugängen Ömer Toprak und Jeremy Toljan Startplätze in der Abwehr-Viererkette an, und er tat auch ein paar taktische Handgriffe. Dazu gehörte, jenes von Vorgänger Bosz präferierte, oft gescholtene 4-3-3-System beizubehalten - aber das Modell viel kompakter anzuordnen und den einzigen Sechser, Julian Weigl, deutlich defensiver spielen zu lassen. Mit anderen Worten: Weigl durfte endlich mal wieder das spielen, was er am besten spielen kann; dort, wo er die Bälle nach Herzenslust hin- und herschieben konnte: "Ich war ein bisschen freier als in der letzten Zeit", sagte er selbst dazu.

Stöger weiß aber, dass es in den nächsten Wochen noch einiger Handgriffe mehr bedarf. Denn der Auftritt in Mainz mochte dank der Tore von Sokratis (56.) und Shinji Kagawa (89.) für ein 2:0 reichen, aber Stöger selbst merkte an, "dass es so klar nicht war". In der Tat gab es insbesondere in der ersten Hälfte ein paar wacklige Momente, aber mehr als ein Lattenschuss von Suat Serdar (13.) kam für Mainz nicht raus. Doch in den nächsten Wochen stehen stärkere BVB-Gegner an: am Wochenende das Ligaduell mit Hoffenheim, nächsten Mittwoch das Pokal-Achtelfinale beim FC Bayern.

Eines kann den Dortmunder Verantwortlichen jedenfalls gewiss sein: Debatten um den Trainer wird es weiter geben. Just beim nächsten Gegner Hoffenheim sitzt ja Julian Nagelsmann auf der Bank, der in Dortmund angeblich zu den Favoriten für die neue Saison zählt. Aber sollte Peter Stöger erfolgreich sein, wird sich Spiel für Spiel die Frage auftun, warum der BVB sich für Sommer 2018 eigentlich nach einem neuen Trainer umschaut.

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