Borussia Dortmund:BVB-Coach Tuchel - Großhirn mit tollen Ideen

Borussia Dortmund v Tottenham Hotspur - UEFA Europa League Round of 16 First Leg

Weiß, dass seine Mannschaft gut drauf ist: Thomas Tuchel.

(Foto: REUTERS)

Unter Thomas Tuchel mutiert Borussia Dortmund zur überragenden Mannschaft der Rückrunde. Hält der Lauf des Trainers auch gegen seine alte Liebe Mainz 05?

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Bevor Thomas Tuchel an diesem Sonntag auf den FSV Mainz 05 und damit auf seine Vergangenheit trifft, hat der Fußballtrainer von Borussia Dortmund am Donnerstag womöglich schon mal einen Blick in die Zukunft gewagt. Als die Berichterstatter aus England nach dem Dortmunder 3:0-Sieg gegen Tottenham zu ihren Fragen ansetzten, ließ Tuchel zu Beginn der Pressekonferenz gleich ausrichten, dass er den Dolmetscher nicht benötige und alle englischen Fragen auch auf Englisch zu beantworten gedenke.

Damit weiß man in England jetzt auch: Borussia Dortmund ist eine gute Mannschaft und Tuchel ein guter Trainer, der taktisch und rhetorisch jederzeit in der Lage wäre, ein Premier-League-Team anzuleiten. Tuchel musste ja allerhand Fragen beantworten, die darauf abzielten, ob Pierre-Emerick Aubameyang und Ilkay Gündogan in der kommenden Saison noch für Dortmund spielen. Aber niemand hat vom Proper English parlierenden Tuchel wissen wollen, ob er eigentlich von der Premier League träume.

Vielleicht ist es für diese Frage in seinem ersten Jahr in Dortmund auch noch zu früh. Dabei tritt der 42 Jahre alte Fußballehrer ja in Dortmund gerade den Beweis an, dass er vieles mindestens genauso gut kann wie sein inzwischen in Liverpool tätiger Vorgänger Jürgen Klopp - und zwar nicht nur Englisch sprechen.

BVB setzt auf die Stärken der Einzelspieler

Am Sonntag trifft Tuchel auf den FSV Mainz 05, seine alte Liebe und die seines Vorgängers. Und deshalb ist es mal wieder Zeit für die Vergleiche zwischen dem BVB-Trainer und seinem Vorgänger. Zu Tuchels Gunsten ist zu sagen, dass er den BVB in dieser Saison nicht nur für die vergangene rehabilitiert, sondern auf ein nie da gewesenes Niveau hebt.

Die Stärken vieler Einzelspieler kommen so gut zur Geltung wie selten, der Auftritt von Marco Reus gegen Tottenham am Donnerstag war das jüngste Beispiel. Überhaupt, Tottenham: Das nahezu makellose 3:0 war das Abbild einer in diesem Kalenderjahr bislang außergewöhnlich erfolgreichen Borussia.

Mainz wird den Dortmundern an diesem Sonntagabend - so weit darf man sich vermutlich aus dem Fenster lehnen - allerdings mehr abverlangen als die Spurs aus dem Norden Londons. Tottenham war am Donnerstagabend eine einzige Enttäuschung. Oder waren die Dortmunder einfach so stark gewesen?

Überragende Mannschaft der Rückrunde

Zwölf Pflichtspiele ohne Niederlage haben sie in 2016 bestritten, neun davon haben sie ohne Gegentor zu Ende gebracht, drei Mal ließen sie jeweils nur einen Gegentreffer zu, und in den vergangenen zwölf Stunden Fußball (acht Spiele) gestatteten sie ihren Gegnern lediglich ein einziges Gegentor beim 3:1-Sieg gegen Hoffenheim. Borussia Dortmund ist die überragende Mannschaft der Rückrunde, weil ihr Großhirn Tuchel sich für jeden Gegner nicht nur einen Matchplan ausdenkt und die dazu passende Formation (beim 0:0 gegen Bayern München und beim 3:0 gegen Tottenham zuletzt zwei Mal eine flexible Dreierkette), sondern weil die Spieler die Wünsche des Trainers auch ziemlich treu erfüllen.

Tuchel verteilt die Belastung auf viele Schultern

Den gelegentlichen Eindruck, die offensive Gestaltungsfreiheit leide unter der defensiven Grundordnung, konnten die Dortmunder am Donnerstag widerlegen. "In den vergangenen Wochen haben wir hinten gut gestanden, aber nicht mehr so kreativ gespielt wie in der Hinrunde - gegen Tottenham hat nun beides gleich gut geklappt", sagte der zweimalige Torschütze Marco Reus. Gonzalo Castro, in den vergangenen Wochen bisweilen mit Verbannung aus dem Kader gestraft, durfte von Beginn an spielen und war einer der besten Männer auf dem Platz.

Tuchel verteilt die Belastung der vielen Spiele auf viele Schultern und macht damit gute Erfahrungen. "Es ist ein gutes Gefühl, Trainer einer Mannschaft zu sein, die sich trotz der Spiele im Drei-Tages-Rhythmus zu solchen Leistungen pushen kann", sagte er nach dem Sieg gegen Tottenham und forderte damit nichts anderes als eine direkte Fortsetzung der Leistung gegen Mainz. Sven Bender wird dem BVB wegen einer Zerrung fehlen, der Einsatz von Gündogan ist offen, Verteidiger Sokratis kehrt nach überstandener Adduktorenzerrung zurück.

Die Partie gegen die Rheinhessen wird das 43. Pflichtspiel der Dortmunder in dieser Saison. 17 Spiele könnten im Maximalfall noch hinzukommen. Der BVB wird jeden Spieler brauchen - und jede gute Idee seines Trainers.

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