Borussia Dortmund:Auch ein 3:0 kann Stöger kaum noch retten

Peter Stöger

Dortmunds Trainer Peter Stöger am Spielfeldrand.

(Foto: dpa)
  • Nach einer überaus schwachen ersten Halbzeit gewinnt der BVB die Partie gegen den VfB Stuttgart mit 3:0.
  • Für Trainer Stöger ist es der achte Sieg im 14. Spiel - was ihn jedoch kaum retten dürfte.
  • Hier geht es zur Tabelle der Fußball-Bundesliga.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Den Fußballtrainer Peter Stöger als "Lame Duck" zu bezeichnen, wäre erstens unhöflich und zweitens statistisch unzutreffend. In seiner österreichischen Heimat würde man "Lahme Antn" sagen, das klingt lustiger, wäre aber genauso uncharmant. Und trotzdem: Wenn man die Schwingungen aus dem Bundesligaklub Borussia Dortmund richtig deutet, dann hat Stöger nur noch fünf Spiele, um den BVB in die Champions League zu führen, und auch ein seltsam klarer 3:0 (1:0)-Sieg im sechstletzten Spiel gegen den VfB Stuttgart dürfte daran nichts mehr ändern. Zum wiederholten Male nämlich zeigte der BVB eine widersprüchliche Leistung: ein phasenweise miserables Spiel mit einem unverhofft exzellenten Ergebnis.

Der Manager Michael Zorc klang hernach fast ein bisschen zynisch, als er grinsend mitteilte, er erwarte von dieser Mannschaft in dieser Saison "keine Gala-Vorstellung mehr". Ein Kompliment war das nicht, aber auch Stögers Klangfarbe deutete eher nicht auf eine Wende zum euphorischen Fußball hin. Über den Sieg sagte er im gewohnt nüchternen Duktus der vergangenen Wochen: "Mit der ersten Halbzeit waren wir nicht so zufrieden, die zweite dagegen fand ich richtig gut." Auch die Fans ließen den Erfolg durch Tore von Christian Pulisic (38.), Michy Batshuayi (48.) und Maximilian Philipp (59.) nur zu gerne als offizielle Wiedergutmachung für die acht Tage zuvor erlittene 0:6-Blamage in München gelten.

Das Gegenteil von einer lahmen Ente war in Stuttgart bis zum Sonntag der Trainer Tayfun Korkut gewesen, der nach acht Spielen ohne Niederlage nun erstmals als VfB-Trainer eine Partie verloren geben musste. Der schwäbische Groll hielt sich darob aber in Grenzen, denn die Mannschaft machte bis auf selektive Szenen vor den Gegentoren und eine suboptimale Chancenverwertung nicht so ganz viel falsch. Man konnte sich hernach selbst nicht so richtig erklären, wie es nach einer überlegen geführten ersten Halbzeit noch zur höchsten Saison-Niederlage hatte kommen können. "Nach dem zweiten Gegentor sind wir leider ein bisschen eingebrochen", gestand der Stürmer Daniel Ginczek. Sein Trainer Tayfun Korkut zeigte sich darob jedoch unaufgeregt und versprach, man werde diese Niederlage "nicht überbewerten" - genauso wie man zuvor die positive Serie nicht überbewertet habe.

Mit Marco Reus hatte nach zweimaligem, verletzungsbedingem Aussetzen jener Dortmunder wieder in der Startelf gestanden, der in den kommenden Jahren die zentrale Konstante im BVB-Kader darstellen soll. Reus hat seinen Vertrag kürzlich bis 2023 verlängert. Um ihn herum soll die Mannschaft der Zukunft gebaut werden, in welcher der eine oder andere gegenwärtige Spieler keine Rolle mehr spielen dürfte. Stögers Zeit in Dortmund wird Ende Juni nach nur sieben Monaten womöglich auch deshalb enden, weil sich die aktuelle Mannschaft trotz akuter Champions-League-Ambitionen irgendwie nur schwer begeistern lässt - auch diesmal gelang das erst durch ein höchst glückliches erstes Tor kurz vor der Pause. So oft hat der BVB in diesem Jahr schon leidenschaftlosen Fußball gezeigt, dass Zorc die Spieler neulich als "Beamte" zu beleidigen versuchte. Diesmal spielte Dortmund eine erste halbe Stunde, für die er auf seiner Diskreditierungs-Skala noch etwas jenseits von Beamten hätte finden müssen. "Es war aber auch schwierig", bat der Trainer Stöger um Verständnis für ein anfangs mutloses Spiel.

Jeder zweite Ball landete bei den Stuttgartern, es gab zwei halbe Torabschlüsse, und als der Torwart Roman Bürki nach 35 Minuten mit dem Ball in den Händen an seinem Strafraumrand stand und sekundenlang nicht wusste, wohin mit dem Spielgerät, schwoll unter den BVB-Fans ein Raunen der Empörung an. Die Stuttgarter hingegen haben es 38 Minuten lang recht gut gemacht. Das Offensivquartett mit Erik Thommy, Christian Gentner, Mario Gomez und Ginczek war sehr aktiv, allerdings stellte Pulisic dann mit einer Flanke von rechts die Verhältnisse auf den Kopf, als sich die beabsichtigte Hereingabe in den hinteren Winkel des Stuttgarter Tors drehte.

Dortmund fasste fortan mehr Mut und nutzte in der 48. Minute eine Unpässlichkeit in der Stuttgarter Abwehr zum 2:0. Batshuayi und Nuri Sahin spielten im Strafraum einen raumgreifenden Doppelpass, den Batshuayi mit seinem siebten Treffer im neunten Bundesligaspiel vollendete. Solch eine Quote hatte in Dortmund letztmals der Stürmer Manfred Burgsmüller 1977 herausgeschossen. Vergessen war da beim durchaus skeptischen Publikum die maue Leistung der ersten halben Stunde, zumal Philipp in der 59. Minute schon auf 3:0 erhöhte. Für den BVB war es unter Stöger im 14. Ligaspiel der achte Sieg bei nur einer Niederlage. Das ist beleibe nicht die Bilanz einer Lame Duck, verrät aber eben auch nicht alles über die Qualität des Dortmunder Fußballs.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: