Boris Becker als Djokovic-Coach:Netz-Proller

Boris Becker als Zuschauer bei den French Open im Juni 2013.

Boris Becker als Zuschauer bei den French Open im Juni 2013.

(Foto: AFP)

Warum Boris Becker den Job als Coach von Tennisspieler Novak Djokovic angenommen hat, lässt sich leicht erklären. Doch was hat den Serben geritten? Becker klopft schon vor dem ersten Auftritt kurz nach Weihnachten mutige Sprüche. Es zeichnet sich ab: Das kann heiter werden.

Von René Hofmann

Nein, er hat natürlich nicht lange durchgehalten. Nach wenigen Stunden schon brach Boris Becker sein Schweigen zu der jüngsten Wendung seines an Wendungen schon bisher nicht armen Lebens. Und er folgte dabei einem bewährten Muster. Über die Bild-Zeitung und die BBC gab er Details preis zu seinem Engagement als Headcoach von Novak Djokovic, der aktuellen Nummer zwei in der Tennisweltrangliste. Der britische TV-Sender bezahlt Becker; für ihn kommentiert er seit Jahren das Turnier in Wimbledon. Und Deutschlands Immer-noch-größte-Boulevardzeitung verspricht dem einstigen Wimbledon-Heros schlicht die höchste Aufmerksamkeit. Geld und Schlagzeilen: Auf das ist Becker fixiert, seit er 1985 als Siebzehnjähriger erstmals in Wimbledon gewann.

Trotz der recht durchschaubaren Beweggründe - was der inzwischen 46-Jährige den beiden Medien steckte, ist interessant. Auch, weil es eines Tages helfen könnte, wenn es darum geht, die überraschende Liaison zu bewerten. Und das könnte schon in zwölf Monaten der Fall sein, denn Becker und Djokovic haben sich erst einmal lediglich auf einen Einjahresvertrag geeinigt. Das erste konkrete Gespräch dazu fand nach Beckers Darstellung Anfang Oktober in Peking statt. Das Turnier gewann Djokovic, unmittelbar danach aber verdrängte ihn Rafael Nadal von Weltranglistenplatz eins.

"Ich habe den Anruf nicht erwartet - ich war sehr geehrt", sagte Becker der BBC über die Annäherung. Anfang November wurde er sich mit dem Serben handelseinig. Besiegelt wurde das Miteinander beim ATP-Finale in London. Per Handschlag. Obwohl er Djokovic lediglich bei zwölf Auftritten beistehen wird, sieht Becker das Engagement nicht als Teilzeitstelle. "Das ist kein Job, den du halbherzig machen kannst. Das wäre nichts für ihn oder für mich gewesen. Du musst es ganz machen oder eben gar nicht", sagte Becker der BBC, wozu passt, was die Bild herausfand: Den ersten gemeinsamen Auftritt des "komischen Duos" (Gazzetta dello Sport) wird es bereits kurz nach Weihnachten geben, bei einem äußerst lukrativ dotierten Einladungsturnier in Abu Dhabi, bei dem auch Rafael Nadal aufschlagen wird und Wimbledonsieger Andy Murray nach einer Rückenoperation sein Comeback gibt. Außerdem am Start: David Ferrer (Spanien), Jo-Wilfried Tsonga (Frankreich) und Stanislas Wawrinka (Schweiz). Für Becker bedeutet das, dass er am zweiten Weihnachtsfeiertag in den Flieger steigen muss.

Zur schweißtreibenden Arbeit in die Wüste statt gemütlich unter dem Christbaum dümpeln - womit ließe sich neu entflammter Eifer eindrucksvoller dokumentieren?

Becker will offenbar aller Welt (und vielleicht auch ein bisschen sich selbst) beweisen: Hey, ich kann es noch! Ich habe das Spiel, das mich groß gemacht hat, noch nicht verlernt, sondern mich zuletzt nur ein wenig ungeschickt angestellt!

So unbescheiden, dass es authentisch sein muss

Warum er das Engagement eingegangen ist, lässt sich einigermaßen leicht abschätzen. Aber was hat Djokovic geritten? Bloß der Wunsch, seine Sammlung an Grand-Slam-Titeln über die bisher erreichte Marke von sechs zu steigern, wie er offiziell angibt? Oder schwingt doch der Wunsch mit, durch den schillernden Helfer selbst ein wenig mehr Glanz zu erheischen? Die Daily Mail hat dazu wunderbar formuliert: "Wenn Boris Becker die Antwort ist, was ist dann die Frage?" Novak Djokovic schweigt, aber Becker redet ja: "Er hat entschieden, dass er jemanden an seiner Seite braucht, der schon ganz oben war und es geschafft hat. Deswegen komme ich." Das ist so unbescheiden, dass es als authentisch gewertet werden muss.

Becker, der seine größten Erfolge in einer Zeit feierte, als viele Spieler nach dem Aufschlag oft noch unerschrocken dem Netz entgegenstürmten, ist übrigens der Meinung: "Die Art und Weise, wie wir in den Achtzigerjahren gespielt haben, ist im Vergleich zu heute nicht so anders." Schon diese Ansicht zeigt, mit welch verblüffenden Erkenntnissen Djokovic künftig rechnen darf - aber nicht nur er: Wie Bild erfahren hat, soll Becker BBC-Kommentator bleiben. Der Trainer eines Favoriten als regelmäßiger Gast am Mikrofon eines TV-Senders - auch das hat es so noch nie gegeben. Becker bleibt einmalig.

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