Bob/Skeleton:Königssee statt Schwarzes Meer

Nach dem Entzug der Weltmeisterschaft für Sotschi in Russland werden die Titelkämpfe im Februar 2017 nun in Bayern ausgetragen. Der Weltverband rechnet jedoch mit Schadensersatzforderungen.

Von Joachim Mölter

Die Internationale Bob- und Skeleton-Föderation (IBSF) hat die kommende WM im Februar 2017 nach Königssee vergeben. Ursprünglich sollten die Titelkämpfe in Sotschi stattfinden, doch in der vorigen Woche entzog der Weltverband den Russen die Veranstaltung: Wegen der jüngsten, im sogenannten McLaren-Report aufgelisteten Erkenntnisse über systematisches Doping im russischen Sport hatten mehrere Nationen mit einem Boykott der Veranstaltung am Olympia-Ort von 2014 gedroht. "Der Sport hätte unter einer WM in Sotschi gelitten, die Berichterstattung wäre keine rein sportliche gewesen", fasste Thomas Schwab, Generalsekretär des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD), die Bedenken der Athleten zusammen, die mit ihrem Druck die Absage für Sotschi erzwungen hatten.

Als Ersatzorte für die Stadt am Schwarzen Meer hatten sich außer Königssee noch der Schweizer Skiort St. Moritz sowie die einstigen Olympia-Schauplätze Lake Placid, Park City (beide USA) und Whistler (Kanada) angeboten. Aus logistischen Gründen bevorzugte die IBSF nun einen europäischen Ausrichter: Die nächsten Weltcups finden alle in Mitteleuropa statt, drei in Deutschland, je einer in Österreich und der Schweiz - was liegt da näher, als gleich in der Gegend zu bleiben? Zumal die Saison nach der WM Mitte März beim vorolympischen Test in Pyeongchang/Südkorea endet. Da wäre ein Umweg über Nordamerika für viele Verbände schlichtweg nicht zu finanzieren gewesen. Gegen den Mitbewerber St. Moritz sprach letztlich, dass die Schweizer den Termin verschieben wollten, um der am gleichen Ort stattfindenden alpinen Ski-WM (6. bis 19. Februar) aus dem Weg zu gehen. In Königssee kann die Bob- und Skeleton-WM jedoch wie geplant vom 13. bis zum 26. Februar ausgetragen werden.

Die Deutschen wären schon gerne in Sotschi gefahren

BSD-Generalsekretär Schwab ist zuversichtlich, dass es gelingt, die WM in den verbleibenden zwei Monaten vorzubereiten. "Wir werden das schon in einem vernünftigen Rahmen machen, das ist unser Anspruch", versichert er und verweist auf "ein erfahrenes, professionelles Organisationsteam". Das hat erst 2011 eine Bob- und Skeleton-WM ausgerichtet, und Ende Januar kann es beim Weltcup die technischen Abläufe auch noch einmal proben.

Allerdings birgt die insgesamt fünfte Ausrichtung einer Bob-WM nach 1979, 1986, 2004 und eben 2011 ein finanzielles Risiko, wie Andreas Trautvetter einräumt, der in Personalunion Präsident des BSD sowie Vizepräsident Finanzen der IBSF ist. Zwar sicherten das Bundesinnenministerium und der Freistaat Bayern dem deutschen Verband nicht nur ideelle Unterstützung zu, sondern auch finanzielle. Doch dem Weltverband droht trotz seiner viel gelobten harten Haltung im russischen Doping-Skandal Ungemach, wie Trautvetter fürchtet. Denn trotz aller Ermittlungsergebnisse im McLaren-Report fehlt der IBSF offenbar eine unanfechtbare juristische Grundlage, um mögliche Schadenersatzforderungen des russischen Verbandes aus dem Veranstalter-Vertrag abzuwehren. Aktuell habe er zwar keine Forderungen vorliegen, aber "da habe ich als IBSF-Finanzchef Bauchschmerzen", gibt Trautvetter zu: "Zudem könnten auch noch Nationen kommen und Reise- und Stornierungskosten zurückfordern."

Thomas Schwab sieht die ganze Entzugs- und Verlegungsgeschichte natürlich auch aus sportlicher Sicht: "Da ist es für uns schade, denn wir wollten gerne in Sotschi fahren", sagt er: "Eine solche Bahn bringt uns mit Blick auf Olympia 2018 für die Einordnung unseres Leistungsstandes viel mehr als die bekannten deutschen Bahnen." Auch Bundestrainer René Spies gibt zu, dass er mit seiner Mannschaft schon gern nach Sotschi gefahren wäre: "Schließlich wollten wir uns dort rehabilitieren." Von Winter-Olympia 2014 waren die deutschen Bob-Piloten ohne Medaille heimgekehrt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: