Bob-WM:Acht Weltmeister gleichzeitig

Bob- und Skeleton Weltmeisterschaft 2017

Die Fahrer des Vierer-Bob mit Joshua Bluhm (l-r), Matthias Kagerhuber, Johannes Lochner und Christian Rasp aus Deutschland jubeln über ihren (geteilten) WM-Titel.

(Foto: dpa)
  • Bei der Bob-WM am Königssee werden Johannes Lochner und Francesco Friedrich zeitgleich Weltmeister im Viererbob.
  • Ein solches Ergebnis gab es noch nie in der 93 Jahre währenden WM-Geschichte.
  • Nico Walther machte auf dem dritten Platz den deutschen Trimuph perfekt.

Von Johannes Kirchmeier

Die Situation, dass nach vier Läufen eine Winzigkeit über Sieg und Niederlage im Duell zwischen Johannes Lochner und Francesco Friedrich entscheiden sollte, war den beiden Bobpiloten bekannt. Vor einem Jahr bei der WM in Innsbruck gingen sie im Zweier zeitgleich ins Finale, Friedrich gewann nach einem Schnitzer von Lochner. Am Sonntagnachmittag standen sich die Bobteams von Lochner und Friedrich wieder sehr nahe, allerdings im Vierer und statt in Österreich bei der Heim-WM am Königssee.

Es sollte ein historisches Rennen werden. Eines, an dessen Ende Lochner und Friedrich zeitgleich siegten, Weltmeister wurden. Das gab es noch nie in der 93 Jahre währenden WM-Geschichte. Genauso wenig wie einen deutschen Dreifachtriumph bei den Männern, den der Kollege Nico Walther mit Bronze sicherte; den Frauen gelang dies bereits 2008 in Altenberg. "Ich denke, das ist wirklich ein krasses Rennen gewesen für die Fans", sagte der eine Weltmeister, Francesco Friedrich, im ZDF. Der andere, Johannes Lochner, fand: "Es ist der absolute Wahnsinn, das war so ein geiles Rennen."

Um 16.06 Uhr startete der Showdown in Schönau, der vierte Durchgang der beiden Führenden: Mit 0,01 Sekunden Vorsprung, dem kleinstmöglichen Zeitabstand im Bobsport, ging das Team Friedrich in die letzte der vier Abfahrten. Lochner musste also vorlegen, er tat sich schwer, stellte seinen Bob kurz quer auf der Geraden nach der Ausfahrt aus der Schlangengrube und verlor etwas Zeit. Doch den gleichen Fehler machte im Anschluss auch Friedrich. Er sollte ihn eine Hundertstelsekunde mehr kosten - unten im Ziel leuchtete zweimal die "1" auf: Beide Teams hüpften lachend durch den Zielraum. "Wir haben natürlich schon darüber geredet, dass am Ende beide ganz oben stehen könnten. Aber die Möglichkeit ist ja so gering", sagte Bundestrainer René Spies, der noch anfügte: "Die beiden haben sich das einfach verdient."

Friedrich und Lochner sind beide 26 Jahre alt, sie sind schon die ganze Saison über die stärksten deutschen Bobpiloten. So nahe sie sich auf der Strecke kommen, so unterschiedlich sind sie jedoch daneben: Der Sachse Friedrich, der vor einer Woche am Königssee bereits im Zweier Gold gewonnen hat, fährt seit mehr als zehn Jahren mit dem Schlitten, Quereinsteiger Lochner, zwei Kilometer von der Strecke entfernt in Schönau am Königssee aufgewachsen, probierte im Wintersport nahezu alles aus: Nordische Kombination, Biathlon oder Ski alpin. Bis er sich auf den Bob festlegte - vor sechs Jahren erst machte er seine erste Fahrt. Ihm sagen sie beim deutschen Bob- und Schlittenverband (BSD) nach, dass ihm das Fahren leicht von der Hand gehe: Hat er den Bogen raus, "dann fliegt alles bei ihm", sagt Spies. Friedrichs Stärke dagegen: sein Raketenstart, durch den er sich auch am Wochenende oben immer wertvolle Sekunden Vorsprung gegenüber Lochner sicherte. Heimtrainer Gerd Leopold bezeichnet ihn als "das größte Talent, das ich je in den Händen hatte". Beide brauchen sie aber ihren Ausgleich neben dem Sport: Friedrich ist verheiratet und hat einen kleinen Sohn, Lochner studiert nebenher Elektro- und Informationstechnik. Er soll einmal den elterlichen Elektrobetrieb übernehmen.

Gemeinsam hatten sie am Samstag und Sonntag auch den Schlittenhersteller. Anders als Nico Walther, der mit einem Bob des staatlich geförderten Instituts zur Förderung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) fuhr, sausten Lochner und Friedrich die Rinne mit einem Schlitten des Ein-Mann-Tüftlers Hannes Wallner hinunter. Die Deutschen testen in diesem Jahr gerade, welche Marke sich besser eignet für die Olympischen Winterspiele im kommenden Jahr in Pyeongchang. Im Zweier scheinen die Wallner-Bobs stärker zu sein: Friedrich siegte am Königssee, Lochner wurde trotz starker Grippe Dritter, Walther abgeschlagener Achter. Hinweise für den Vierer lieferte das Rennen am Wochenende jedoch nicht - der Rückstand von Walther (0,16 Sekunden) kam vor allem durch einen krassen Fahrfehler zustande, er sieht sich gleichauf. "Wir halten an unserem Fahrplan fest", sagt daher Trainer Spies: "Wir testen jetzt weiter und am Ende der Saison soll sich jeder Fahrer für seinen favorisierten Schlitten entscheiden."

Doch erst einmal feiern die drei deutschen Teams ihren historischen Erfolg auf der Heimstrecke. Es wird garantiert nicht das letzte enge Rennen der drei 26-Jährigen gewesen sein, sie haben noch viel Zeit in ihren Schlitten vor sich - und natürlich ein weiteres Ziel: Auch bei Olympia gab es ja noch keinen Dreifachtriumph.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: