Bob:Aus der Schlangengrube

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Die deutschen Bobfahrer reisen nach Siegen beim Heimrennen in Königssee gestärkt zu Olympia. Beim deutschen Verband hofft man nun, das historisch schlechte Abschneiden vor vier Jahren in Sotchi vergessen machen zu können.

Diese Bahn kennen sie auswendig. Den Startbereich, die Kurvenkombination genannt Schlangengrube, die lange Gerade danach mit dem störenden Knick, bei dem die Schlange eigentlich erst zubeißt, das Labyrinth, und so weiter.

Die Bobbahn am Königssee ist die Hausbahn des deutschen Verbandes BSD, niemand trainiert darauf so viel wie dessen Piloten, und deshalb sind sie jetzt auch nicht allzu begeistert über das Weltcup-Schlusswochenende, bei dem der BSD alle Rennen gewonnen hat. Denn solche Siege sind erstens ein Leichtes im Vergleich zur Aufgabe auf fremden Olympia-Bahn in Pyeongchang, zweitens sind die deutschen Bobfahrer generell vorsichtig geworden: Bundestrainer René Spies sagt: "Wenn wir in Pyeongchang keine Olympia-Medaille holen, wird es heißen, alles ist schlecht."

Das würde es schon deshalb, weil der BSD selber für Medaillen einen Rekordaufwand betreibt. Der Verband will das historisch schlechte Ergebnis von Sotschi (kein Podium) vergessen machen. Und weiterhin gibt es Unbekannte in der Rechnung: Die Bahn in Pyeongchang ist tückisch, die Deutschen haben dort viel weniger Praxis, und trotzdem ist da auch ein Gefühl der Erleichterung nach diesem Wochenende.

Die Bahn unterhalb des Watzmann-Massivs hat wieder Selbstbewusstsein gegeben und die Gewissheit, in den vergangenen Wochen, die eine saisonübergreifende Schlangengrube darstellten, doch noch die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben. Zieht man alle Lenkvorteile ab, die die Deutschen am Königssee haben, so bleibt ein objektiver Fortschritt: Ihre Fahrzeuge sind wieder konkurrenzfähig. Die Viererbobs sind allen anderen Fabrikaten deutlich voraus, das war bekannt, aber auch die Zweierschlitten sind nach langem Tüfteln nun genauso schnell wie die Besten aus Kanada, den USA und Lettland.

Bei den Männern gewann Francesco Friedrich (Oberbärenburg) klar, Johannes Lochner (Königssee) als Zweiter fuhr ebenfalls zu schnellen Zwischenzeiten. Bei den Frauen siegte Stephanie Schneider (Erlabrunn), sie wird auch in Südkorea von Annika Drazek angeschoben. Im Vierer gewann Nico Walther (Freital), Lochner und Friedrich fuhren unsauber und verpassten das Podest. Entscheidend aber war der Fortschritt im kleinen Bob.

Die Männer hatten ja im Sommer die Wahl zwischen Bobs des heimischen Institut FES und des Österreichers Johannes Wallner. Im Vierer waren alle schnell zufrieden, im Zweier nicht, der Winter wurde hektisch. Der Vorfreude auf die neuen Bobs folgte Ernüchterung in den Amerika-Weltcups, darauf keimte Hoffnung, gefolgt von Zweifeln zum Jahreswechsel und Verzweiflung (Lochner) sowie einer FES-Rückkehr (Friedrich) vor zwei Wochen. Die Arbeit im Endspurt war erfolgreich. "Das war eine gute Ansage", sagte Friedrich nach seinem Sieg und auch Lochner fühlt sich im Zweier wieder wohl: "Ich habe wieder den Schlitten, den ich haben will."

© SZ vom 22.01.2018 / vk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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