José Mourinho:Die Opfer des José

In Porto kam er gleich nach Gott, ein Schiedsrichter erhielt seinetwegen Morddrohungen, in Madrid legte er sich mit allen an. Jetzt muss José Mourinho beim FC Chelsea gehen. Ein Überblick seiner aufregenden Laufbahn.

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Leicester City v Chelsea - Barclays Premier League

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Die Zeit von José Mourinho beim FC Chelsea ist abgelaufen. Der englische Meister trennte sich am Donnerstag von seinem Teammanager. Der 52 Jahre alte Mourinho war seit Juni 2013 Trainer in London, zum zweiten Mal in seiner Karriere. Der Vertrag des Portugiesen lief noch bis 2019. Chelsea liegt nach 16 Spieltagen in der Premier League mit nur 15 Punkten und vier Siegen auf dem 16. Tabellenplatz.

Der Portugiese holte in diesem Jahr neben dem Titel auch noch den englischen Ligapokal und sorgte auch abseits des Rasens wieder für zahlreiche Schlagzahlen. Wie schon bei seinen Stationen davor. Ein Überblick.

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Jose Mourinho, 48 Jahre alt, ist in wohlhabenden Verhältnissen in Portugal aufgewachsen. Er strebt akribisch nach Erfolg und ist einer der besten Fußballtrainer der Welt. Während er innerhalb seiner Mannschaften stets großen Zusammenhalt schafft und mit seinen Spielern ein freundschaftlichen Verhältnis pflegt, gibt er in der Öffentlichkeit den bösen Mann.

Seine Spezialität sind die Schaffung von Verschwörungstheorien, die stets zu einem "Wir-gegen-alle"-Gefühl führen soll. Oder auch: "Ich-gegen-alle." Denn Mourinho ist mit einem phänomenalen Selbstbewusstsein gesegnet. Mit dem FC Porto gewann er Meisterschaft, Uefa-Pokal und sogar die Champions League 2004. Seine Einschätzung: "In Porto gab es Gott, und nach Gott kam ich."

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Anschließend holt ihn der FC Chelsea London, der vom russischen Öl-Multi Roman Abramowitsch mit Millionen versorgt wird. Mourinho ist nun mit fast elf Millionen Euro Jahresgehalt der teuerste Trainer der Welt.

Sein erster Kommentar: "Chelsea hat ein Topteam, und entschuldigen Sie, wenn das arrogant klingt: Chelsea hat jetzt vor allem einen Toptrainer. Ich bin nicht arrogant, sondern ein Topmanager. Ein ganz besonderer."

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Presse, Schiedsrichter, Fans und Gegner weist er gleich darauf hin, mit wem sie es zu tun haben: "Wenn sie mich nicht berühren, werde ich sie auch nicht berühren. Wenn sie es dennoch tun, werde ich mit Sicherheit härter zurückschlagen."

Im Bild verschmäht er die Fans des Lokalrivalen FC Arsenal.

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Opfer seines scharfzüngigen Umgangs sind aber meist Kritiker, die seine Kompetenz in Frage stellen. Vor allem dann, wenn sie nicht den nötigen Erfolg bringen.

Die Affäre um Michael Ballack etwa erregte den Protest der gesamten deutschen Fußball-Nation. Der verletzte Ballack wurde einmal nicht für den Kader der Champions-League-Gruppenphase berufen, Bundestrainer Joachim Löw äußerte daraufhin sein Unverständnis.

Antwort von Mourinho: "Ich habe viel Zeitung gelesen, in einer Geschichte stand, dass Michael Ballack wieder fit ist. Es gab viel Kritik, weil wir ihn nicht in der Champions League nominiert haben. Aber offensichtlich war hier ein Wunder passiert und er konnte wieder trainieren und spielen! Am vergangenen Dienstag bin ich sofort zu ihm gegangen, aber ich musste überrascht feststellen, dass er immer noch im Ärztezimmer war, wie die vier Monate zuvor."

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Wenig zimperlich ging er mit dem ukrainischen Stürmerstar Andrej Schewtschenko um, den Klubchef Abramowitsch 2006 in Eigenregie für 51 Millionen Euro vom AC Mailand holte.

Schewtschenko (im Bild mit Ehefrau Kirsten) spielte selten, und ein Jahr später wurde über seine Rückkehr nach Mailand spekuliert.

Kommentar Mourinho: "Um zu erfahren, ob Andrej Schewtschenko nach Mailand zurückkehrt, müsst ihr doch nicht ihn fragen, sondern seine Frau. Die entscheidet über den Wohnsitz der Familie."

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Einmal geriet Mourinho sogar in den Konflikt mit dem britischen Gesetz.

Die Gesundheitsbehörden hatten den Verdacht, dass der Hund der Familie Mourinho namens Gullit ohne die vorgeschriebenen Gesundheitschecks ins Ausland gereist war und womöglich die Tollwut mitgebracht haben könnte.

Mourinho erhielt im Mai 2007 während der Preisverleihung für den besten Chelsea-Spieler des Jahres einen aufgeregten Anruf von seiner Frau Tami, dass acht Polizisten vor der Haustür stünden, um Gullit mitzunehmen. Laut Presseberichten stürmte der Portugiese sofort los, versuchte den Beamten den Zugang zu seinem Haus zu verwehren. Der Coach soll das Hündchen dann durch eine Hintertür einem Freund übergeben haben, während die Polizisten an der Haustür warteten. Er soll gar nach Lissabon ausgeflogen worden sein.

Mourinho wurde an diesem Abend sogar kurz festgenommen, kam aber mit einer Verwarnung davon.

Kommentar Mourinho: "Die Stadt London ist wieder sicher. Die große Bedrohung ist weg."

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Mit seinen Trainerkollegen hat Mourinho auch immer wieder Ärger. Vor allem auf Arsene Wenger von Arsenal London hatte es der Portugiese gerne abgesehen.

Einmal warf er Wenger vor, es auf seinen Job abgesehen zu haben und wetterte: "Wenger ist ein Voyeur!"

Ein Voyeur ist laut Duden: "jmd., der als Zuschauer bei sexuellen Betätigungen anderer Befriedigung erfährt." Im Bild beobachtet Wenger (r.) nur seinen Spieler Cesc Fabregas beim Schusstraining.

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Ob sich der elegante Elsässer Wenger davon ärgern ließ, ist fraglich. Einmal gerieten die beiden allerdings ernsthaft aneinander. Mourinho brauchte 2006 einen Linksverteidiger und buhlte ausgerechnet um Arsenal-Spieler Ashley Cole (r.).

Das Spiel endete unentschieden: Weil Cole während der ersten Verhandlungsrunden noch einen laufenden Vertrag bei Arsenal hatte und sein Verein davon nichts wusste, verstieß der Vorgang gegen die Bestimmungen des englischen Fußballverbands. Der verhängte hohe Bußgelder: Chelsea 443.000 Euro, Mourinho 295.000, Cole 147.000.

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Erstmal: Das ist nicht das Werk von Jose Mourinho. Der schwedische Schiedsrichter Anders Frisk wurde im September 2004 in Rom von einem Feuerzeug oder von einer Münze aus dem Zuschauerraum getroffen. Das war allerdings nicht der Grund, warum Frisk kurz darauf seine Karriere als Referee beendete. Dieser Grund hieß Mourinho.

Im März 2005 leitete Frisk das Champions-League-Spiel Chelsea gegen Barcelona und Mourinho warf dem Schweden vor, sich in der Halbzeit mit Barca-Trainer Rijkaard getroffen zu haben. Weil Chelsea-Spieler Drogba anschließend einen umstrittenen Platzverweis erhielt, war die nächste Verschwörungstheorie perfekt.

Frisk erhielt anschließend Morddrohungen von Chelsea-Fans. "Das waren die schlimmsten 16 Tage in meiner Laufbahn. Ich habe meine Tochter aus Angst den Briefkasten nicht mehr öffnen lassen", sagte der Schwede. Er hörte auf.

Kommentar Mourinho: keiner.

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Die Uefa verbannte Mourinho beim anschließenden Spiel mit dem FC Bayern auf die Tribüne. Die Journalisten im Olympiastadion warteten danach auf den Portugiesen zur Pressekonferenz. Und sie warteten vergeblich. Aus Protest hatte Mourinho sich ein Taxi bestellt und fuhr ab.

Kommentar der Zeitung "Daily Telegraph": "Seit Ewigkeiten untersuchen Psychologen den Zusammenhang zwischen Genie und Wahnsinn. Diese Verbindung ist gestern Abend ein Stückchen deutlicher geworden."

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Jose Mourinho

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Als José Mourinho im Jahr 2008 nach Italien zu Inter Mailand wechselte, machte er sich auch dort ein paar Feinde. Eines seiner Lieblingsziele war sein Vorgänger beim FC Chelsea, Claudio Ranieri. Der trainierte inzwischen Juventus Turin und schon beim ersten Treffen verpasste ihm Mourinho eine verbale Breitseite: "Anscheinend möchte Ranieri gar nicht gewinnen. Er ist fast 70 Jahre. Er hat alles gewonnen und ein europäischer Supercup hat scheinbar keine Bedeutung für ihn. Er ist zu alt, um seine Mentalität zu ändern. Er ist alt und hat absolut nichts gewonnen."

Champions League - FC Bayern München  - Inter Mailand

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Den Hang zur Verschwörungstheorie gegen sein Team lebte er auch in Mailand aus. Nachdem er mit Inter im Januar 2010 das Derby gegen AC Milan 2:0 gewonnen hatte, keifte er: "Das stinkt doch. Sie wollen uns den Meistertitel nicht frühzeitig gewinnen lassen." Sie, das waren der Verband und überhaupt alle anderen da draußen.

Vor allem Schiedsrichter Gianluca Rocchi unterstellte er Parteilichkeit, weil dieser zwei Inter-Spieler vom Platz stellte und Milan noch einen umstrittenen Elfmeter zusprach. "Heute wurde alles getan, damit wir nicht siegen", klagte Mourinho. Doch mit der bewährten "Wir-gegen-Alle"-Mentalität tönte er: "Heute hätten sie uns allenfalls mit nur noch sechs Mann auf dem Platz geschlagen."

Inter Mailand -  Jose Mourinho

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Nur vier Wochen später setzte Mourinho sogar für seine Maßstäbe einen Höhepunkt in Theatralik. Wieder schickte er im Heimspiel gegen Sampdoria Genua eine übermotivierte Mannschaft auf das Feld, die viel foulte und bei jeder Gelegenheit den Schiedsrichter anging. Ergebnis waren zwei Hinausstellungen für Inter, eine für Sampdoria, an der Seitenlinie schrie Mourinho wie von Sinnen herum und führte regelrechte Veitstänze auf.

Dann setzte er seine Capo-Mimik auf und überkreuzte die Handgelenke zum Zeichen, dass Schiedsrichter Paolo Tagliavento abgeführt gehörte. "Man muss uns auf sechs Fußballer reduzieren, um uns zu besiegen", schrie der Inter-Coach nach dem Match wütend durch die Stadion-Katakomben. Zur Pressekonferenz erschien er nicht. Die italienische Presse war von Mourinho Ausrastern ohnehin genervt. Der seriöse Corriere della Sera nannte die Handschellen-Gestik "Gag Nummer 1 264 721". Mourinho wurde drei Spielen gesperrt und musste 40.000 Euro Strafe zahlen.

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In Madrid angekommen, setzte Mourinho sein Schauspiel fort. Vor allem moniert er immer wieder, dass Erzrivale FC Barcelona von den Verbänden, von den Schiedsrichtern und sogar von den Gegner bevorteilt würde, weil diese schon von vornherein eine Niederlage hinnähmen.

Ein Höhepunkt bei Real: Im Dezember 2010 zückte er nach dem 1:0-Sieg gegen den FC Sevilla im Pressesaal einen Zettel, auf dem 13 Fehlentscheidungen des Schiedsrichters aufgelistet waren. Und er forderte seine Vorgesetzten bei Real Madrid auf, aufgrund dieser Beweislage endlich auch gegen die üblen Mächte da draußen vorzugehen. "Ich bin es leid, dass man immer erwartet, dass ich den Schiedsrichter angreife und meine Mannschaft gegen all diese Fehler verteidige", zischte er.

Clubpräsident Florentino Pérez allerdings antwortete: "Es ist in unserem Verein üblich, dass wir uns nicht über die Schiedsrichter äußern."

Jose Mourinho

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Doch Mourinho lässt nicht locker. Nach dem 1:1 in der Champions League bei Olympique Lyon legt sich der Trainer zum ersten Mal mit dem deutschen Schiedsrichter Wolfgang Stark an. Der hatte seiner Meinung nach ein Handspiel eines Franzosen im Strafraum übersehen.

"Inakzeptabel" sei das, zeterte Mourinho, "ich habe das aus 50 Meter Entfernung gesehen, er aber stand fünf Meter daneben!" Diesen Fall nimmt der Portugiese dann auch zum willkommenen Ausgangspunkt für das Halbfinale zu Hause gegen den FC Barcelona. Stark ist auch für diese Partie von der Uefa vorgesehen.

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Quelle: AFP

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Nach dem 0:2 gegen Barcelona bläst Mourinho zum totalen Angriff. Opfer sind nun alle, die nicht bei Drei auf dem Mond gelandet sind.

1. Wolfgang Stark: Weil die Real-Spieler (wie früher die Inter-Spieler und noch früher die Chelsea-Spieler) recht hart zur Sache gehen, zückt er hier und da eine gelbe Karte und schließlich eine rote gegen Pepe. Im Anschluss schickt er Mourinho auf die Tribüne, weil dieser ihm Parteilichkeit unterstellt.

Real Madrid v Barcelona - UEFA Champions League Semi Final

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2. Die Uefa: "Heute wurde demonstriert, dass du gegen Barcelona keine Chance hast. Weil die Uefa lässt keine andere Mannschaft gegen sie gewinnen", fabulierte Mourinho. "Ich verstehe nicht warum. Vielleicht, weil sie für Unicef geworben haben. Vielleicht, weil sie sehr sympathisch sind." Und: "Ich hoffe, dass ich nicht mein ganzes Leben mit dieser Frage leben muss und eines Tages eine Antwort erhalte."

coach Jose Mourinho, coach Josep Guardiola

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3. Barca-Trainer Josep Guardiola: "Josep Guardiola ist ein phantastischer Trainer", leitete Mourinho seinen Angriff wieder mit einem Kompliment ein, "aber sein erster Champions-League-Sieg wäre mir peinlich nach dem Skandal von der Stamford Bridge. Und dieses Jahr, wenn er wieder gewinnt, wäre es mit dem Skandal von Bernabéu." Mourinho spielte an auf die Halbfinal-Partie 2009 zwischen dem FC Chelsea und Barcelona, als der norwegische Schiedsrichter Tom Henning Øvrebø in letzter Minute ein Handspiel des Barça-Stürmers Samuel Eto'o im Strafraum nicht mit einem Elfmeter ahndete, wonach Barcelona ins Finale einzog.

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4. Die Welt: "Manchmal ekelt es mich ein wenig an, auf dieser Welt zu leben, aber so ist unsere Welt."

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Bei Erfolgen kann Mourinho aber auch einfach ein netter Kerl mit einem Pokal auf dem Kopf sein.

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Und die Chelsea-Fans waren immerhin schon immer seiner Meinung.

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© sueddeutsche.de/hum
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