Biathlon-WM:Die Laura-Dahlmeier-Festspiele

Biathlon Weltmeisterschaft Hochfilzen

Laura Dahlmeier schreit ihre Freude heraus. Sie bejubelt ihr fünftes Gold bei der Biathlon-WM in Hochfilzen.

(Foto: dpa)

Von Saskia Aleythe, Hochfilzen

Gerald Hönig konnte nur noch mit dem Kopf schütteln. Die Sonne brannte eifrig auf die Biathlon-Arena in Hochfilzen, mit blauer Sonnenbrille und blauer Mütze schaute der Bundestrainer der deutschen Frauen auf die Leinwand und sah dort "die Perle im Team", wie er sie selber nennt: Laura Dahlmeier, wie sie auf der Schlussrunde dieses Massenstarts mal wieder das tut, was sie bei dieser WM auszeichnet: Davonziehen. Wenige Kilometer vor dem Ziel huschte sie an die Spitze. Hönig schlug sich die Hände an den Kopf, "der blanke Wahnsinn", entfuhr es ihm: "Das ist unbeschreiblich, was die Laura hier für Festspiele abgezogen hat."

Laura-Dahlmeier-Festspiele, so kann man diese WM tatsächlich nennen, die Wettbewerbe, bei denen sie nun ihre fünfte Goldmedaille gewonnen hat - das war keinem Sportler je zuvor gelungen. "Das ist gigantisch, Wahnsinn, wie das alles ausgegangen ist. Das ist ein ganz großes Geschenk", sagte Dahlmeier in der ARD. Mit der Silber-Medaille aus dem Sprint zusammen bedeutete das: In jedem Rennen errang die 23-Jährige einen Podestplatz. "Sowas kann man nicht planen, sowas sieht man nicht voraus", sagte ihr Trainer, "das ist phänomenal, so etwas habe ich noch nicht erlebt". Mit dem Erfolg im Massenstart hat sie nun saisonübergreifend ihre elfte WM-Medaille in Folge gewonnen, woraus man recht risikolos folgern kann: Diese Dahlmeier versteht ihren Sport ganz gut. Wie ihr das so gut gelingt mit dem Biathlon wurde sie im ORF gefragt. Dahlmeier antwortete: "Einfach laufen und schießen. Es geht einfach gut, ich mache mir keinen großen Kopf."

Es hatte große Fragezeichen um ihren Start bei diesem letzten Rennen der WM gegeben: Erst am Freitagnachmittag nach dem Staffel-Gold hatte die 23-Jährige einen erneuten Schwächeanfall erlitten. Wie viel Kraft ihr diese WM kostet, zeigte sich in deutlichen Bildern, blass und benommen schlich sie zur Pressekonferenz, musste die Beine hochlegen, dann holte sie der Teamarzt auch schon wieder ab und brachte sie zum Ausruhen in einen Nebenraum. "Ich bin ein zähes Luder", ließ sie eine Stunde später ausrichten, und: "Ich denke, dass es bis zum Massenstart schon nochmal klappen wird. Und dann gebe ich auch wieder Vollgas."

Andere DSV-Starterinnen berichten von Problemen

Das sei alles nicht so wild, versicherten alle rund um den Deutschen Skiverband, Arzt Klaus-Jürgen Marquardt sagte zwar, einem Hobbysportler würde er nun zu einer Pause raten, aber Dahlmeier werde als Leistungssportlerin ohnehin schon regelmäßig durchgecheckt. Die anderen deutschen Starterinnen berichteten von ähnlichen Symptomen, die sie nach dem Einzelrennen eingeholt hätte, "nur bei uns hat es keiner gesehen", sagte Maren Hammerschmidt. "Dafür sind wir Leistungssportler", meinte auch Hinz. Dahlmeier selber fühlte sich am Samstag "schon recht ordentlich" und meinte: "Wir Sportler erholen uns immer recht schnell. Wenn man uns zwei Stunden Zeit gibt, dann geht es doch immer recht gut."

Und gut ging es dann tatsächlich: Dahlmeier blieb bei allen vier Besuchen am Schießstand fehlerfrei. "Liegend war ein Schuss wacklig, aber dann hat sie souverän reagiert, als es um die Medaillen ging", erklärte der Bundestrainer, "allein die Schussbilder heute waren klasse. Und läuferisch ist sie einfach in einer Topform. So etwas kann man nicht trainieren. So einen Killerinstinkt muss jemand mitbringen." An der US-Amerikanerin Susan Dunklee zog sie vor allem vorbei, weil sie in der Abfahrt ihre Routine als Skiläuferin nutzen konnte. Kaisa Mäkäräinen, ebenfalls eine Spitzen-Läuferin, hievte sich auf der letzten Runde noch auf Rang drei.

Auch Hönig war zwischen Zusammenbruch und Start am Sonntag ebenfalls um Dahlmeier besorgt gewesen, nach ihrer Entwarnung am Vortag aber wieder entspannt. "Da waren die Sorgen vorbei, sie hat sich besser gefühlt als vor der Staffel." Sie sei ohnehin "eine Athletin, die die Summation der Belastungen so wegsteckt und auch die mentale Stärke hat, sich hier keinen Fehler zu gönnen. Bei ihr das Gesamtpaket gerade das Beeindruckende." Dann packte Hönig seine Sachen zusammen. Es gibt jetzt ja auch schon wieder etwas zu feiern mit einer Laura Dahlmeier, die diesmal von einem Schwächeanfall verschont blieb. Bei der Pressekonferenz machte sie einen erschöpften, aber glücklichen Eindruck. Davon, wie ihr die WM gelungen ist, war sie selber beeindruckt. In den nächsten Tagen freue sie sich aber auch darauf: "Auf ein normales Leben ohne Biathlon."

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