Biathlon-Weltcup:Norwegen rennt gegen Fourcade an

Fourcade of France competes during the IBU World Cup Biathlon mixed 2x6+2x7.5 relay in Ostersund

Martin Fourcade sucht neue Herausforderungen, denn im Biathlon gewinnt er fast immer.

(Foto: REUTERS)

Im Sommer wurde er krank, jetzt könnte er erneut die Biathlon-Szene dominieren: Der Franzose Martin Fourcade ist kaum aufzuhalten. In Östersund wollen seine Konkurrenten ihn endlich besiegen - besondere Motivation verspürt sein Kumpel Emil Hegle Svendsen.

Von Saskia Aleythe

Ein paar Monate noch, dann wird er Frankreich das Herz brechen. Wenn sich der Klatschmohn auf den Wiesen in Villard de Lans wieder im Sommerwind wiegt, zischt Martin Fourcade plötzlich nicht mehr auf dem Asphalt seiner Heimatstadt vorbei. Wegziehen wolle er, berichtete der weltbeste Biathlet vor kurzem, für sechs Monate oder länger, er habe schließlich nie Erasmus gemacht als Student und wolle nun eine neue Kultur entdecken, eine "mit Top-Athleten". Sein Ziel ist daher: Norwegen. Zur direkten Konkurrenz also. Und zur besten.

Ein paar Monate noch, dann wird er Frankreich zunächst einmal sehr stolz machen. Die vergangenen drei Weltcup-Saisons hat der 26-Jährige für sich entschieden - dass sich daran plötzlich etwas ändert, ist kaum in Sicht. Beim ersten Rennen der Saison im schwedischen Östersund flitzte Fourcade im Zielsprint noch am Deutschen Simon Schempp vorbei - obwohl seine Vorbereitung im Sommer alles andere als geplant verlaufen ist.

Es war im August, als Fourcade immer schlapper wurde und sich dauernd müde fühlte. Dass es mehr als eine normale Trainingserschöpfung war, machte ihm der Arzt klar: Fourcade hatte sich angesteckt mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber. Im Alltag fühlte er sich gut, doch Sport war verboten. Wie lange die Krankheit auskuriert werden muss, hängt vom Einzelfall ab. "Die Ärzte sagen, es kann drei Wochen dauern", berichtete Fourcade damals, "oder auch sechs Monate".

Plötzlich wurde er schlapper

Das schlimmste Szenario ist dann nicht eingetreten, aber Fourcade konnte wochenlang nicht trainieren. "Es hat ihn eineinhalb Monate zurückgeworfen", sagt sein Trainer Siegfried Mazet. Und doch hat Fourcade schon wieder die erste Medaille der Saison abgeräumt. Sollte er beim Einzel über 20 Kilometer am Mittwoch in Östersund erneut ganz oben auf dem Treppchen stehen, wäre er in dieser Disziplin seit zweieinhalb Jahren ungeschlagen, es wäre sein sechster Sieg in Serie.

Wenn Dominanz zur Gewohnheit wird, suchen sich Sportler schon mal neue Aufgabenfelder. Für Fourcade ist das der Langlauf, eigentlich wollte er in dieser Saison damit eine zweite Sportlerkarriere parallel zum Biathlon starten. Das Ziel: Vor der Biathlon-WM im finnischen Kontiolahti schon bei der Nordischen Ski-WM in Schweden anzutreten. Doch dafür war der Trainingsausfall dann zu groß, Fourcade hat durchblicken lassen, sich vollends auf Biathlon konzentrieren zu wollen. Reicht ja erstmal.

Umzug ins Land der Konkurrenten

Sein Treiben einzudämmen, dafür war in der jüngsten Vergangenheit vor allem Emil Hegle Svendsen zuständig. Für den Norweger galt es zunächst, in der wettkampffreien Zeit einen Schock zu verarbeiten: Bei den Olympischen Spielen in Sotschi hatte er seiner Staffel als Schlussläufer die Goldmedaille vermiest - trotz dreier Nachlader musste der 29-Jährige in die Strafrunde, am Ende landete der Favorit auf Rang vier. "Dieses Rennen werde ich mir nie verzeihen", meinte er später.

Nun kribbelt es wieder ihm, berichtet Svendsen, auf sein bereits zehntes Weltcup-Jahr hat er jede Menge Lust. In der Mixed Staffel war er nicht vertreten, das Einzelrennen in Östersund wird also erst Aufschluss darüber geben, wo der Weltcupgesamtsieger von 2010 in diesem Jahr steht. Eines ist jetzt schon gewiss: So lange wie Teamkollege Ole-Einar Bjørndalen (40) wird er wohl kein Biathlet sein. In einem Interview berichtete Svendsen kürzlich, dass er seine Karriere voranschreiten sieht. Über Olympia 2018 in Pyeongchang wollte er noch nicht reden, "das ist zu weit weg".

Freunde in Skandinavien

Vor allem die Brüder Johannes Thingnes Bø und Tarjei Bø könnten Svendsen in dieser Saison weiter auf die Pelle rücken: Ganz Norwegen kämpft also gegen Fourcade - allerdings nur auf der Loipe. Vor allem in Tarjei Bø hat Fourcade längst einen Freund gefunden, der Umzug in ein neues Land fällt so natürlich leichter. In den sozialen Netzwerken lieferten sie sich im August zusammen mit anderen Kollegen einen Wettkampf, wer die fünf schwarzen Scheiben schneller schießen kann - Fourcade war mit 10,26 Sekunden langsamer als die Männer aus Norwegen.

Schabernack treiben, das gehört seit Jahren zur Biathlon-Saison dazu. Im Frühjahr 2013 ließen die Gebrüder Bø, Svendsen sowie Simon und Martin Fourcade bei einem Frauen-Rennen am Streckenrand die Hosen runter. Es handelte sich um einen Insider-Gag mit dem norwegischen Frauen-Team.

Ein recht spezielles Stück norwegischer Kultur kennt Fourcade also schon, wenn er 2015 umzieht. Geldsorgen dürfte er bis dahin auch nicht bekommen: Nach Ansicht des anerkannten britischen Magazins ProSports ist Fourcade der am besten vermarktete Biathlet überhaupt. Mit Sponsoren wie BMW, Adidas und Somfy ist der Franzose versorgt. Nur eines darf Fourcade nicht annehmen: Dass die Interviewtermine weniger werden, wenn er schon wieder die Saison dominiert.

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