Biathlon in Thüringen:Oberhof kämpft gegen Wetter und Kritiker

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Biathlon im Grünen: Der Schießstand am Samstag in Oberhof. (Foto: dpa)

Zu warm, zu windig: Beim Sprint der Männer herrschen wieder widrige Verhältnisse, manche wollen Oberhof gar aus dem Biathlon-Weltcup verbannen. Doch die Zuschauer sind begeistert - und der Sieger tröstet die Veranstalter.

Von Saskia Aleythe, Oberhof

Es wäre leicht, nun wieder zu hadern mit den Bedingungen, die da herrschten am Schießstand von Oberhof. Der Wind blies, mal kräftig von links, mal kräftig von rechts, mal überhaupt nicht. Ob das noch ein fairer Wettbewerb sei, wurde Andreas Birnbacher gefragt. Birnbacher ordnete sich kurz und resümierte: "Es gibt Leute, die es mehr trifft und welche, die es weniger trifft." Doch seine Fehler waren damit nicht zu erklären, das stellte der Deutsche klar. "Es gab schon ein oder zwei Scheiben mehr, die ich hätte treffen können."

Birnbacher war noch ein recht besonnenes Element im deutschen Team, das am Samstag beim Sprint von Oberhof wenig überzeugte, Glück mit dem Wind hin oder her. Er selbst wurde mit drei Fehlern Zwanzigster, hinter Benedikt Doll, der mit einem achten Rang das beste Saisonergebnis lieferte. "Ich habe mich wahnsinnig gefreut, dass ich selbst mit zwei Fehlern noch so weit vorne landen kann", sagte Doll. Immerhin einer strahlte. ( Hier geht's zum Ergebnis)

Simon Schempp, der im laufenden Weltcup bereits zwei Mal auf dem Podium gelandet war, hatte der Wind die Laune dagegen merklich verdorben. "Natürlich wünscht man sich schon faire Bedingungen, aber die sind hier nicht oft der Fall", sagte er, leicht genervt vom 30. Rang. Vier Fehler hatten ihm eine bessere Platzierung gekostet. "Es ist einfach eine Lotterie, das ist hier jedes Jahr so."

Die Diskussionen um die Bedingungen in Oberhof gehören seit Jahren dazu: Oft fehlt der Schnee, oft ist es neblig, diesmal stürmisch. Nun, wo sich der Ort um die WM 2020 oder 2021 bewerben will, sind die Diskussionen präsenter denn je. Die Finanzierung dafür ist fraglich, eine Positionierung der neuen Landesregierung in Thüringen steht aus. 27 Millionen Euro müssten investiert werden, das hat eine Studie erst kürzlich berechnet. Und will der Standort auch über 2018 hinaus eine Lizenz für den Weltcup bekommen, sind neue Gelder ohnehin nötig - Nachbesserungen fordert der Weltverband IBU beständig.

Insofern schmerzt es die Oberhofer natürlich, dass auch dieses Jahr wieder das Wetter im Mittelpunkt steht. Darja Domratschewa, die nur selten zu schlagen ist, wurde am Freitag beim Sprint der Frauen nur 18., mit vier Fehlern am Schießstand. Auf die Frage, ob Oberhof aus dem Kalender gestrichen werden sollte, sagte sie: "Das ist wirklich eine sehr ernste Frage. Ich denke, dass die Organisatoren darüber nachdenken sollten."

Immerhin: Für das, was die Organisatoren in Oberhof leisten können, gibt es immer viel Lob. "Die Strecke haben sie sensationell hinbekommen", meinte selbst Simon Schempp. Auch Anders Besseberg persönlich, der Präsident der IBU, lobte die unternommenen Maßnahmen und das Engagement. Denn im Grunde hätten die Athleten an diesem Samstag auch ausschlafen können, schon um 10 Uhr war deutlich zu erkennen, dass die geplante Startzeit von 12 Uhr keineswegs eingehalten werden konnte. Schlimmer als der Sturm, der hin und wieder aufzog und mit Böen die Absperrgitter zum Klappern brachte, waren die lauen Temperaturen: Der Schnee hatte an vielen Stellen längst kapituliert, an den Hängen lugte Gras und der Frühling hervor. Auf solche Fälle ist Oberhof aus Erfahrung längst vorbereitet, aus den Schneedepots karrten die Helfer Nachschub herbei und machten die Strecke wettkampftauglich.

An das Warten waren die Männer schon gewöhnt: Bereits am Donnerstag hatte die Staffel verschoben werden müssen, sie war aufgrund des Nebels sogar kurz vor der Absage gestanden. Bei widrigen Verhältnissen war es dennoch losgegangen, es hatte geregnet und die Sicht auf die Zielscheiben war so schlecht gewesen, dass selbst die Siegernation Russland zwölf Nachlader benötigt hatte und eine Strafrunde gelaufen war.

Bemerkenswert bleibt nach all den Diskussionen, dass sich trotz Windlotterie oft trotzdem die auch zuvor besten Biathleten durchsetzen. Der Sieger in Oberhof hieß: Martin Fourcade, Seriensieger im Weltcup der vergangenen Jahre. Schwierige Bedingungen seien es gewesen, das bekannte auch er. Aber der Franzose sagte auch: "Ich bin nun zum siebten Mal in Oberhof und das waren die besten Bedingungen, die ich bisher erlebt habe - kein Witz."

Fourcade meinte das positiv und fand tröstliche Worte für die Veranstalter: "Ich finde nicht, dass man Oberhof aus dem Kalender streichen sollte." Oberhof könne sehr gut sein, "aber nicht Anfang Januar. Eine Verlegung in den Februar wäre sinnvoll". In den Köpfen der Oberhofer ist das längst ein denkbares Szenario. Doch die Konkurrenz mit anderen Standorten um einen Termin fernab von den Nach-Silvester-Tagen ist groß. Zur Jahreswende sind viele Hotels in den Wintersportregionen eh schon ausgebucht.

Was den Standort noch am meisten trägt, ist die Begeisterung der Zuschauer. "Sie sind die besten der Welt", lobte Rekordweltmeister Ole Einar Björndalen, der beim Sprint auf Rang zwei lief. Am Samstag feierten nach lauen Tagen zuvor 16 500 in der Arena. Und mit Benedikt Doll jubelte immerhin auch ein Deutscher - er hat nun die WM-Norm geknackt.

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