Biathlon in Oberhof:Im Land der verlorenen Helden

Training vor Biathlon-Weltcup

Karolin Horchler feiert am Mittwoch ihre Premiere in der Staffel.

(Foto: dpa)

Der Biathlon-Weltcup in Oberhof kämpft um Anerkennung, weil es an vorzeigbaren Typen fehlt. Für das deutsche Team wäre auch deshalb ein Erfolg an diesem Nachmittag wichtig.

Von Saskia Aleythe, Oberhof

Es gibt Momente, in denen selbst Miriam Gössner nicht mehr lächeln kann. Diese Momente sind häufig geworden, so häufig, dass der Biathlon-Weltcup in Oberhof nun schon wieder zu einem Knackpunkt in ihrer Saison wird. Weinend saß sie vor einem Jahr vor den Mikrofonen, der Rücken plagte sie nach einem schweren Mountainbike-Unfall, an gute Ergebnisse war nicht mehr zu denken. Gössner erklärte schluchzend ihren Verzicht auf Olympia, qualifiziert war sie ohnehin noch nicht. In Oberhof tritt sie diesmal gar nicht erst an: Ihr Lächeln soll sie woanders wiederfinden, im unterklassigen IBU-Cup.

Der Weltcup in Oberhof wird 2015 anders sein als in den Vorjahren. Einen neuen Streckenabschnitt hat man sich einfallen lassen, bemerkenswert ist aber: Schon an Weihnachten war die Austragung gesichert. Genereller Schneemangel und hohe Temperaturen hatten den Veranstaltern Jahr für Jahr das Leben schwer gemacht, in diesem Winter war das recht unproblematisch: Die Anlage einer finnischen Firma konnte so viel Kunstschnee produzieren, dass bald alle Zweifel verflogen waren.

Doch nun, wo ausnahmsweise mal niemand über den Schnee in Oberhof spricht, bereiten diejenigen Sorgen, die gar nicht dabei sind. Als Degradierung soll Gössners Fehlen nicht verstanden werden, Frauen-Cheftrainer Gerald Hönig wählte sanftere Worte: "Sie braucht die Wettkämpfe nach wie vor. Wir hoffen, dass sie abseits des Weltcup-Trubels ihre Form stabilisieren kann." Die zusätzlichen Termine bei einem Heimrennen seien kräftezehrend. Noch mehr schlechte Ergebnisse kommentieren zu müssen, das soll ihr erspart bleiben.

Der deutsche Trainerstab war mit der 24-Jährigen in dieser Saison geduldig umgegangen, vielleicht zu geduldig. Über Platz 51 ist sie in dieser Saison noch nicht hinausgekommen. Jede der sechs anderen deutschen Frauen hat es schon unter die Top 25 geschafft. Der Kampf um die Startplätze ist hart. Gössner, die einst zwei Mal WM-Gold mit der Staffel holte, durfte immer wieder in die Loipe - zur nächsten Enttäuschung, zum nächsten bedrückenden Interview. Der größte Publikumsmagnet zu sein, kann auch hart sein.

Wer wird das deutsche Gesicht?

Den Organisatoren in Oberhof fehlt nach der Absage Gössners ein weiteres deutsches Gesicht, für das die Biathlon-Fans in Thüringen in den vergangen Jahren so einige Wetterkapriolen auf sich genommen hatten. Andrea Henkel ist ihnen verloren gegangen als eine, die aus der Gegend kam. Henkel heißt jetzt Burke nach ihrer Hochzeit mit dem US-Biathleten Tim Burke, ihre Karriere hat sie im vorigen Frühjahr beendet.

Und Christoph Stephan vom WSV Oberhof 05 ziert zwar das offizielle Werbeplakat der Veranstaltung, ist aber auch nicht dabei. Wie in der gesamten Weltcup-Saison noch nicht. Immerhin sorgen Erik Lesser und die neu dazugestoßene Luise Kummer mit ihrem Start für den SV Eintracht Frankenhain für etwas Lokalkolorit.

Fehlen wird auch Laura Dahlmeier, die in Pokljuka gerade erst ein fulminantes Comeback im Weltcup gefeiert hatte; sie soll für die WM im März in Kontiolahti/Finnland aufgebaut werden. Tina Bachmann rückt für sie nach.

Bleibt also, sich auf die Erfolgsmomente der Übrigen zu konzentrieren, und davon gab es in dieser Saison schon einige. Die deutsche Frauen-Staffel gewann in Hochfilzen und will beim Oberhofer Auftaktrennen am Mittwoch (14.15 Uhr/ZDF und Eurosport) erneut überzeugen, auch wenn dort Franziska Hildebrand nicht zum Einsatz kommen wird. Sie und Franziska Preuß haben bis dato mit guten Einzelplatzierungen Hoffnungen geweckt. In Simon Schempp ist auch bei den Männern wieder einer im Spitzenfeld unterwegs.

Dennoch haben die Organisatoren mit den Ticketverkäufen Probleme. Ausverkauft ist die Veranstaltung nicht, dabei lebt die Gegend vor allem von diesem Weltcup. Es ist eine nacholympische Saison, das merkt man. Dass die Rennen an den ersten drei Tagen schon nachmittags statt abends stattfinden, ist sicher keine günstige Änderung im Zeitplan. Aber die wichtigste Erkenntnis ist wohl: Es fehlen die bekannten deutschen Namen. Mit Gössner nun noch einer mehr.

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