Biathlon:Deutsche Biathletinnen sind unberechenbar gut

Lesezeit: 2 min

Franziska Preuß: Zurück im Team in Ruhpolding und gleich mit Staffelsieg (Foto: Bongarts/Getty Images)

Um die Konkurrenz zu überraschen, stellt der Bundestrainer sein Team um - auch mit neuer Mischung gewinnen die Biathletinnen die Staffel in Ruhpolding. Nun sind sie WM-Favorit.

Von Volker Kreisl, Ruhpolding

Seit drei Jahren läuft dieses Team nun schon gemeinsam in Staffeln. Laura Dahlmeier, Franziska Preuß, Franziska Hildebrand, Vanessa Hinz und Maren Hammerschmidt haben unter anderem eine WM gewonnen und eine WM-Bronzemedaille geholt. In dieser Zeit haben sich gewisse Gewohnheiten ausgebildet, Lieblingspositionen verfestigt, die starke deutsche Staffel gab ein immer berechenbareres Bild für die Konkurrentinnen ab. Dieses Bild will Bundestrainer Gerald Hönig nun ein bisschen verwischen.

"Wir wollen auf den Positionen mal ein bisschen verschieben", sagt Hönig. Es müsse nicht sein, "dass sich die Konkurrenz beginnt, darauf einzustellen". Man kann eine Staffel von Beginn an dominieren, man kann in der Mitte ein Loch reißen oder auf einen Schlussspurt setzen, und dementsprechend schieß- oder laufstarke Biathletinnen einsetzen. Und je zahlreicher die Varianten, je größer die Chance auf schwächere Gegnerinnen. Deshalb startete nur Dahlmeier wie immer als Schlussläuferin am Donnerstag. Hinz lief auf Position eins statt drei, Preuß auf drei statt eins, Hammerschmidt auf zwei, weil Hildebrand aussetzte, und alle zusammen landeten am Ende als Siegerinnen ganz oben auf dem Podest, vor Frankreich und Norwegen.

Wintersport
:Deutsche Biathleten: Spitze im Aufholen

Von Rang 15 auf drei: Beim Staffelrennen in Ruhpolding gelingt den deutschen Biathleten eine große Aufholjagd. Für Russland ist das Rennen "100 Meter zu lang".

Überraschend war zunächst mal nicht nur die deutsche Reihenfolge, sondern auch die vielen Fehler der anderen. Tschechinnen und Russinnen hatten früh keine Chance mehr, auch die Französinnen liefen zwischendurch hinterher, und müssen bis zur WM in vier Wochen noch nachbessern. Die Staffel ist für die meisten immer noch die sicherste Medaillenchance, auch für den Großteil der Deutschen. Hönigs Team hat nur eine klare Siegläuferin, die derzeitige Weltcupzweite Laura Dahlmeier, die in Oslo 2016 in jedem WM-Rennen das Podest erreichte. Die anderen sind als Einzel-Kandidatinnen weniger verlässlich, umso wichtiger ist das Team.

Alpine Stärken und gutes Wachs nutzen - wie in Pokljuka ging der Plan auch diesmal auf

Und auch die neue Mischung funktioniert offenbar, kleinere Fehler hatten keine größeren Rückstände zur Folge. Hönig sagte: "Alle vier hatten einen hohen Anteil an der Staffel." Hinz löste die Aufgabe als Startläuferin gut, an ihrer Laufform muss die Schlierseerin weiter arbeiten, am Schießstand war sie wie immer verlässlich, und hätte wohl auch den letzten Schuss ins Schwarze gesetzt, wenn sie ihr Gewehr nicht zu früh geschultert hätte - ein Anfängerfehler. Damit verzog sie die Kugel kaum merklich und musste nachladen. Solche Kleinigkeiten trübten aber nicht den Gesamteindruck. Hammerschmidt stieg der Norwegerin Hilde Fenne auf die Ski, was beide zu Fall brachte. Preuß schoss liegend rasant und perfekt, musste aber stehend zweimal nachladen. Schließlich übergab die neue Mischung wie schon die alte beim ersten Staffelsieg in Pokljuka das Rennen mit besten Siegchancen auf Laura Dahlmeier, nämlich mit nur elf Sekunden Rückstand.

Die 23-Jährige kann dabei ihre Laufstärken voll zur Geltung bringen. Schnell hatte sie aufgeholt, dann fehlerfrei geschossen, und in Runde zwei einen Abstand herausgefahren. Mit einem Nachlader hatte sie den wieder eingebüßt, aber auf der Schlussrunde aus zehn Sekunden Rückstand auf die führende Norwegerin Marte Olsbu bis zum Ziel einige Sekunden Vorsprung gemacht. Wie in Pokljuka war der Plan aufgegangen. Die Idee: alpine Stärken und gutes Wachs nutzen. Die Mittel: ransaugen, am Berg dranbleiben, kurz vor dem Gipfel vorbeispringen und dann als alpine Abfahrerin ins Ziel gleiten. Dieser Überraschungseffekt zieht noch immer.

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

ExklusivRicco Groß im SZ-Interview
:"Im Sport wird viel beschissen"

Ricco Groß ist Trainer der russischen Biathlon-Männer. Im SZ-Interview spricht er über den Umgang mit den jüngsten Dopingvorwürfen und sein Entgegenkommen bei Trainingskontrollen.

Von Saskia Aleythe

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: