Biathlon:Befördert nach dem ersten Lehrjahr

Denise Herrmann, 2015 noch Langläuferin, gewinnt erstmals einen Biathlon-Weltcup. Dabei schoss sie zuletzt zu inkonstant - und war nur als Vertretung nominiert worden.

Von Maximilian Länge, Östersund/München

Am 28. November meldete sich Denise Herrmann in den sozialen Medien zu Wort. "Vor vier Jahren", schrieb sie über ein Foto und setzte ein Smiley dazu. Das Foto zeigt sie selbst am Tag ihres ersten Weltcup-Podiums, gemeinsam mit zwei Langlauf-Kolleginnen, der Polin Justyna Kowalczyk und der US-Amerikanerin Kikkan Randall. Wichtiger aber noch als die drei lächelnden Sportlerinnen war vielleicht das Symbol, das Herrmann neben das Smiley setzte: eine Zielscheibe.

Die Zielscheibe, sie ist inzwischen ein fester Bestandteil von Denise Herrmanns Leben, denn die 28-Jährige wechselte vor gut einem Jahr und damit nur zwei Jahre vor den Olympischen Winterspielen vom Langlauf zum Biathlon. Und vor dem Saisonauftakt in Östersund muss sie da so ein Gefühl gehabt haben, als sie das Bild hochlud. Denn nur drei Tage später feierte sie ihre Premiere auf dem Podium des Biathlon-Weltcups.

Dass Herrmanns Sieg beim ersten Sprint des Jahres, in ihrem 12. Weltcup-Rennen überhaupt, so nicht zu erwarten war, liegt an ihren schwankenden Schießleistungen. "Wenn ich gut schieße, ist alles möglich", sagte sie nach ihrem ersten Einzelerfolg auf höchster Ebene. Eine Binsenweisheit, bestätigt aber von den jüngsten Ergebnissen. Noch wenige Tage zuvor hatte sie im zweitklassigen IBU-Cup in Sjusjøen (Norwegen) den ersten von zwei Sprints als 44. beendet - mit sechs Fehlern bei zehn Schüssen. Die Reaktion darauf ließ sie zwei Tage später folgen, als sie über die gleiche Strecke mit zwei Schießfehlern den Sieg holte. Dann kam die Nominierung von Bundestrainer Gerald Hönig für den Weltcup, als Vertretung für die erkrankte Laura Dahlmeier.

Ihr läuferisches Potenzial ist unumstritten

Herrmann ist nicht die erste deutsche Biathletin, die aus dem Langlauf kommt. Die dreifache Olympiasiegerin und fünffache Weltmeisterin Kathi Wilhelm wechselte 1999 die Sportart, auch Evi Sachenbacher-Stehle ging diesen Weg. Miriam Gössner gewann in beiden Sportarten WM-Medaillen. Die Schwedin Magdalena Forsberg gewann nach dem Wechsel vom Langlauf zum Biathlon im Jahr 1993 insgesamt sechsmal den Gesamtweltcup.

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Gute Form: Denise Hermann auf der Strecke in Östersund

(Foto: Sergei Bobylev/imago)

Das läuferische Potenzial Herrmanns ist unbestritten. Der Sprint ist die Stärke der Umsteigerin. In der Langlauf-Saison 2013/2014 belegte sie über die kürzeste Wettkampfdistanz Platz zwei in der Weltcup-Gesamtwertung. So kommt es wenig überraschend, dass die lange Zeit beste deutsche Skilangläuferin auch im Biathlon-Sprint reüssiert. Bei den deutschen Meisterschaften im September gewann Herrmann neben Sprint sogar Massenstart und Verfolgung.

Herrmann hat beim Schießen Fortschritte gemacht. Trotzdem, so schätzte es Hönig noch vor ihrem Sieg ein, hänge die Olympiaqualifikation an der Laufform. In Östersund gleitete sie in der letzten Runde geradezu über die Strecke und holte den Zeitrückstand aus der Strafrunde auf. Nur einmal hatte Herrman beim Stehendanschlag das Ziel verfehlt. Im Ziel lag sie 15 Sekunden vor der zweitplatzierten Französin Justine Braisaz.

2012 entschied sie sich noch gegen den Wechsel

Die Teilnahme an den Winterspielen in Pyoengchang hat sich Herrmann nun bereits nach dem zweiten Saisonrennen gesichert - und damit das Ziel erreicht, mit dem sie 2016 den Langlaufzirkus verließ. Es sei richtig, bestätigte sie bei ihrer ersten Sieger-Pressekonferenz, sie habe die Motivation am Langlauf ein wenig verloren gehabt, weil trotz guter Form kaum mehr als eine Top-Ten-Platzierung herausgekommen war.

Dahlmeier gewinnt in Seefeld

Die siebenmalige Biathlon-Weltmeisterin Laura Dahlmeier hat am Samstag bei einem FIS-Rennen im österreichischen Seefeld den Langlauf-Sprint gewonnen. Die 24-Jährige aus Garmisch-Partenkirchen nutzte das Rennen bei den Langlauf-Spezialistinnen - ähnlich wie auch 2015 - als Vorbereitung auf ihren Saisoneinstieg im Biathlon-Weltcup in der kommenden Woche in Hochfilzen. Gesamtweltcupsiegerin Dahlmeier hatte aufgrund einer Erkältung auf den Saisonauftakt der Skijäger in Östersund verzichtet. Auch vor zwei Jahren war sie wegen mehrerer grippaler Infekte nicht zum Start in Östersund gelaufen, hatte dann aber in Seefeld den 5-Kilometer-Langlauf für sich entschieden. dpa

Für den Wechsel in ein hart umkämpftes Feld mit Konkurrentinnen namens Franziska Hildebrand, Franziska Preuß, Maren Hammerschmidt und Laura Dahlmeier nahm sie auch ein Lehrjahr in Kauf, in dem über allem die Umstellung auf die Eigenschaften der neuen Sportart stand. Das Finden der perfekt eingestellten Waffe, das Gewicht des Gewehrs beim Laufen, die Ruhe im Anschlag. Bereits 2012 hatte Herrmann im Rahmen eines Probelehrgangs des DSV in Ruhpolding erstmals eine Waffe in der Hand, entschied sich damals aber noch gegen den Wechsel. Vor einem Jahr habe sie dann alles auf eine Karte gesetzt. Es scheint sich gelohnt zu haben.

Ob sie überrascht sei wegen des raschen Durchbruchs, wurde Herrmann dann am Ende der Pressekonferenz noch gefragt. Kurz zögert sie, sagte dann: "Nicht überrascht, denn ich gehe meinen Weg Schritt für Schritt." Und heute, fügte sie hinzu, "war das eben ein großer Schritt."

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