Biathlon auf Schalke:Ein bisschen zu viel Werbung

Die Biathleten haben ihren Spaß beim Show-Wettkampf auf Schalke, aber Interessenkonflikte mindern das Vergnügen bei den Verantwortlichen.

Gelsenkirchen - Nach dem Rennen hat der Biathlet Ricco Groß lächelnd gesagt, nun wisse er also endlich, wie sich ein Schalker Fußballprofi fühlt und wie das ist, wenn zigtausend Menschen auf den Tribünen singen, während sich drunten die Sportler abmühen. Ricco Groß hat das am Samstag in der Arena AufSchalke erlebt, in der sonst Fußball gespielt wird, in der aber jetzt zum zweiten Mal ein Biathlonrennen stattgefunden hat, bei dem 50 000 Menschen 24 der weltbesten Biathleten angefeuert haben. Das Publikum war so laut, dass die Wintersportler hinterher ganz verklärt dreingeschaut haben. Die Biathleten laufen sonst durch Wiesen und Wälder und immer mal vorbei an vereinzelten Zuschauern - doch in der Schalker Arena haben sie die geballte Akustik einer modernen Sporthalle erlebt und außerdem attraktive Preisgelder erhalten. Deshalb war nicht nur das norwegische Siegerpärchen Andreassen/Björndalen selig, das sich 10 000 Euro teilen durfte. "Das Mekka des Biathlon schlägt auf Schalke", hat der Fußballmanager Rudi Assauer danach posaunt. Ein herrlicher Satz, der auf Sinn genauso verzichtet wie diese zweite World Team Challenge von Gelsenkirchen auf den Sponsoring-Guide der Internationalen Biathlon-Union. Bei deren Finanzchef Günther Zwatz hat sich die Euphorie deshalb in Grenzen gehalten, als er sich die Live-Übertragung im ZDF angeschaut hat. "Ich fürchte, wir kriegen Probleme mit unseren Werbepartnern", hat er hinterher gesagt.

Sonst gelten bei Biathlonübertragungen nämlich strenge Regeln, die Größe der sichtbaren Werbeflächen ist bei den offiziellen Rennen des Weltverbandes akribisch limitiert. Doch in Gelsenkirchen ist diese Regelung nicht maßgebend, weil der 50-minütige Wettbewerb mit zwölf Mixed-Teams keine Veranstaltung des Weltverbandes ist. Zwatz hat jedes Mal, wenn das Logo des Rennsponsors zu sehen war, sorgenvoll daran denken müssen, dass der ebenfalls der Bierbrauerbranche angehörige IBU-Sponsor bei den Veranstaltungen der Weltcupserie nicht so extrovertiert für sich werben darf. "Es gibt Handlungsbedarf", findet Zwatz deshalb und sagt, dass für das Frühjahr ein Gespräch verabredet sei mit den Initiatoren des Schalker Biathlons. Es müssten künftig einheitliche Regeln gelten auch für solche Veranstaltungen wie in Gelsenkirchen, sagt Zwatz, denn wenn die Sponsoren des Weltverbandes durch das Rennen auf Schalke verprellt würden, dann wären die damit finanzierten Veranstaltungen in Gefahr - "und wenn eine einzelne Veranstaltung andere Veranstaltungen gefährdet, dann müssen wir etwas unternehmen".

Natürlich weiß Zwatz, dass der Biathlon in Gelsenkirchen eine feine Sache ist für diesen Sport. "Eine Riesenwerbung", sagt er anerkennend. "Super für die Fans, die uns nur aus dem Fernsehen kennen", sagt auch die Biathletin Kati Wilhelm, die mit Ricco Groß Dritte geworden ist hinter Katja Beer und Michael Greis. Eigentlich sind sich also alle einig, dass das Wintersportspektakel in den Niederungen des Ruhrgebiets eine gute Sache ist, aber der Weltverband will seine mühsam etablierten Sponsoring-Regeln trotzdem nicht gefährden durch eine neue Generation von Biathlonwettbewerben. "Ein wildes Rennen", nennt Zwatz die Veranstaltung in Gelsenkirchen, und wenn er gefragt wird, was passieren würde, wenn die Schalker den Interessen des Verbandes nicht entgegenkommen sollten, dann sagt er: "Im schlimmsten Fall müssten die Kaderathleten von ihren jeweiligen Verbänden für eine solche Veranstaltung gesperrt werden."

So weit aber wird es niemand kommen lassen wollen. "Es wird immer schwerer, so eine Veranstaltung durchzuführen", hat Rudi Assauer am Samstagabend nach dem Rennen gesagt, weil er erstens um die Haltung des Weltverbandes weiß, und weil zweitens in der Nacht vor dem Rennen der ganze Kunstschnee von einem Platzregen fortgeschwemmt worden ist. Bis kurz vor dem Rennen ist deshalb Schnee aus der Skihalle im benachbarten Bottrop herangekarrt worden, und erst in letzter Minute war die 1100-Meter-Loipe fertig, die zu einem Drittel durch die Arena führte und zu zwei Dritteln um die Halle herum. Trotz aller Widerstände und natürlich auch, weil das Biathlonrennen viel Geld einbringt, will Assauer den Wettbewerb in Gelsenkirchen dauerhaft sichern. "Wir wollen ihn auf fünf bis zehn Jahre hier etablieren", sagt er, doch dazu wird es nun intensiverer Gespräche bedürfen. Der Biathlon-Weltverband will bei der Durchführung nämlich künftig ein Wörtchen mitreden.

Ulrich Hartmann

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