Biathletin Laura Dahlmeier:Fast jeder Schuss ein Treffer

E.ON IBU Biathlon Worldcup Oberhof - Day 3

Laura Dahlmeier: Hoffen auf Olympia

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die deutsche Biathletin Laura Dahlmeier bestreitet ihre erste komplette Weltcup-Saison. Lange konnte sie sich nicht für den Sport begeistern, nun darf sie sogar auf einen Start bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi hoffen. Lob bekommt sie von höchster Stelle.

Von Joachim Mölter, Ruhpolding

Augen zu und aufgepasst! Dann kann man schön hören, wie beim Biathlon am Schießstand die Scheiben fallen - oder eben auch nicht. Trifft die Kugel ins Schwarze und die Scheibe fällt um, klingt das metallisch, wie "klong", mit einem leichten Nachhall; landet sie im Weißen, macht's bloß kurz "plopp". Wenn Laura Dahlmeier ihre fünf Patronen pro Schießstopp abfeuert, kann man sich fast hundertprozentig darauf verlassen, dass man immer dasselbe zu hören kriegt: klong - klong - klong - klong - klong.

Beim Ruhpoldinger Weltcup gab es am Freitag mal wieder eine Ausnahme: Im Einzelrennen über 15 Kilometer machte es bei beiden Stehendanschlägen je einmal "plopp", damit war Dahlmeiers Chance auf einen Spitzenplatz dahin. Als 14. war sie trotzdem noch zweitbeste Deutsche hinter Franziska Hildebrand (Clausthal-Zellerfeld), die mit nur einem Fehlschuss Vierte wurde, ihr bestes Saisonergebnis.

Beim Einzelrennen, der ältesten Biathlon-Disziplin, kommt es ja besonders aufs Schießen an, weil es für einen Fehlschuss keine Strafrunde gibt wie in den anderen Disziplinen, sondern gleich eine ganze Strafminute auf die Zeit draufgeschlagen wird. "Da ist ein Fehler kaum zu korrigieren", erklärt Chef-Bundestrainer Uwe Müssiggang: "Die Minute holt man auch mit einer guten Laufleistung nicht mehr rein."

Im Schießen gehört sie schon zur Weltspitze

Läuferisch habe sie ja grundsätzlich noch Steigerungspotenzial, findet die 20 Jahre alte Dahlmeier. Aber was das Schießen angeht, da gehört sie schon zur Weltspitze. Uwe Müssiggang, 62, sagt sogar, er habe in den fast 50 Jahren, in denen er sich mit diesem Sport beschäftigt, keine gesehen, die schon als so junge Athletin so gut geschossen habe. "Sie kriegt höchstens dann Probleme, wenn es Wind gibt", hat er beobachtet - die richtige Reaktion auf wechselnde Bedingung ist freilich vor allem eine Sache der Erfahrung. "Ansonsten", sagt der deutsche Coach, "ist sie die perfekte Schützin."

Laura Dahlmeier vom SC Partenkirchen bestreitet gerade ihre erste komplette Saison im Weltcup. 150 Schüsse hat sie abgegeben bei ihren bisher acht Einsätzen, 140 Mal hat sie getroffen, das ergibt eine Quote von 93 Prozent. Über einen ganzen Winter lang haben nur vier Skijägerinnen diese Frequenz aufrechterhalten können, seit die Internationale Biathlon-Union (IBU) eine Statistik über die Trefferquoten führt. Die dreimalige Olympia-Zweite Martina Beck, geborene Glagow, die in dieser Teildisziplin als zuverlässigste Athletin in der deutschen Biathlon-Geschichte gilt, bewegte sich stets um die 90 Prozent herum.

"Das ist schon wahnsinnig schnell gegangen."

Die vor zwei Jahren zurückgetretene Rekord-Weltmeisterin Magdalena Neuner aus Wallgau war die Erste, die die DSV-Verantwortlichen auf Laura Dahlmeier aufmerksam gemacht hat. Die war erst mit Neuners beiden jüngeren Geschwistern in der Garmisch-Partenkirchner Trainingsgruppe von Bernd Kröll, später durfte die junge Sportler dann sogar noch einige Jahre mit der berühmten Athletin üben, ihrem großen Vorbild. "Es war von Anfang an klar, dass sie ein großes Talent ist", sagt Neuner über Dahlmeier: "Sie ist vom Kopf her schon unheimlich abgeklärt." Das hat Dahlmeier bei ihren bisher vier Staffel-Einsätzen für die deutschen Biathletinnen eindrucksvoll bewiesen: Da musste sie noch kein einziges Mal nachladen. Woher diese erstaunliche Abgeklärtheit, die bemerkenswerte Nervenstärke am Schießstand kommt, kann Laura Dahlmeier nicht wirklich erklären: "Ich habe anscheinend irgendwie Talent dafür", sagt sie lapidar.

Als Kind fuhr Laura Dahlmeier zunächst alpin Ski, als Neunjährige schnupperte sie dann mal beim Biathlon rein. "Ich habe mit dem Langlauf erst nichts anfangen können", erzählte sie in Ruhpolding, "aber das Schießen hat mich sofort fasziniert. Da habe ich mir gesagt, dann probiere ich das Langlaufen halt auch mal." Obwohl es im Einzel-Rennen besonders aufs Schießen ankommt, ist das, anders als man vermuten könnte, nicht ihr Lieblings-Wettbewerb. Die 15-Kilometer-Distanz ist ihr "fast ein bisschen lang", sagt sie, "ich laufe lieber Verfolgung oder Staffel".

Beim Verfolgungsrennen reizt sie vor allem der direkte Kampf Frau gegen Frau, wie sie sagt. In diesen Wettkampf geht die Zollbeamtin am Sonntag (11.15 Uhr/ZDF) mit knapp einer Minute Rückstand auf die Einzel-Siegerin Gabriela Soukalova aus Tschechien, "da ist noch alles drin", sagte Dahlmeier angriffslustig. Beim Verfolgungsrennen in Annecy hat sie im Dezember als Fünfte ihr bislang bestes Weltcup-Resultat erzielt.

Manchmal wundert sie sich selbst, wo sie inzwischen angekommen ist. "Voriges Jahr war der Deutschland-Pokal noch Alltag und die Junioren-Weltmeisterschaften das große Ziel", reflektierte sie in Ruhpolding. Nachdem sie bei den Junioren in Obertilliach drei goldene und eine silberne Medaillen abgeräumt hatte, beorderten sie die Trainer des Deutschen Skiverbandes (DSV) umgehend zur Erwachsenen-WM nach Nove Mesto, wo sie prompt in der Staffel eingesetzt wurde und ihre Aufgabe fehlerlos meisterte. An ihr hatte es jedenfalls nicht gelegen, dass die DSV-Frauen nur Fünfte wurden.

Seitdem gehört Laura Dahlmeier zum A-Kader der DSV-Biathleten, ihr großes Ziel für diesen Winter sind nun die Olympischen Spiele in Sotschi. "Das ist schon wahnsinnig schnell gegangen", findet sie. Zack - zack - zack sozusagen.

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