Biathletin Denise Herrmann:Rakete aus Ruhpolding

171203 Denise Herrmann Tyskland under damernas världscupspremiär i jaktstart den 3 december 2017

Zweiter Sieg in Folge: Denise Herrmann nach ihrem Sieg im Verfolgungsrennen von Östersund.

(Foto: imago/TOBIAS NYKÄNEN)
  • Biathletin Denise Herrmann gewinnt in Östersund im Sprint und in der Verfolgung.
  • Vor 19 Monaten begann die frühere Top-Langläuferin mit dem Biathlon-Training.
  • Nun muss sich die 28-Jährige weiter stabilisieren und die Rennroutine bestätigen.

Von Volker Kreisl

19 Monate läuft Denise Herrmann jetzt schon mit Biathlongewehr in der Loipe. Sie trainiert in Ruhpolding, befasst sich auch abends mit Technik und Funktionsweise ihres neuen Begleiters, sie imitiert den Ablauf des Schießens im Trockenen. 19 Monate ist es her, dass die Top-Langläuferin und Olympiabronze-Gewinnerin aus Oberwiesenthal abgetaucht ist, um sich umzuschulen. Nun ist sie wieder da, mitten drin im Rampenlicht.

Herrmann hat bei der ersten Weltcupstation in Östersund das Verfolgungsrennen gewonnen. Schon häufig ist es passiert, dass eine wenig bekannte Biathletin kurz mal auftrumpft, weil zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison die Spitzenläuferinnen noch ihre Form suchen. In Herrmanns Fall aber dürften die Dinge anders liegen. Die 28-Jährige steht, wenn sie nur so weitermacht wie in den vergangenen zwei Wochen, vor einer zweiten, durchaus raketenhaften Skisport-Laufbahn.

"Wenn man am Start steht, will man natürlich das Optimum rausholen", sagte Herrmann, "es wäre aber verwegen zu glauben, dass ich jetzt jedes Wochenende zweimal oder dreimal gewinnen werde". Das Verfolgungsrennen von Östersund war ja nur der letzte Teil eines Sieg-Triples. Am Freitag schon hatte sie den Weltcup-Sprint in Mittelschweden gewonnen, ebenfalls mit überragender Laufleistung, und mit 15 Sekunden Vorsprung, den sie nun als gejagte Erste mitnahm. Außerdem hat Herrmann noch einen Einzelwettbewerb vor diesem Sprint gewonnen: den Sprint in Sjusjoen/Norwegen, im zweitklassigen IBU-Cup, aus dem sie ja erst vorige Woche in den Weltcup nachgerückt war.

Auch Maren Hammerschmidt und Vanessa Hinz qualifizieren sich für Olympia

Zu den besseren Langlauf-Umsteigerinnen zählten einst Magdalena Forsberg und Kati Wilhelm, die eine wurde im Biathlon eine Weltcup-Größe, die andere Olympiasiegerin. Dass Herrmann Potenzial besitzt, zeigte sie endgültig am Sonntag, ihrem ersten Sieg auf einer längeren Distanz mit vier Schießeinlagen. Den Vorsprung aus dem Sprint hielt sie nüchtern aufrecht, womit sie sich bereits schonte. Die ersten beiden Schießen gelangen fehlerfrei.

Nach zwei Patzern im dritten Anschlag erhöhte sie sachte das Tempo, klemmte sich hinter die Führende Justine Braisaz aus Frankreich und glich neben ihr stehend am Schießstand deren Treffer jeweils per eigenem aus. 90 Prozent Treffer bei Schneetreiben, für jemanden, der im Schnitt ohnehin eine halbe Minute schneller ist - das ist komfortabel. Und es macht das Frauenteam, aus dem sich nun auch Maren Hammerschmidt (5.) und Vanessa Hinz (8.) für Olympia qualifizierten, dort zu Favoriten. Bester bei den Männern war Erik Lesser (Frankenhain), er wurde im Sprint Dritter und in der Verfolgung Zehnter.

Die siebenmalige Weltmeisterin Laura Dahlmeier fehlte nach einer Erkältung, beim Weltcup in Hochfilzen will sie in dieser Woche aber starten. "Zu Laura fehlt mir noch sehr, sehr viel", sagte Herrmann. "Sie legt eine unglaubliche Konstanz hin und ist die beste Biathletin der Gegenwart." Herrmann berichtete davon, dass die beiden Athletinnen sich im Training gegenseitig motivieren, "auch mal mit kurzen Sprints. Da ist sie auch scharf drauf, sich mit mir zu messen".

Herrmann, die aus dem von Skandinaviern beherrschten Langlauf stammt, genießt jetzt "dieses Gefühl, als Erste über die Ziellinie zu laufen". Ansonsten muss sie sich weiter stabilisieren und die Rennroutine, die sie schon an den Tag legt, erst mal bestätigen. Doch es ist nicht zu erkennen, warum dies nicht gelingen soll. Herrmann ist ja gerade deshalb der Umstieg gelungen, weil sie fokussiert ist, sich mit allem Neuen auseinandersetzt, eigene Entscheidungen trifft, kurz: eine professionelle Athletin ist.

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