Biathlet Ole Einar Bjørndalen:Ein wenig Wahnsinn

Sotschi 2014 - Biathlon

Weiter, immer weiter: Ole Einar Bjørndalen

(Foto: dpa)

Nach Olympia wollte Ole Einar Bjørndalen seine Karriere beenden. Nun macht er doch weiter - um 2016 mit 42 Jahren nochmal Weltmeister zu werden. Doch es wäre falsch, Bjørndalen mit jenen Sport-Heroen zu vergleichen, die den richtigen Zeitpunkt für ihr Karriereende verpasst haben.

Ein Kommentar von Carsten Eberts

Der richtige Zeitpunkt für das Karriereende ist eine Kunst, viele Sportler sehen ihn, doch nur wenige können ihn ergreifen. Sie gehen nicht, wenn ausschließlich ihre Stärke in Erinnerung bleibt, sondern wenn es für die Spitzenplätze einfach nicht mehr reicht. Michael Schumacher erging es so, auch Michael Jordan oder zuletzt Martin Schmitt.

Da schafft es wieder einer nicht aufzuhören, wird nun auch beim Biathleten Ole Einar Bjørndalen der logische Reflex bei vielen Beobachtern sein.

Es schien, als hätte Bjørndalen diesen perfekten Zeitpunkt in Sotschi mit beiden Händen gegriffen. Er wurde Doppel-Olympiasieger, mit 40 Jahren, was natürlich ein Wahnsinn war. Mit einer Leistung, die ihm kaum jemand mehr zugetraut hätte, holte er Gold im Sprint und mit der Mixedstaffel. Seine Bilanz schraubte er damit auf achtmal Gold, viermal Silber und einmal Bronze, Bjørndalen wirkte noch ein wenig größer als zuvor. Als er anschließend vom Rücktritt sprach, verstand das jeder.

Klar hat auch Bjørndalen die Größe des Moments in Sotschi wahrgenommen. Er ist nun erfolgreicher als die Langlaufikone Bjørn Dæhlie, mehr geht für einen norwegischen Sportler nicht. Er hat auch ernsthaft über das Ende seiner Karriere gedacht, sprach mit seinen Trainern, mit seinem Umfeld. Doch dann hat Bjørndalen festgestellt, dass er so nicht tickt. Denn Bjørndalen hat in Sotschi auch etwas anderes gesehen: Es geht noch. Er kann mithalten. Gut sogar.

Nach schwierigen Jahren - vor allem gesundheitlich, als es im Rücken zwickte - lief die Olympiasaison komplikationsfrei. Für einen Perfektionisten wie ihn ist das ein wichtiger Punkt. Bjørndalen blieb verletzungsfrei, konnte sich mit der nötigen Akribie auf den Höhepunkt vorbereiten. Und tatsächlich: Die sehr selektive Strecke in Krasnaja Poljana raubte den jüngeren Favoriten die Nerven. Bjørndalen war der fokussierteste und auch der fitteste.

Bjørndalen hatte kein Glück bei Olympia, sondern er war wirklich einer der besten. Es war auch kein plötzlicher Leistungsanstieg, der sich lediglich mit verbotenen Hilfsmittelchen erklären ließe. Nach den kräftezehrenden Anstiegen bewahrte er als einziger den kühlen Kopf am Schießstand, da profitierte er sogar von seinem Alter, seiner Erfahrung. "Ich liebe es, ein Sportler und Biathlet zu sein, weil das mein Leben ist", sagt Bjørndalen nun. Für einen Leistungssportler wie ihn ist es tatsächlich folgerichtig, die Skier und die Flinte erst in zwei Jahren in den Schrank zu stellen.

Die WM 2016 ist das neue Ziel, sie findet zu Hause am Holmenkollen statt. Bjørndalen wird alles darauf ausrichten, mit 42 Jahren noch einmal Weltmeister zu werden. Das ist natürlich ein bisschen wahnsinnig. Aber diesen Wahnsinn will Ole Einar Bjørndalen auch gar niemand absprechen.

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