Bewerberstädte für Olympia 2024:Angst vor dem Nein

Berliner Olympia-Unterstützer

Schüler bilden in Berlin vor dem Brandenburger Tor die Olympischen Ringe nach - dass die Stadt den Zuschlag bekommt, ist höchst fraglich.

(Foto: dpa)
  • An diesem Montag trifft das DOSB-Gremium eine Entscheidung über den deutschen Bewerber für Olympia 2024.
  • Berlin und Hamburg hoffen - doch egal, wer heute gewinnt: Echte Chancen haben wohl beide nicht.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Als die Vertreter der mehr als 30 olympischen Spitzenverbände auseinandergingen, war die Entscheidung über den deutschen Kandidaten für die Sommerspiele 2024 mal wieder vertagt. Am Sonntagabend waren sie zusammengekommen, um über die Frage "Berlin oder Hamburg" zu debattieren - und abzustimmen. Über ein klares Votum dieses Gremiums, da waren sich alle einig, würde sich das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) schwer hinwegsetzen können.

Deswegen gab es von mancher Seite den Versuch, es gar nicht erst zu einer Abstimmung kommen zu lassen. Das misslang, die Verbandschefs stimmten ab - doch das Ergebnis blieb fürs Erste geheim. Es soll erst genannt werden, wenn an diesem Montag das DOSB-Präsidium zu seiner abschließenden Beratung zusammenkommt. Das Präsidium will dann eine Stadt benennen, die Mitgliederversammlung soll diese am Samstag bestätigen.

Doch der DOSB muss sich auch schon mit der Zeit danach beschäftigen. Egal ob Berlin oder Hamburg: Vor einer offiziellen Bewerbung beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) findet im September ein Volksentscheid statt. Als sich zuletzt eine deutsche Stadt Hoffnungen auf Olympia machte, war dies die entscheidende Hürde: Die Bürger in München sagten Nein zu Winterspielen 2022. Der Hauptgrund war vor allem das schlechte Image des IOC.

Der DOSB geht auf Werbetour

Die Skepsis in der Bevölkerung ist weiter groß. In der Umfrage des DOSB unter je 1500 Bürgern der beiden Kandidatenstädte gab es nur 64 Prozent (Hamburg) bzw. 55 Prozent (Berlin) Zustimmung. Zudem kürt das IOC kurz vor dem Bürgerentscheid den Spieleausrichter für 2022: Zur Wahl stehen nur noch zwei autokratische Regime, Peking/China und Almaty/Kasachstan.

Hörmanns Werbetour im Sportstudio

In jedem Fall dürfte die Wahl die allgemeine Stimmung bezüglich Olympia verschlechtern. Und was die Bedenken der Deutschen gegenüber der Ringe-Organisation angeht, gibt es kaum Veränderungen. Unter viel PR-Begleitung hat diese eine "Agenda 2020" ins Leben gerufen. Doch da steht wenig Konkretes, nichts Revolutionäres - und die Wiederholung manches oft gegebenen, aber nicht gehaltenen Versprechens.

Insofern startet der DOSB nun die Werbetour, so wie Präsident Alfons Hörmann am Samstag im "Sportstudio" - mit teils erstaunlichen Argumenten. Etwas ungelenk sprach er von "den kritischen Hinweisen, die es in dem einen oder anderen Fall" gab, was ob der vielen IOC-Skandale eine sehr defensive Formulierung war. Zudem mühte er sich, innerhalb des Sportfunktionärstums zwischen dem bösen Fußball-Weltverband und dem guten IOC zu trennen. "Da werden Sie Welten als Unterschied feststellen."

Parallelen zur Fifa

Aber es gibt diverse Parallelen, etwa starke personelle Verflechtungen: Fifa-Chef Blatter sitzt auch im IOC, das mächtige IOC-Mitglied Al-Sabah drängt in den Fifa-Vorstand. Und trotz der steten Wiederholung, Deutschland wolle "kleine, bescheidene" Spiele, weiß noch niemand, wie teuer die Veranstaltung würde. Vor allem in Hamburg könnte es ob der notwendigen Baumaßnahmen schnell auf einen zweistelligen Milliardenbetrag hinauslaufen.

Zudem müssen sich die DOSB-Oberen überlegen, wie sie der Bevölkerung einen Wettkampf verkaufen, in dem sie als chancenlos gelten. Boston ist der große Favorit, weil nach der Logik der olympischen Welt Amerika mal wieder dran wäre. Und selbst wenn es Boston nicht würde, weil die eigene Bevölkerung dagegen ist, hätten auch Paris oder Rom bessere Chancen als Berlin/Hamburg. Denn Deutschland plant für 2024 bereits die Fußball-EM. Dass im selben Sommer noch Olympische Spiele hierzulande stattfinden, ist quasi ausgeschlossen.

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