Bernie Ecclestone:Sein Erbe regeln

Der Engländer darf trotz des Verkaufs der Formel 1 als Geschäftsführer weiterarbeiten. Er hat sich in den vergangenen 40 Jahren ein Netzwerk geschaffen und unersetzlich gemacht. Für die neuen Eigentümer ist das Fluch und Segen zugleich.

Von Philipp Schneider

Einige hatten sich gut vorbereitet auf den Moment, in dem diese erwartete Milliardenübernahme in der Formel 1 als fix gemeldet werden würde. Der ehemalige Rennfahrer Hans-Joachim Stuck entwarf unmittelbar nach Verkündung des Verkaufs der Rennserie an den Unterhaltungskonzern Liberty Media ein Endzeitszenario. Im Kern sagte Stuck, es werde nun alles noch viel schlimmer werden, denn "den Leuten um Ecclestone" sei "das Kleingeld am wichtigsten". Das mochte stimmen. Die Wahrheit ist aber auch: Bernie Ecclestone, der zur Überraschung vieler nun für drei Jahre Geschäftsführer der Formel 1 bleiben darf, würde Stuck wohl nicht einmal widersprechen.

Im Gegensatz zu seinen Wegbegleitern João Havelange und Sepp Blatter (Fifa) sowie Juan Antonio Samaranch und Thomas Bach (Olympia) hat Ecclestone in all den Jahren nie vorgegeben, die Welt verbessern zu wollen. Billig einkaufen, teuer verkaufen - das war stets sein Ziel, und jetzt folgt wohl sein finaler Deal. Unter all den skurrilen Figuren aus der Frühphase der Sport-Kommerzialisierung ragt Ecclestone insofern als Ausnahme hervor, als er in der Außendarstellung stets der Gebrauchtwagenhändler geblieben ist, als der er in jüngeren Jahren seine ersten dicken Profite einstrich.

Ecclestone hat sich in der Formel 1 unersetzlich gemacht

Mehr als 800 Millionen Dollar zahlte das luxemburgische Finanzunternehmen CVC vor zehn Jahren für die Rennserie, an der Ecclestone weiterhin 5,3 Prozent der Anteile hielt. Für 8,5 Milliarden Dollar, also die zehnfache Summe, schlug nun der amerikanische Konzern zu - keine allzu schlechte Rendite.

Vor zwei Jahren hat sich Ecclestone im Amt gehalten, obwohl ihm in Deutschland ein Prozess wegen Bestechung gemacht wurde. Auch jetzt darf er vor allem bleiben, weil er sich in den vergangenen 40 Jahren unersetzlich gemacht hat. Er hat ein Netz aus Abhängigkeiten und Seilschaften geschaffen, das für die neuen Eigentümer Fluch und Segen zugleich sein wird. Vielleicht hatten sie auch keine andere Wahl, als Ecclestone weiter walten zu lassen. Der 85-Jährige hat das von ihm geschaffene System der Cliquenwirtschaft einmal in erstaunlich ehrlichen Worten selbst demaskiert: "Manche Rennpromoter", sagte Ecclestone, hätten ihm gesagt: "Wenn du nicht da bist, sind wir es auch nicht. Das ist die Gefahr." Er meinte: Eine Gefahr für jene, die es wagen sollten zu versuchen, den Rennzirkus am Leben zu halten ohne ihn, den kleinen, grauhaarigen Allesbestimmer aus Ipswich.

Die Formel 1 wechselt den Besitzer, Bernie Ecclestone bleibt noch ein Weilchen auf dem Fahrersitz. Man darf das auch positiv sehen: Möglicherweise sind es die ersten Anzeichen einer Nachfolgeregelung.

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