Berlin startet ideal:Auf der Sonnenseite

FC Ingolstadt 04 v Hertha BSC - Bundesliga

Leichtes Spiel: Berlins Angreifer Vedad Ibisevic überspringt den Ingolstädter Roger locker.

(Foto: Micha Will/Getty Images)

Erstmals in der Bundesliga-Geschichte gewinnt Hertha BSC die beiden ersten Saisonspiele - beim 2:0 in Ingolstadt erlebt der Hauptstadt-Verein nicht sonderlich viel Gegenwehr.

Von Christopher Gerards, Ingolstadt

Julian Schieber war derart gut gelaunt, dass er auch mittelprächtige Wortwitze lächelnd ertrug. Der Stürmer von Hertha BSC stand am frühen Samstagabend in den Tiefen des Ingolstädter Stadions, er sprach über das Tor, das er soeben erzielt hatte: ein Kopfball in der 86. Minute, zum 2:0-Sieg der Hertha beim FC Ingolstadt. Das Tor sei nicht leicht gewesen, sagte Schieber also, "die Sonne stand tief". Woraufhin ein Reporter feststellte, dass er jetzt wohl "auf der Sonnenseite" stehe. Schieber lächelte fein.

Julian Schieber, 27, hat eine gute Saison hinter sich. Diese Saison ist zwar erst zwei Spiele alt, aber nach Lage der Dinge ist sie für ihn schon jetzt besser verlaufen als die gesamte vorherige. Präzise null Tore erzielte er in der vergangenen Spielzeit, die Hinrunde hatte er wegen eines Knorpelschadens verpasst. Und nun? Hat er bereits zwei Tore erzielt, beide als Einwechselspieler: erst beim 2:1 gegen Freiburg, nun gegen Ingolstadt - in der 79. Minute war er ins Spiel gekommen. Es sei ihm egal, ob er drei oder zehn Minuten spiele oder noch länger - "ich bin froh, dass ich helfen kann", sagte er hinterher angemessen politisch korrekt. Man hätte diesen Satz als Floskel abtun können, aber im Subtext lieferte sie ja auch diese Aussage mit: dass bei Hertha BSC die Mannschaft wichtiger ist als jeder einzelne.

Pal Dardai hat den Teamgeist der Berliner gestärkt

Zwei Siege zum Saisonstart - das war der Hertha noch nie gelungen, seit sie in der Bundesliga spielt. Aber dieser Rekord war Pal Dardai, dem Berliner Trainer, herzlich egal. "Ich werde jetzt keinen großen Sekt öffnen", sagte er. In der vergangenen Saison habe er gesehen, wie schnell sich die Stimmung drehen kann - Hertha war in der Rückrundentabelle Drittletzter. Man solle jetzt nicht von der Champions League reden, folgerte Dardai also.

Zumindest das Führungstor gelang der Hertha etwas glücklich: Haraguchi hatte einen verunglückten Ingolstädter Pass abgefangen, er steckte ihn zwischen Marvin Matip und Ingolstadts Zugang Marcel Tisserand durch in die Spitze. Vedad Ibisevic musste nur noch einschieben - sein erster Saisontreffer. Welchen Plan die Berliner erarbeitet hatten, ließ sich in der 16. Minute sehr präzise erkennen, das lag an Dardai. Der Berliner Trainer sah Ingolstadt kontern, seine Mannschaft war gerade aufgerückt. Dardai also stand am Rande seiner Coaching-Zone, er breitete die Arme aus, dann führte er sie zusammen, ganz langsam. Seine Botschaft: zurück und kompakt stehen. So lief das fast die ganze Halbzeit lang: Die Hertha überließ den Ingolstädtern den Ball, sie wartete diszipliniert in der eigenen Hälfte, dann rannten die Berliner Spieler auf ihre Gegner zu. Das Wort "Teamgeist" baute Dardai mehrfach in seiner Rede auf der Pressekonferenz ein.

"Wir haben das Spiel in den ersten 35 Minuten verloren", analysierte Ingolstadts Kapitän Matip. Seine Mannschaft sei nicht richtig ins Spiel gekommen, nicht in die Zweikämpfe. Zwei Mal nur tauchte Ingolstadt in der ersten Halbzeit seriös vor Berlins Tor auf, aber Dario Lezcano schoss aus rund fünf Metern den heraus stürmenden Torwart Rune Jarstein an (36.). Zuvor hatte Alfredo Morales einen Kopfball zu mittig platziert. Erst in der zweiten Halbzeit erhöhte Ingolstadt den Druck, presste aggressiver, schnürte Hertha teilweise ein und kam zu ein paar Torchancen. Beispielhaft eine formschöne Kombination in der 68. Minute, an deren Ende Matthew Leckie aber zu zentral aufs Tor von Rune Jarstein schoss. Doch dann zerstörte Schieber Ingolstadts Hoffnungen. "Ich glaube, dass wir in der zweiten Halbzeit mehr richtig gemacht haben als in der ersten", sagte Matip, daraus könne man "für die nächsten Wochen" lernen. Das wäre gut. Ingolstadts Gegner am nächsten Samstag heißt nämlich Bayern München.

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