Benfica Lissabon in der Champions League:Benfica plagt ein ewiger Fluch

Benfica Lissabon in der Champions League: In Portugal Tabellenführer: Konstantinos Mitroglou (rechts) und Pizzi Fernandes bejubeln Benficas jüngstes 3:0 gegen den FC Arouca.

In Portugal Tabellenführer: Konstantinos Mitroglou (rechts) und Pizzi Fernandes bejubeln Benficas jüngstes 3:0 gegen den FC Arouca.

(Foto: Patricia de Melo Moreira/afp)
  • Im Achtelfinale der Champions League trifft Borussia Dortmund auf einen interessanten Gegner mit bewegter Geschichte.
  • Benfica Lissabon ist ein Verein, der einst groß war, doch der letzte Triumph ist lange her.
  • Heute hat der Klub viele Schulden - und doch bringt er immer wieder begehrte Spieler hervor.

Von Javier Cáceres

Man kann Benfica Lissabon wirklich nicht nachsagen, dass sie nicht alles probieren würden; es reicht ein Gang an Tor 18 des Estádio da Luz. Dort ist seit wenigen Jahren der jüngste Versuch zu begutachten, einen dramatischen Fluch zu überwinden. Denn wie der spanische Romantiker Benito Pérez Galdós schon sagte: Es gibt kein Übel, das hundert Jahre dauert.

"In 100 Jahren wird Benfica keinen europäischen Pokal mehr gewinnen", soll der ungarische Trainer Bela Guttmann Anfang der sechziger Jahre prophezeit haben. Zuvor hatte er sich mit den Verantwortlichen Benficas gestritten, obwohl er den Klub zu zwei Landesmeisterpokalen geführt hatte, erst gegen Real Madrid (1961), dann gegen den FC Barcelona (1962). Was sie alles probierten? Unter anderem schickte der Klub den mittlerweile verstorbenen Klubheiligen Eusébio Anfang der Neunziger an das Grab Gutmanns in Norditalien; er kniete davor nieder und flehte, dass die mittlerweile berühmteste Verwünschung der Fußballwelt ein Ende haben möge.

Von acht europäischen Endspielen gewann Benfica kein einziges

Und 2014 stellte der Verein vor Tor 18 des Stadions eine Bronzestatue von Bela Guttmann auf, gegossen von einem ungarischen Bildhauer. Ohne Erfolg: Acht europäische Endspiele hat Benfica seit 1962 bestritten, nie wieder hielt man kontinentale Silberware in den Händen.

Dass es auch in dieser Saison schwierig werden dürfte, den Fluch zu beenden, ahnt man in Lissabon nicht nur wegen der überaus durchwachsenen Champions-League-Gruppenphase der laufenden Saison. Benfica mogelte sich nur deshalb hinter dem SSC Neapel in die K.-o.-Phase und damit zum Dienstags-Duell mit Borussia Dortmund (20.45 Uhr/Liveticker SZ.de), weil Dynamo Kiew am letzten Spieltag der Gruppe B einen frappierenden 6:0-Sieg gegen Besiktas Istanbul landete. Ein anderer Grund für die Skepsis ist, dass Benfica im Januar wieder einen Schlüsselspieler abgab: Stürmer Gonçalo Guedes, 20, wechselte für angeblich 34 Millionen Euro zu Paris Saint- Germain, nachdem zuvor im Sommer Renato Sanches, 19 Jahre alt, für einen angeblich fast identischen Betrag zum FC Bayern veräußert worden war.

Damit unterstrich Benfica seinen Ruf als Verkäuferklub. Allein die Top-Transfers dieses Jahrzehnts - unter anderem Angel Di María (heute ebenfalls Paris), Coentrã (Real Madrid), David Luiz (FC Chelsea), Axel Witsel (Tianjin Quanjian/China), Jan Oblak (Atlético Madrid) oder André Gomes (FC Barcelona) - spülten mehr als 350 Millionen Euro in die Benfica-Kassen.

Nelson Semedo - einer für Bayern?

Gleichwohl drücken den Verein immense Schulden. Laut der aktuellen Ausgabe des jährlichen Berichts der europäischen Fußballunion Uefa zur Finanzlage der Klubs ("The European Club Footballing Landscape") stieg Benficas Nettoverschuldung im Jahr 2015 um 3,3 Prozent auf 336 Millionen Euro - und damit auf das Dreifache der Jahreseinnahmen eines Vereins, der gerade jetzt hoffte, der ewigen Nostalgie endlich Herr zu werden.

Der Grund: Erstmals seit den Zeiten Eusebios konnte Benfica drei Meistertitel aneinanderreihen. Auch in dieser Saison war man gut unterwegs - bis Guedes nach Paris zog. Zu Jahresbeginn betrug Benficas Vorsprung auf den Tabellenzweiten FC Porto sechs Punkte, nun ist er auf einen einzigen Punkt zusammengeschnurrt. Allerdings hat sich das taktisch extrem disziplinierte Benfica ("die beste Defensivorganisation Europas", schwärmte Bayerns früherer Trainer Pep Guardiola über die Arbeit seines Kollegen Rui Vitória) zuletzt wieder besser präsentiert. Am Wochenende wurde die portugiesische Mittelklassemannschaft FC Arouca mit 3:0 besiegt. Mit Protagonisten, die in absehbarer Zeit für weitere Millioneneinnahmen sorgen dürften.

Dazu zählt der zweimalige Torschütze Kostas Mitroglou, 28, ein klassischer Mittelstürmer, der in Neunkirchen, Mönchengladbach und Duisburg ausgebildet wurde, ehe er in Griechenland triumphierte - sowie Torwart Ederson, der als Brasiliens künftige Nummer eins gilt. Gegen Arouca war Ederson deshalb in den Schlagzeilen, weil er unter den Augen vom Torwarttrainer der brasilianischen Nationalelf, Taffarel, beim Stand von 2:0 die rote Karte sah. Ederson soll es Guardiola angetan haben, dieser würde den 23-Jährigen gern zu Manchester City lotsen.

Als besonders begehrt aber gilt Nelson Semedo, 23. Der dribbelstarke Rechtsverteidiger bereitete mit einer für ihn charakteristischen Offensivaktion das 3:0 durch den Peruaner André Carrillo, 25, vor und untermauerte, warum ihn angeblich der halbe Kontinent jagt. Darunter ist unbestätigten Medienberichten zufolge auch der FC Bayern, wo Semedo den angehenden Frührentner Philipp Lahm, 33, ersetzen könnte. In Lissabon werden allerdings Preise jenseits der 30-Millionen-Marke aufgerufen. Immerhin scheint Semedo Interesse am FC Bayern zu haben: Am Montag wurde er zu einem Bayern-"Follower" - in einem Sozialnetzwerk.

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