Bei Huub Stevens steht die Null -:Einstand nach halbem Maß

Der niederländische Trainer Huub Stevens nimmt die Arbeit bei der TSG Hoffenheim, seinem sechsten Bundesliga-Klub, mit einer standesgemäßen Nullnummer in Köln auf.

Während die Kölner Fans in der Südkurve den Schiedsrichter der Schiebung bezichtigten, weil ihnen Günter Perl in der letzten Minute den gewünschten Foulelfmeter vorenthalten hatte, zelebrierten die beiden Trainer kollegiale Spielschluss-Routine. Peter Stöger und Huub Stevens umarmten sich und klopften sich gegenseitig auf die Schulter. Das 0:0, mit dem der 1. FC Köln und die TSG Hoffenheim auseinandergingen, bot den beiden Sportlehrern Anlass zu gegenseitigen Komplimenten. Stevens hatte zum Einstandsauftritt bei seinem sechsten Bundesligaklub wenigstens zur Hälfte das standesgemäße Wunschergebnis erzielt - die heilige Null -, Stöger durfte sich zumindest an der tadellosen B-Note für sein Team erfreuen. Die Kölner waren dem Dominanz-Anspruch der Heimmannschaft gerecht geworden und hatten genug Chancen erwirtschaftet, um das Spiel zu gewinnen. "Aber leider hat es an der Genauigkeit gefehlt", sagte ihr österreichischer Trainer.

Für Stevens war es der typische erste Schritt auf seiner nächsten Notarztmission. Eines Tages im Mai 2016 wird womöglich der Hoffenheimer Vereinsvater Dietmar Hopp an dieses nicht glanzvolle, aber auch nicht unanständige Remis in Köln erinnern, wenn er sein Dankesschreiben an den Niederländer aufsetzt, der sich dann längst wieder auf seinen Sonnensitz auf Mallorca zurückgezogen haben dürfte (selbigen hat ihm übrigens exklusiv der VfB Stuttgart mit den Nichtabstiegsprämien aus den vorigen Jahren finanziert). Mit dem Nullzunull in Köln begann die Rettung der TSG, so wird es später heißen, und Stevens wird es vermutlich mit Interesse hören. Es ist kaum anzunehmen, dass er diesem ziemlich alltäglichen Spiel einen Ehrenplatz in seinem großen Erfahrungsschatz widmen wird.

1. FC Koeln v 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Der Knurrer kann auch lacheln: Huub Stevens sieht bei seinem Einstand Erbauliches.

(Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Die Teams bieten eine Nullnummer der besseren Sorte

So langweilig, wie das 0:0 sich anhört, war die Partie allerdings nicht. Die Kölner, von Trainer Stöger mit zwei Sturmspitzen - Modeste und Hosiner - und zwei spielerischen Zuarbeitern - Osako und Nagasawa - offensiv ausgestattet, hätten schon nach zwei Minuten den Führungstreffer erzielen können. Hosiner bediente seinen Nebenmann Modeste so vorbildlich wie kunstvoll - aber der Torjäger wusste mit der guten Vorlage nicht umzugehen.

Dieses Motiv sollte sich noch oft wiederholen. Am Ende hatte Modeste zwar die meisten Torschussversuche aller eingesetzten Spieler gestartet - laut amtlicher Statistik sieben Stück -, aber getroffen hat er nie. Oft folgte seinen wuchtigen Abschlüssen stattdessen ein enttäuschtes Stöhnen im Publikum. Der Eindruck, dass der französische Mittelstürmer es gegen seinen vormaligen Verein besonders gut machen wollte, drängte sich auf. Stöger wollte das nicht bestätigen. "Ich glaube nicht, dass Modeste übermotiviert war", meinte er. "Viele Chancen erspielt, leider keine verwertet", bilanzierte Torwart Horn versöhnlich, "aber wenn wir nächste Woche so weiterspielen, dann können wir auch die Leverkusener ärgern". Am kommenden Samstag muss der FC zum Derby in die BayArena ausrücken.

Schema & Statistik

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Erst blickt der Trainer zornig, dann knufft er den Fragesteller freundlich in die Seite

Die Kölner machten das Spiel, die Hoffenheimer sahen zu, dass sie keinen Schaden nahmen. Während der ersten Trainingstage mit Stevens sei die Stärkung der Defensive das vorherrschende Thema gewesen, "wir wollten kompakt stehen und die Abstände klein halten. Es war heute nur ein kleiner Schritt - aber die Zielrichtung ist die richtige", sagte Torwart Baumann. Süle und Strobel bildeten das Paar im defensiven Zentrum, dieses Arrangement war neu und bewährte sich durchaus. Die Angriffsbemühungen hielten sich hingegen, vor allem in der zweiten Halbzeit, sehr in Grenzen. Im ersten Durchgang hatte der Chilene Vargas zwei gute Gelegenheiten vergeben. "Wir sind hergekommen, um unseren Fußball zu spielen, aber dann musst du gucken, dass du nicht ins offene Messer läufst", erklärte Stevens in seinem unnachahmlichen Fußball-Deutsch. Auf eine radikale Systemkur verzichtete der kluge Trainer jedoch, das von seinem Vorgänger Markus Gisdol gepredigte Pressingspiel hat er seinem Team nicht gleich ausgetrieben. Er hat seine Spieler einstweilen nur ein paar Meter nach hinten beordert.

Ein bisschen geknurrt hat er dann auch noch, der berüchtigte Mann aus Kerkrade. Als es später um seine Strategie bei der Premiere ging, meinte er rauszuhören, dass er wieder in die "Null-muss-stehen"-Schublade gesteckt werden sollte, das hat ihn vorübergehend erzürnt. Er schickte den gefährlichen Blick in die Runde, mit dem er seit bald zwanzig Jahren Spieler und Journalisten im deutschen Fußball erschreckt. "Dann bin ich halt wieder der Defensivtrainer", sagte er beleidigt. Ein paar Minuten später knuffte er den vermeintlichen Kritiker aber freundlich in die Seite und lachte das typische heisere Huub-Stevens-Lachen. "Das wichtigste ist, dass es immer noch Spaß macht", ließ er wissen, und daran muss nach diesem gelungenen Einstand niemand zweifeln.

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