Bayerns glanzloser Sieg:Alle Augen auf den Panda

Trainer Felix Magath wertet den Gewohnheitssieg gegen den SC Freiburg fast wie eine Niederlage. Sogar von Rückschritt ist die Rede.

Von Klaus Hoeltzenbein

Womöglich müssen die Freiburger Journalisten wieder nachsitzen in dieser Woche. Kommt ganz drauf an, was sie zu berichten hatten vom 1:3 des örtlichen Sportclubs in München, und ob es Volker Finke gefallen hat. Wenn nicht, gibt es wieder so ein Filmchen zu sehen wie am Donnerstag nach dem Pokalsieg gegen den VfL Bochum.

Da hatte Finke den Journalisten noch einmal die ersten 20 Minuten der Partie vorgeführt, um die Kritik an der Spielweise seiner Elf zu widerlegen - erst danach begann der einstige Gymnasiallehrer mit seinen Ausführungen zur Dienstreise in den Freistaat Bayern. Von der hat Finke am Samstag viel "inneren Frust" mit heim genommen. Sollte er auch zu diesem Spiel seine kleine Taktikschule mittels Video abhalten, wird die Regie viel komplizierter.

Allerdings gibt es ein berühmtes Vorbild für alles, was sich im Olympiastadion zutrug: Groundhog Day, in deutschen Kinos: "Und täglich grüßt das Murmeltier". Die ständige Wiederholung des Immergleichen. Im Original wird ein zynischer TV-Wetterfrosch (Reporter!) jeden Morgen vom selben Sonny&Cher-Song aus dem Radio geweckt, es ist immer derselbe Tag, die Ereignisse in Punxsutawney wiederholen sich, nicht mal Selbstmordversuche bieten einen Ausweg.

Schlechte Bilanz für den SC

In der Kopie, in Volker Finkes C-Movie, würde also immer ein anderer allein auf ein großes Fußballtor zu laufen. Es taucht stets ein großer blonder Mann auf, und all die Willis, der Iaschwili, der Zkitischwili oder der Tobias Willi, lassen sich von ihm erschrecken. Im Abspann könnte dann gar von einem richtigen Mord die Rede sein, dem Mord an einem Gebäude: "Wir haben hier schon öfter gut gespielt und nix geholt. Es wird Zeit, dass das Stadion abgerissen wird."

Ob die Abrissbirne die Lösung ist? Freiburgs Torwart Richard Golz sehnt sich danach, aber das Olympiastadion bleibt ja stehen, der FC Bayern zieht im nächsten Jahr nur um in eine neue Arena und nimmt dabei die Statistik mit: Außer Komplimenten, Albträumen und zwei Unentschieden ist dem SC Freiburg aus neun Bundesliga-Gastspielen nichts geblieben. Mit umziehen ins neue Heim wird zudem ja dieser große, blonde Mann, der am Samstag so häufig im Wege stand, Oliver Kahn bekommt im jüngsten Freiburger Reisebericht garantiert eine murmeltiermäßige Hauptrolle zugeteilt.

Fünf Szenen von feinster Qualität besaßen die Gäste noch nach ihrem frühen 1:0 (Sanou/3.), mal grätschten gleich zwei Freiburger an Kahns Tor vorbei (Iaschwili, Willi), mal rettete Kahn mit einer Hand (gegen Iashwili), mal beschützte ein Münchner die eigene Torlinie (Hargreaves), dann wiederum war Kahn nicht mal mit Gewalt zu bezwingen (Antar), und am Ende schob ein SC-Aktivist den Ball tief verunsichert (Kruppke) ins Aus. Horror oder Komödie? Jedenfalls war jede dieser Chancen vielversprechender als alle, aus denen den Münchnern drei Treffer gelangen.

Ein Grund von vielen für Felix Magath, die Etappe fast wie eine Niederlage einzuordnen: "Das war ein klarer Rückschritt." Dabei handelte es sich nicht um die Skepsis, die Trainer stets befällt, wenn große Aufgaben warten (Dienstag kommt Ajax Amsterdam), es gab in der Tat wenig Fortschrittliches bei den Bayern zu bestaunen. Die Mannschaftsteile verzahnten sich nie ineinander, die Flügel blieben stumpf, auf denen Salihamidzic, Rau und Zé Roberto verzweifelt auf Kontakte hofften wie Singles beim Ball der einsamen Herzen.

Es passte wenig zusammen, wurde aber dennoch ein kurzweiliger Nachmittag, weil sich die Spielbeobachtung auf eine einzige Frage zuspitzen ließ: Wo ist er denn, was tut er gerade, was hat er jetzt wieder vor? Das 1:1 hat Roy Makaay selbst erzielt, mit geschicktem Linksschuss unter den Querbalken, allerdings begünstigt durch ein gnädiges Zuspiel des Freiburger Verteidigers Mohamad.

Tribünenarrest für Deisler

Das 2:1 war vielleicht das schönste Tor dieser an Höhepunkten armen Bayern-Saison, als der Niederländer eine Ballack-Flanke so visionär an den Strafraumrand zurück legte, dass es eine Ewigkeit dauerte, ehe Torsten Frings zur Vollendung seines ersten Ligatores für die Bayern herbeigeeilt war. Dem 3:1, einem Ballack-Kopfball, wohnte Makaay irgendwo als stiller Genießer bei, trotzdem stellte Magath später fest: "Roy wird immer mehr zum Ziel unseres Spiels. Man sucht ihn." Derzeit ist es beim FC Bayern ähnlich wie im Zoo, wenn ein neuer Panda-Bär zu bestaunen ist. Trotz der vielen großen Tiere nebendran beobachten alle nur das eine.

Gesucht wurde auch Sebastian Deisler, ebenfalls ein seltenes und gerne bestauntes Exemplar der Gattung Bayern-Profi. Gefunden wurde er neben seiner Lebensgefährtin Eunice auf der Tribüne. Felix Magath ("Er will zu viel") hatte ihn zwangsversetzt, was Deisler nicht verstehen wollte: "Ich bin fit und hatte erwartet zu spielen." Ob der Trainer ihn nur vor dem Ajax-Spiel oder länger noch in Schonzeit nimmt, ließ er offen, Magath verwies allein auf seine Majorität in diesem Konflikt: "Es ist selten so, dass zwei Menschen die Dinge gleich beurteilen."

Manchmal gibt es aber auch nur eine Deutung, zum Beispiel im Fall von Richard Golz. 21 Mal hat der Torwart - einst mit dem HSV, heute mit Freiburg - schon gegen den FC Bayern München verloren. Das ist eindeutig: Liga- und Weltrekord! Im Kino, in Punxsutawney, erscheint zum Trost manchmal Andie McDowell. In München wird einfach weiter gezählt.

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