Bayern-Zugang Douglas Costa:Ein Fußballer, bei dem das Essen kalt wird

Douglas Costa

Der FC Bayern freut sich auf ihn: Douglas Costa.

(Foto: dpa)

Wie gut ist Douglas Costa? Der FC Bayern hat einen Spieler verpflichtet, der an Ronaldinho erinnert.

Von Javier Cáceres , Santiago de Chile

Mirceu Lucescu ist voll des Lobes über den Abtrünnigen: "Das ist ein Champion!", brüllt der rumänische Trainer des ukrainischen Meisters Schachtjor Donezk in sein Handy, "und (Pep) Guardiola wird ihn noch besser machen, als er jetzt schon ist." Die Rede ist von Douglas Costa de Souza, dem vielseitig verwendbaren Außenbahnspieler, der den FC Bayern ab der neuen Saison verstärken wird.

Der brasilianische Nationalspieler unterzeichnete am Mittwoch in München einen Fünfjahresvertrag. Die Ablösesumme wurde seitens des FC Bayern nicht bestätigt, Agenturberichten zufolge bezifferte sie Schachtjor auf 30 Millionen Euro. Glaubt man Lucescu, ist Douglas Costa jeden Cent wert.

Dass es sich anbietet, Lucescu zu behelligen, liegt nicht nur daran, dass er Douglas Costa seit Februar 2010 in Donezk trainiert hat. Sondern auch daran, dass Douglas Costa zu der immer größer werdenden Anzahl an Spielern gehört, die den Brasilianern zwar irgendwie geläufig, aber nicht so richtig im Gedächtnis haften geblieben sind.

Douglas Costa, heute 24, war 19, als er seinen Vertrag mit Schachtjor unterzeichnete. Zuvor hatte ihn Manchester Uniteds damaliger Trainer Alex Ferguson als den besten Spieler Südamerikas gepriesen. Weil aber Douglas Costas damaliger Klub, Grêmio Porto Alegre, eine 20-tägige Probezeit in England für einen Affront hielt, hatte kurzzeitig Inter Mailand die Nase vorne. Der Legende zufolge kamen die Ukrainer den Italienern dann durch einen Zufall zuvor.

Der Scout von Schachtjor in Brasilien, der Franko-Brasilianer Franck Henouda, erzählte einmal, dass er mit ein paar Vertretern des Klubs in einer Churrasqueira in São Paulo essen war - und in ihrem Blickfeld ein Bildschirm hing, auf dem Brasiliens U20-Nationalmannschaft bei der Südamerika-Meisterschaft 2009 gezeigt wurde. "Das Essen wurde kalt", sagte Henouda. Denn es spielte ein beeindruckender junger Mann namens Douglas Costa, den sie sofort holen wollten. Und sofort holten, angeblich für sechs Millionen Euro.

Die teuersten Transfers der Fußball-Bundesliga

1. Roberto Firmino * 41 Millionen Euro 2015 TSG Hoffenheim -> FC Liverpool

2. Javier Martinez 40 Millionen Euro 2012 Athletic Bilbao -> FC Bayern

3. Mario Götze 37 Millionen Euro 2013 Borussia Dortmund -> FC Bayern

4. Edin Dzeko 37 Millionen Euro 2010 VfL Wolfsburg -> Manchester City

5. Mario Gomez 35 Millionen Euro 2009 VfB Stuttgart -> FC Bayern

6. André Schürrle 32 Millionen Euro 2015 FC Chelsea -> VfL Wolfsburg

7. Manuel Neuer 30 Millionen Euro 2011 FC Schalke -> FC Bayern

8. Toni Kroos 30 Millionen Euro 2014 FC Bayern -> Real Madrid

9. Douglas Costa 30 Millionen Euro 2015 Schachtjor Donezk -> FC Bayern

* Ablösesummen zum Teil geschätzt

Schon damals verfügte Douglas Costa über die Qualitäten, die Lucescu nun am Telefon im Stakkato rühmt. "Er ist beidfüßig, hat guten Sinn für freie Räume, beteiligt sich gut an der Schaffung von Überzahlsituationen, hat einen starken Schuss und vor allem: Er ist ungemein schnell", sagt Lucescu, der seit 2004 in Donezk Trainer ist und ein besonderes Faible für Brasilianer hat. Nicht umsonst spielen mehr als ein Dutzend Brasilianer in Donezk, die Lucescu gern drillt. Sambatrommeln sind ebenso verboten wie Gesänge oder Musik auf dem Kopfhörer. Lucescu spricht sechs Sprachen, auch Portugiesisch. Und so konnte er den Brasilianern ganz gut verständlich machen, dass er fünf Minuten Spielvorbereitung für zu wenig hält.

Angst vor dem Krieg in der Ukraine

"Der Anfang war sehr hart. Die Sitten sind völlig andere als in Brasilien, das Essen ebenfalls. Und dann war da diese Kälte, auf der Straße und in den Menschen", sagte Douglas Costa einem Reporter der Gazzetta dello Sport, ein gutes halbes Jahr ist das her. Damals hatte er bereits den Klub verlassen wollen, nicht zuletzt wegen des Krieges.

Wenige Wochen vor dem Interview hatte er weltweit für Aufsehen gesorgt, weil er zu jenen sechs Brasilianern aus dem Schachtjor-Team gehörte, die sich nach einem Frankreich-Aufenthalt geweigert hatten, in die Ukraine zurückzukehren - und behandelt wurden wie Deserteure. Ein Missverständnis, sagte Douglas Costa: Sie hätten sich nur geweigert, nach Charkiw im Osten der Ukraine zu reisen, die Stadt lag ihnen zu nah am Gefechtsgebiet. Als der Schachtjor-Präsident das ebenfalls so sah und die Reise abblies, kehrten sie in die Ukraine zurück.

Lucescu sagt, dass Douglas Costa zu den Profis zählt, die ihre Zeit in der Ukraine "gut genutzt haben", um als Spieler zu wachsen: "Er ist darauf vorbereitet, den nächsten Schritt zu machen. Zumal er nun sehr viel Champions-League-Erfahrung hat. Ich heiße es gut, dass er jetzt geht. Es ist der richtige Moment und der richtige Klub." Dass Douglas Costa als Ersatz für Franck Ribéry oder Arjen Robben gehandelt wird, hält Lucescu für gerechtfertigt. Douglas Costa, der in 203 Spielen für Donezk 38 Tore erzielte, "ist immer noch ein Spieler mit großer Zukunft", sagt er.

Als solcher wurde er schon in seiner Anfangszeit als Profi gehandelt. Manch brasilianische Zeitung verglich den in Sapucaia do Sul (nahe Porto Alegre) geborenen Douglas Costa mit Ronaldinho, der einst ebenfalls das blau-schwarze Grêmio-Trikot getragen hatte und zuletzt in Mexiko brillierte. "Ich kenne ihn und war auch oft bei ihm zu Hause, denn ich war mit seinem Neffen befreundet", sagt Douglas Costa.

Anders als Ronaldinho hat er sich noch nicht in der Nationalmannschaft etabliert. Bei der Copa América, die derzeit in Chile ohne brasilianische Beteiligung zu Ende geht, wechselten bei Douglas Costa Licht und Schatten. Gegen Peru schoss er in der Schlussminute des Auftaktspiels das 2:1-Siegtor und damit sein erstes Tor für die Seleção; beim Elfmeterschießen im Viertelfinale gegen Kolumbien war er unter den Schützen, die vom Strafstoßpunkt scheiterten.

Er tat es sozusagen auf beste Bayern-Art: In Concepción jagte Douglas Costa den Ball - wie weiland Uli Hoeneß im EM-Finale von 1976 in Belgrad gegen die Tschechoslowakei - hoch in die sternenklare chilenische Nacht.

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