Bayern-Stürmer Olic fällt erneut aus:Zwangspause für den Duracell-Hasen

Diesmal ist es der Hüftbeugemuskel: Die Verletzung von Ivica Olic schreibt die tragische Geschichte des Kroaten beim FC Bayern fort. Trainer Jupp Heynckes fehlt damit vor dem Champions-League-Auftritt in Zürich seine wertvollste Option - die Bayern denken über den Kauf eines weiteren Stürmers nach.

Carsten Eberts

Die ins Detail verliebte Welt der Fußball-Bundesliga ist um eine neue Begrifflichkeit reicher. Der Riss des Syndesmosebandes oder der Bruch des Schienbeinköpfchens sind längst gebräuchliches Vokabular, nun hat sich Bayern-Stürmer Ivica Olic um neuen Wortschatz verdient gemacht: Beim 5:0 gegen den Hamburger SV zog sich Olic den Teilriss einer Sehne des rechten Hüftbeugemuskels zu. Weniger kompliziert klingt die Diagnose von Bayern-Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt: sechs bis acht Wochen Pause.

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Sechs bis acht Wochen Pause: Bayern-Stürmer Ivica Olic.

(Foto: AFP)

Olics Verletzungshistorie bei den Bayern nimmt tragische Züge an. Im November 2010, kurz nach dem Heimspiel gegen den SC Freiburg, hatte sich der Kroate einen schweren Knorpelschaden im Knie zugezogen. Es folgten eine Operation in den USA beim Spezialisten Richard Steadman und eine wochenlange Reha. Erst zu Beginn dieser Saison, in Wolfsburg und gegen Hamburg, kam Olic zu Kurzeinsätzen - nach acht Monaten Pause.

Doch nun fällt Olic erneut aus. "Das ist eine Katastrophe", sagte er am Sonntag, "ich habe mich so gefreut, wieder spielen zu können. Aber so ist Profisport."

Bayern-Trainer Jupp Heynckes wird ähnlich denken. Dabei raubt ihm Olics Verletzung kurz vor der wichtigen Champions-League-Aufgabe beim FC Zürich (Dienstag, 20.45 Uhr) eine gerade erst wieder hinzugewonnene Offensivoption.

Wie immer geht es um die Backup-Spieler von Arjen Robben und Franck Ribéry, die einspringen sollen, wenn einer der beiden Flügelwusler mal wieder ausfällt. Oder auch für Chefangreifer Mario Gomez, der nicht immer 90 Minuten durchspielen kann. Zu Saisonbeginn fiel das Augenmerk diesbezüglich vor allem auf die jungen David Alaba (19, zurück aus Hoffenheim), Takeshi Usami (19, Leihgabe aus Japan) und Nils Petersen (22, aus Cottbus). Alle drei absolvierten vielversprechende Testspiele, verdienten sich das ausdrückliche Lob von Heynckes.

Nun, im bislang drei Spieltage alten Ligabetrieb, verbreiteten vor allem Petersen und Usami bei ihren Kurzeinsätzen allerdings auffallend wenig Gefahr. In Wolfsburg wurde Usami gar nach 69 Minuten eingewechselt - und musste vor Spielschluss wieder vom Platz. Willkommen in der Bundesliga, hieß es damals.

Ivica Olic, und das wissen sie beim FC Bayern genau, ist ein anderes Kaliber. Im Gegensatz zu den beiden 19-Jährigen ist er ein gestandener Stürmer, mit Vorlieben für direktes Pressing und unermüdliche Sprints, was ihm über die Jahre den Spitznamen "Duracell-Hase" einbrachte. "Ich bin ein Trainer, der beim Stand von 0:0 auch mal vom System weggeht, einen Mittelfeldspieler rausnimmt und einen torgefährlichen Mann einwechselt", sagte Heynckes kürzlich. "Und bei Ivica weiß ich, dass er in wenigen Minuten für Betrieb sorgen kann."

Drei Tore gegen Lyon

Nach seiner überraschenden Verpflichtung im Sommer 2009 wurde Olic trotz erdrückender Konkurrenz durch Luca Toni, Miroslav Klose und Mario Gomez zum Stammspieler, 19 Tore in 41 Pflichtspielen ließen ihn zum Liebling der Fans aufsteigen. Besonders in der Champions League gelangen ihm herausragende Auftritte: Im Viertelfinale gegen Manchester United schoss er zwei Tore, im Halbfinal-Rückspiel bei Olympique Lyon gelangen ihm gar alle drei Bayern-Treffer.

Für ein Backup sind dies extrem gute Werte, doch Olic hätte sich mit dieser Rolle begnügt. Bis er wieder richtig fit gewesen wäre.

Vor einer Woche in Wolfsburg spielte Olic erstmals wieder für wenige Minuten - in denen prompt das Siegtor durch Luiz Gustavo fiel. Am Samstag gegen den HSV kam er bereits in der 71. Minute - und köpfelte nur neun Minuten später den 5:0-Endstand. "In Wolfsburg waren es fünf Minuten, heute habe ich sogar ein Tor geschossen", sagte der Stürmer noch am Samstag, "deshalb bin ich sehr glücklich."

Doch Olics Kopfballtor gegen den Hamburger SV kostete ihn einen hohen Preis. Bei der Landung prallte er mit HSV-Innenverteidiger Jeffrey Bruma zusammen, humpelte noch während des Jubels, humpelte auch nach dem Spiel, klagte über "große Schmerzen", äußerte jedoch die Hoffnung, "nur eine Prellung" an der Hüfte erlitten zu haben. Diese Prognose stellte sich später als zu optimistisch heraus.

Nun denken die Bayern sogar über eine weitere Stürmer-Verpflichtung nach. "Wir haben eigentlich nichts mehr vorgehabt. Ob wir jetzt gezwungen werden, noch etwas zu tun, darüber müssen wir nachdenken", sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge am Montag. Die Verletzung von Olic bezeichnete Rummenigge als "tragisch und trifft uns auch, weil wir nur drei Stürmer im Kader haben. Das ist etwas, was mir Sorgen macht".

Trainer Heynckes sagte jedoch: "Die Frage ist: Wo kriegt Bayern München einen Topstürmer her, der die Qualität hat, die ich erwarte, der sich integrieren kann, Charakter hat und Deutsch spricht? Ich denke, dass wir das mit dem bestehenden Stamm kompensieren können. Ich halte nichts von Schnellschüssen."

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