Bayern-Stürmer Lewandowski:Plötzlich mehr Platz

Borussia Dortmund v FC Bayern Muenchen - DFL Supercup 2014

Duell gegen den ehemaligen Klubkollegen: Robert Lewandowski (unten, mit Sokratis) kehrt mit dem FC Bayern erstmals nach Dortmund zurück

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Robert Lewandowski spielt nach seinem Wechsel zum FC Bayern erstmals wieder in Dortmund.
  • Während ihn beim BVB niemand mehr vermisst, muss er in München nach den Ausfällen von Ribery, Alaba und Robben nun mehr das Spiel prägen.
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Von Maik Rosner

Die ganz große Anspannung hatte sich bei Robert Lewandowski in den Tagen vor seiner Rückkehr nach Dortmund offenbar noch nicht eingestellt. Vielleicht war es aber auch nur eine zur Schau gestellte Lockerheit. Eher heiter und scherzhaft gerieten jedenfalls manche seiner Antworten, die er in diversen Interviews vor dem Bundesliga-Topspiel gab. Zum Beispiel jene auf die immer wieder gestellte Frage, welche Herausforderungen der andere Stil des FC Bayern an ihn stelle. "Ich muss nicht mehr so sehr nach hohen Bällen springen", antwortete Lewandowski. Und ob ihm seine veränderte Rolle Probleme bereite? "Nein, ich muss vielleicht nicht so viel kämpfen", sagte der Angreifer. "Schmunzelt" und "lacht" stand in Klammen hinter diesen beiden Antworten.

Dass Lewandowski über die Debatten, die ihn durch sein erstes Jahr in München und vor seinem ersten Ligaauftritt bei seinem ehemaligen Arbeitgeber Borussia Dortmund begleiten, grundsätzlich schmunzelt und lacht, lässt sich allerdings eher nicht behaupten. Der Eindruck hält sich ja hartnäckig, jedenfalls öffentlich, er sei beim FC Bayern noch nicht richtig angekommen und werde beim BVB vermisst.

Zumindest letzteres trifft nicht zu, ist aus Dortmund zu vernehmen. Sie beklagen im Verein nicht Lewandowskis Abschied, sondern vielmehr, dass aus diesem nicht die richtigen Schlüsse gezogen worden seien. Die Meinung, die sich mittlerweile im Klub durchgesetzt hat: Lewandowskis inzwischen gesetzter Nachfolger Pierre-Emerick Aubameyang hätte schon einige Ligatore mehr erzielt als seine bisherigen zwölf, wenn er von Beginn an als zentraler Angreifer agiert hätte. Und auch, wenn er und die Mannschaft insgesamt nach ihren neuen Fähigkeiten ausgerichtet gewesen wären, nicht nach jenen, die sie mit Lewandowski auszeichnete.

Auf ihn war das BVB-System zugeschnitten, mit Platz für ihn nach langen Bällen oder bei Kontern. Nun muss sich der 26-Jährige damit beschäftigen, wie kritisch sein völlig anders definierter Dienst beim FC Bayern noch immer beäugt wird. Er lässt das auch anklingen, wenn er eher defensiv um Geduld bittet. "Natürlich kann man immer noch besser spielen oder noch mehr Tore schießen", sagt er dann. Und natürlich müsse er sich auf das neue System erst einstellen, das brauche eben "ein bisschen Zeit".

Es ist nicht so, dass sie in München unzufrieden wären mit ihrem angeblich bestbezahlten Kicker. Aber auch im Verein haben sie durchaus registriert, dass der polnische Nationalspieler weiterhin etwas fremdelt mit Pep Guardiolas Ballbesitzlehre und deren Folgen für einen Angreifer wie ihn, trotz inzwischen 17 Pflichtspieltoren, 13 davon in der Bundesliga.

Lewandowski hat auch das thematisiert, und dabei klang durchaus an, dass er sich manchmal ein mehr auf ihn zugeschnittenes Spiel wünschen würde, wie in den vier Vorjahren beim BVB. "Hier wird versucht, immer mit kurzen Bällen zu spielen, Ballbesitz ist das entscheidende Kriterium", sagte er, "in Dortmund wurde ich auch oft von den Verteidigern mit einem langen Ball steil geschickt, das kommt hier eher selten vor." Schmunzelt oder lacht stand dabei nicht in Klammern. Aber hinzudenken ließ sich dafür: Er hätte schon sehr gerne mehr Platz für sein Spiel. Aber er hat eben keinen Stürmertrainer, sondern einen mit einem ausgeprägten Faible fürs Mittelfeld.

Profitiert Lewandwoski von den prominenten Ausfällen?

"Lewandowski hat ein Pep-Problem", titelte die Bild-Zeitung auch deshalb zwischendurch. Und sogar Matthias Sammer befand noch vor wenigen Wochen, der mit 20 Toren erfolgreichste Bundesligaspieler der Vorsaison müsse "die Balance noch finden". Der Wechsel im vergangenen Sommer sei für Lewandowski "ein großer Schritt" gewesen. Er sei aber auf einem guten Weg. Was eben so gesagt wird von einem Sportvorstand, wenn sich dessen Meinung nach die Leistungen des neuen Mitarbeiters noch nicht konstant genug mit den hohen Ansprüchen decken.

Es ist auch ein Auftrag, mit dem Lewandowski nun ins Wiedersehen mit den ehemaligen Kollegen und in das Stürmerduell mit seinem Nachfolger Aubameyang zieht. Weil die Spielbeschleuniger Arjen Robben, Franck Ribéry und David Alaba fehlen werden, soll Lewandowski neben dem anderen ehemaligen Dortmunder Mario Götze das Offensivspiel prägen. Nicht nur jetzt beim BVB, sondern auch in den entscheidenden Wochen der Saison danach, in denen zumindest die Leistungsträger Robben und Alaba weitgehend verletzt zuschauen müssen.

Ob Lewandowski sogar von den Absenzen der Schwunggeber und von einem deshalb veränderten Spiel profitieren kann? Oder ob ohne deren Beisein die Zahl seiner auffälligen Momente eher noch abnimmt wie zuletzt beim 0:2 gegen Borussia Mönchengladbach? Das sind jene Fragen, an denen viel hängen wird für den FC Bayern. Bestenfalls könnte der Angreifer nun mehr gesucht werden, auch durch schnellere Zuspiele in die Spitze, was seinen Fähigkeiten mehr entspricht als das enge Kombinationsspiel der Münchner. Die Gegenthese läuft auf einen Saisonertrag hinaus, der unterhalb des erhofften Triples oder gar Doubles liegt. Das könnte dann auch gegen Lewandowski verwendet werden.

In jedem Fall ist der Rückkehrer nun in Dortmund erstmals besonders gefordert. Es ist ein anspruchsvoller Testlauf für das Pokal-Viertelfinale bei Bayer Leverkusen am Mittwoch, für die Viertelfinals der Champions League beim und gegen den FC Porto sowie für die möglichen Halbfinals danach. "Die Spieler müssen verstehen, dass wir jetzt mehr, mehr, mehr von ihnen brauchen", sagte Guardiola am Freitag. Lewandowski durfte sich davon durchaus besonders angesprochen fühlen.

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