Bayern-Sieg gegen Köln:Vorläufig im Maschinenmodus

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Der überragende Arjen Robben fand einen würdigen Gegner in Kölns Torwart Timo Horn. (Foto: AP)
  • Der FC Bayern gewinnt sein Jubiläumsspiel gegen den 1. FC Köln mit 4:1 (2:1), leistet sich nach der Pause aber eine kurze Schwächephase.
  • Kölns Anthony Ujah hätte den Münchnern beinah die Feier verdorben.
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Von Christof Kneer, München

Der Sportvorstand Matthias Sammer hat in dieser Woche gesagt, der FC Bayern müsse nun allmählich "in den Maschinenmodus wechseln und raus aus dem Gefühlsmodus". Abgesehen davon, dass niemand weiß, was ein Maschinenmodus ist, war das natürlich ein schöner Satz, aber die Auswirkungen dieses Satzes müssten Matthias Sammer zu denken geben.

Die Auswirkungen waren: Kein Mensch hielt sich an seinen Befehl. Der ganze Stadion war im Gefühlsmodus vor dem Spiel gegen den 1. FC Köln, und sogar der eigene Vorgesetzte fiel Sammer in den Rücken. Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef, verfiel im Stadionmagazin sogar in einen kombinierten Historien- und Pathosmodus.

Vom ersten Moment war die Partie auch eine Party

"Vor genau 115 Jahren, am 27. Februar 1900, gründeten elf Männer im Schwabinger Café Gisela den FC Bayern" schrieb Rummenigge, und vermutlich war er auf den übernächsten Satz besonders stolz: "Wer heute im Ausland über den Freistaat Bayern spricht", so Rummenigge, "hört immer wieder drei Begriffe: Oktoberfest, Schloss Neuschwanstein - und Bayern München."

Ois Guade zum Geburtstag, das war der Untertitel jener Partie, die auch eine Party war. Sehr feierlich war vor dem Spiel die Choreografie in der Kurve, sie zeigte einen Baum, in dem die Porträts früherer Klubhelden hingen, und dazu gab's ein Banner mit einem vorbildlichen Gefühlsmodus-Text: "Das Samenkorn, das wir gesät haben, ist herrlich aufgegangen."

FC Bayern in der Einzelkritik
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Bastian Schweinsteiger spielt souverän wie einst der "Kaiser". Arjen Robben könnte 115 Geburtstagskerzen auspusten. Manuel Neuer erzürnt seinen Trainer. Der FC Bayern beim 4:1 gegen Köln in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Lisa Sonnabend

Ebenso feierlich gestaltete sich der Beginn der Partie/Party, zu der sich die Bayern den ebenfalls recht historischen 1. FC Köln eingeladen hatten. Nach nicht einmal drei Minuten schlug Arjen Robben einen festlichen Eckball in die Mitte, und das anschließende Kopfballtor erzielte natürlich Bastian Schweinsteiger, der kurz nach dem 27. Februar 1900 zum FC Bayern stieß.

90 Minuten später hatte der FC Bayern sich und seinen Anhänger ein bewährtes Geschenk überreicht: einen Sieg, diesmal war's ein 4:1, das in manchen Momenten feierlich aussah, in anderen Momenten aber auch ein bisschen von jenem Glück enthielt, das man einem Jubilar ja immer wünscht. "Der FC Bayern ist immer dann am besten, wenn es schwer wird", sagte Matthias Sammer später mit einem Jubiläumsschmunzeln. Was er meinte: Nach der schnellen 2:0-Führung ging's vielleicht ein bisschen zu leicht, und erst als es dann wieder schwerer wurde in diesem Spiel, war der gute, alte FC Bayern wieder der gute, alte FC Bayern.

"Wir haben gegen die zweitbeste Auswärtself gewonnen", sagte Trainer Guardiola, "vier Tore gegen diesen Gegner sind sehr, sehr, sehr schwer, ich bin also zufrieden." Am Ende hatten an diesem feierlichen Abend also alle ein bisschen Recht. Auch der Gefühlsskeptiker Sammer hatte ja, zumindest phasenweise, seinen Maschinenmodus bekommen. In diesem Modus starteten die Bayern zumindest ins Spiel, sie funktionierten sofort, sie gaben den als Kölnern keine Zeit, über die eigene Auswärtsstärke nachzudenken.

Sammers Plan ist ja der: Die Elf soll im Ligabetrieb wieder jene selbstverständliche Gnadenlosigkeit entwickeln, die sie dann auch nutzbar machen kann, wenn es wirklich drauf ankommt, etwa im Champions-League-Rückspiel gegen Donezk. Und es sollen möglichst alle bei Laune gehalten werden im Ligabetrieb, weshalb Guardiola diesmal wieder Schweinsteiger und Mario Götze in die erste Partyformation berief; dafür blieb Xabi Alonso draußen, womit den Bayern wenigstens an ihrem Ehrentag die unfeierliche Debatte der letzten Wochen (Thema: Passen Schweinsteiger und Alonso zueinander?) erspart blieb.

Die ersten zehn Minuten dürften Matthias Sammer glücklich gemacht haben, denn nicht sehr lange nach dem 1:0 brach Franck Ribéry am Flügel auf und zog nach innen, und es spricht sehr für die Kinderstube der Kölner Brecko und Vogt, dass sie die Party nicht störten. Sie hinderten Ribéry nicht an jenem trockenen Schuss, der ins kurze Eck sauste. Nach zehn Minuten stand es also 2:0, und man muss sagen, dass die Führung zu diesem Zeitpunkt um kein Tor zu niedrig ausfiel.

Was aber wirklich für Köln spricht: dass die Spieler nicht schreiend davon liefen. Trotz des furchterregenden Starts blieb die Elf Herr ihrer Sinne. Die Gäste standen dem malerischen Münchner Ballgekreisel anfangs zwar oft machtlos gegenüber, aber es gelang ihnen immerhin, die Grundlagen des Spiels zu aktivieren. Sie blieben konzentriert, und sie hatten einen guten Torwart dabei. Timo Horn, 21, ist wohl einfach zu jung, um die Dimensionen eines 115. Geburtstags zu begreifen; respektlos rettete er je zweimal gegen Arjen Robben und Robert Lewandowski.

Es kam nun die Zeit, in der die Bayern den Maschinenmodus etwas missverstanden. Zwar wurden nun mit professioneller Routine schöne Kombinationen angefertigt, aber die Bayern verloren dabei das Ziel aus den Augen. Es sah nun so aus, als veranstalteten die Münchner aus Anlass ihres Geburtstags ein anspruchsvolles Showtraining vor ausverkauftem Haus; es fehlten Zug und Tempo, und so erlaubten die Bayern den Kölnern, in ein Spiel zurückzufinden, in dem sie zuvor gar nicht drin waren. Kölns Anthony Ujah wagte sogar ein Kopfballtor nach einer Ecke (45.+1), das der Party plötzlich Spannung verlieh.

Dieser Ujah hätte am Ende sogar der Mann werden, der die Bayern in einen Krisenmodus versetzt. In der 58. Minute hatte er den Ausgleich auf dem Fuß, wie auch der eingewechselte Risse ein Minute später, aber nun: Die Bayern hatten halt auch einen Torwart dabei, diesen Manuel Neuer, der in künftigen Helden-Choreografien einen Stammplatz haben wird.

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"Manuel hat uns heute den Sieg gebracht", sagte Arjen Robben. Mit zwei meisterhaften Reflexen rettete Neuer den Bayern die Partie und die Party, ebenso wie die unverwüstlichen Robben und Ribéry, die schließlich die Entscheidung herauszauberten. Erst fand Ribérys Flanke Robbens kahlen Kopf, der das 3:1 besorgte (67.). Später zelebrierten die beiden einen jener Konter, mit denen man sonst eher den Bayern weh tun kann: Im Sauseschritt ging's durch Kölns Hälfte, und Lewandowski durfte den Ball am Ende mit der Brust zum 4:1 ins Tor lenken (75.

). Frage: Ist der FC Bayern jetzt also schon im Maschinenmodus? Vorläufige Antwort: Manuel Neuer, Franck Ribéry und Arjen Robben sind es auf jeden Fall.

© SZ vom 28.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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