Bayern-Niederlage in Augsburg:"Es ist nichts Schlimmes passiert"

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Überflieger Sascha Mölders (oben): Der Augsburger wird von Münchens Pierre Emile Hojbjerg unsanft gestoppt

(Foto: Christof Stache/AFP)

Bayern-Trainer Pep Guardiola schickt eine C-Elf nach Augsburg - und verliert. Die Bundesliga-Konkurrenz freut sich allerdings nicht darüber, dass die übermächtigen Münchner Kicker doch verwundbar sind, sondern schäumt.

Von Lisa Sonnabend, Augsburg

Bastian Schweinsteiger drosch den Ball ins Seitenaus, Jerome Boateng sprang von der Ersatzbank auf und Matthias Sammer schimpfte auf den vierten Offiziellen ein: Warum, zum Henker, gibt der Schiedsrichter lediglich drei Minuten Nachspielzeit? Das Spiel in Augsburg war völlig bedeutungslos, doch verlieren, das wollte der FC Bayern trotzdem auf keinen Fall.

Dann pfiff der Schiedsrichter ab. Die Augsburger Spieler hüpften im Kreis, als hätten sie eben die deutsche Meisterschaft gewonnen, die Zuschauer auf den Rängen nahmen sich in die Arme, schossen Erinnerungsfotos mit dem Handy. Dem kleinen FC Augsburg war tatsächlich gelungen, was 16 Bundesliga-Teams und der Verein selbst mehrfach versucht hatten: die Bayern zu schlagen.

1:0 (1:0) gewann das Team von Markus Weinzierl dank eines Treffers von Sascha Mölders in der 31. Minute. Der FC Augsburg bescherte dem FC Bayern somit die erste Niederlage nach 53 Spielen, die erste seit dem 28. Oktober 2012, als die Münchner 1:2 gegen Leverkusen untergingen. Was war passiert an diesem Samstagnachmittag?

Die Deutsche Meisterschaft ist längst entschieden, am Mittwoch jedoch steht das wichtige Rückspiel in der Champions League gegen Manchester United an, in dem Xherdan Shaqiri wegen eines Musekelfaserrisses im Oberschenkel fehlen wird. Schon vor der Partie gegen Augsburg hatte Guardiola deswegen verraten: "Wir werden ein bisschen bei der Aufstellung und beim Kader wechseln." Es überraschte dann allerdings, in welchem Ausmaß er dies tat. Phillip Lahm, Franck Ribéry und Arjen Robben standen nicht einmal im Kader. Gleich drei Fußballer tauchten in der Mannschaftsaufstellung auf, die in dieser Saison noch nie von Beginn an gespielt hatten: Mitchell Weiser, Pierre Emile Højbjerg und ein gewisser Ylli Sallahi, ein 20-jähriger Österreicher, der bislang stets für die zweite Mannschaft des FC Bayern in der Regionalliga aufgelaufen war und nun David Alaba als linken Verteidiger ersetzen sollte.

Die jungen Spieler erledigten ihre Aufgaben motiviert, doch so einige Pässe landeten vor den Füßen des Gegners, das Zusammenspiel mit den Erfahrenen klappte nicht immer, bei Zweikämpfen zeigten sie sich zu wenig resolut. Der selbstbewusst und mutig spielende FC Augsburg nutzte die Konstellation aus. Das entscheidende Tor fiel, nachdem Augsburgs Daniel Baier dem 19-jährigen Weiser den Ball viel zu leicht abluchsen konnte. Pep Guardiola nahm nach der Partie seine Startelf-Debütanten in Schutz: "Es wäre ein großer Fehler zu denken, wir hätten wegen der jungen Spieler verloren", sagte er.

Augsburger lassen sich ihre Freude nicht vermiesen

Die Niederlage ärgerte den Bayern-Trainer, das war ihm anzumerken, er deutete jedoch auch an, dass er das Ergebnis mit seiner radikalen Rotation einkalkuliert hatte und es ihn somit nicht allzu sehr überraschte. Auch die Spieler schien die Niederlage wenige Minuten nach Schlusspfiff kaum noch zu treffen. Thomas Müller schlenderte im roten Trainingsanzug aus der Kabine. Sonderlich erschöpft wirkte er nicht. "Die Priorität liegt derzeit ganz klar auf der Champions League", sagte er. Torwart Manuel Neuer befand: "Wenn wir verlieren, dann lieber in der Bundesliga." Und Toni Kroos wiegelte ab: "Es ist nichts Schlimmes passiert."

Der Mittelfeldstratege hat natürlich Recht, die Meisterschale nimmt den Bayern niemand mehr weg. Doch eines hat die Niederlage gezeigt: Der FC Bayern ist verwundbar - auch in der Bundesliga. Erleichtert darüber zeigten sich die Konkurrenten allerdings nicht, im Gegenteil. Armin Veh, Trainer von Eintracht Frankfurt, zeterte wegen der von Guardiola aufs Feld geschickten C-Elf: "Wenn man das gegen Mannschaften macht, die um die Europa-League-Plätze oder gegen den Abstieg spielen, und du schenkst nur ab, dann finde ich das nicht gut." Auch Schalkes Manager Horst Heldt kritisierte: "Das ist kein guter Stil, wenn man so agiert, dass es für andere Probleme geben könnte."

Zu Gute gehalten werden muss den Bayern: Nach der indiskutablen ersten Hälfte, drehten sie in der zweiten ein wenig auf. Alaba, Götze, Müller kamen aufs Feld und es gelang besser, den Gegner einzuschnüren. Doch ein Tor fiel nicht mehr. "Wir wollten die Niederlage verhindern", versicherte Müller. Denn eine Saison lang unbesiegt zu bleiben, wäre "ein schönes Zusatzstückchen gewesen". Augsburg ließ sich die Laune sowieso nicht vermiesen, noch lange nach Abfiff sangen die Fans im Stadion. Trainer Weinzierl bekam das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Er sagte: "Es ist ein Riesenhighlight gegen den Champions-League-Sieger, gegen den Triple-Sieger, gegen die beste Mannschaft der Welt zu gewinnen."

Auch wenn es sich nur um eine schlechte Kopie handelt? "Das schmälert unseren Sieg keineswegs", fand Weinzierl. "Hochtalentiert" seien beim FC Bayern schließlich alle, auch die jungen Nachwuchsfußballer. Ehe Thomas Müller das Augsburger Stadion verließ, sagte er noch: "Wenn wir am Mittwoch weiterkommen, haben wir alles richtig gemacht." Manchester United gewann am Samstag bei Newcastle United mit 4:0.

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