Bayern-Niederlage gegen Leverkusen:Vorbei ist es trotz Zahnfleisch-Elf noch lange nicht

Bayer 04 Leverkusen v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Erschöpft, aber unverletzt: Benatia (links) und Dante in Leverkusen

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Pep Guardiola erklärt die Bundesliga vorzeitig für beendet. Diesmal ist das keine Überheblichkeit, sondern Überlebensstrategie. Dem Bayern-Trainer bleibt keine andere Wahl, um das Champions-League-Halbfinale gegen Barcelona vielleicht doch zu überstehen.

Ein Kommentar von Claudio Catuogno

"Die Bundesliga ist vorbei - wir haben schon gewonnen." Hat Pep Guardiola diesen Satz wirklich in dieser Woche gesagt? Oder haben da die Fernsehsender die alten Bilder und Zitate von vor einem Jahr einfach noch mal gesendet? Jene Bilder und Zitate, die doch Guardiola selbst im Nachhinein als großen, großen Fehler bezeichnet hat?

Nein, es waren tatsächlich wieder diese Worte, der Spanier sagte sie am Freitag in der Pressekonferenz vor dem (Bundesliga-)Spiel der Bayern in Leverkusen: Die Bundesliga ist vorbei.

Vor einem Jahr war die Wirkung des Vorbei-Satzes fatal

Im vergangenen Frühjahr war der zeitige Gewinn der Meisterschaft - und mehr noch der damit einhergehende Spannungsabfall im Ligaalltag - im Klub als eine der Ursachen ausgemacht worden dafür, dass es dann auch in der Champions League nicht mehr besonders gut geklappt hat. Auch von Guardiola selbst. "Die Bundesliga ist vorbei", der Satz war damals, am 29. Spieltag, natürlich auch als Überheblichkeit rübergekommen - aber die Frage der Wirkung nach außen ist ja nicht das, was die Mia-san-mia-Bayern in erster Linie interessiert. Das Problem war die Wirkung nach innen. Allerdings ist die Lage der Bayern im Frühjahr 2015 nicht mit jener vor einem Jahr zu vergleichen. Überheblichkeit ist gerade wirklich nicht ihr Problem. "Die Bundesliga ist vorbei" - diesmal ist dieses Credo fast schon eine Überlebensstrategie.

Neuer, Weiser, van Buyten, Martínez, Sallahi, Schweinsteiger, Kroos, Shaqiri, Pizarro, Höjbjerg, Mandzukic. Das war jene Elf, mit der die Münchner am 5. April 2014, gerade der früheste Meister der Liga-Geschichte geworden, in Augsburg antraten. Freiwillig. Das Spiel ging 0:1 verloren, das anschließende gegen Dortmund 0:3 - und nach dem 0:4 gegen Real Madrid wäre man im Nachhinein wohl lieber ein bisschen im Rhythmus geblieben, anstatt die Bundesliga für "vorbei" zu erklären. Aber diesmal? Hat Mitchell Weiser fast schon den Rang eines unverzichtbaren Routiniers. Und wären die im Winter abgegebenen Shaqiri (Inter Mailand) und Höjbjerg (FC Augsburg) beim 0:2 in Leverkusen am Samstagabend vermutlich willkommene Verstärkungen gewesen. Denn: Wer bitte sind Rico Strieder und Lukas Görtler?

Córdoba ist nicht Leverkusen

Freiwillig wirft Pep Guardiola solche Spieler aus der zweiten Mannschaft der Münchner sicher nicht ins kalte Wasser, schon gar nicht gegen den Champions-League-Anwärter Leverkusen. Aber er hat halt keine Wahl. Und so war es aus Bayern-Sicht noch die beste Nachricht vor dem Halbfinal-Hinspiel der Champions League am Mittwoch beim FC Barcelona, dass sich kein weiterer Akteur mehr verletzt hat. Keine gerissenen Muskeln, keine Kieferbrüche. Doch auch so werden die Bayern bloß mit einer Zahnfleisch-Elf im Camp Nou antreten können.

Man kann Pep Guardiola den "Vorbei"-Satz diesmal also getrost nachsehen. Aber festzuhalten bleibt natürlich trotzdem, dass die Liga gerade an wirklich allen Standorten wirklich alles andere als vorbei ist.

Das kann man an den erstaunlichen Stuttgartern sehen, die als Tabellenletzter plötzlich ihre Gegner dominieren - und die jede weitere unglückliche Niederlage wieder wegstecken. Oder daran, wie die schon abgeschriebenen Paderborner sich wieder heran gekämpft haben. Wie die Hannoveraner nach einer furchterregenden Talfahrt nun sogar gegen Wolfsburg einen Punkt mitnehmen. Und so weiter. Es gibt den Dreikampf um die Champions League, den Fünfkampf um die Europa League, es gibt den engsten Abstiegskampf seit Ewigkeiten. Die Liga wird diesmal erst am 34. Spieltag vorbei sein, womöglich erst in der letzten Minute der Nachspielzeit. Das macht sie gerade so reizvoll.

Und auch die Primera División ist übrigens noch nicht vorbei. Der FC Barcelona trat am Samstag in Cordoba an. Und hier nun die Torschützen in chronologischer Reihenfolge: Rakitic (42.), Suarez (45.), Messi (53.), Suarez (53.), Piqué (65.), Messi (80.), Neymar (85., Elfmeter), Suarez (88.). Schnell zusammengerechnet: 8:0!

Nun ist der FC Cordoba nicht Bayer Leverkusen, sondern abgeschlagener Tabellenletzter ("vorbei"). Da gibt es manchmal Gründe, sich sehr explizit nicht mehr anzustrengen. Und der FC Barcelona ist noch nicht Meister. Die Ausgangslagen der beiden europäischen Großklubs sind also ganz andere, in vielerlei Hinsicht. Trotzdem stehen da jetzt erst mal diese beiden Resultate hinter den beiden Generalproben: Barça 8:0. Bayern 0:2.

Aber vorbei ist es erst, wenn es vorbei ist.

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