Bayern-Niederlage bei Arsenal:"Wir sind in big trouble"

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Selbst Robert Lewandowski blieb in London torlos. (Foto: AP)
  • Der FC Bayern verliert 0:2 beim FC Arsenal, Manuel Neuer macht dabei einen folgenschweren Fehler.
  • Das Grundproblem der Bayern in diesem Spiel aber ist nicht der Torwart, sondern die mangelnde Durchschlagskraft.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen und Tabellen in der Champions League.

Von Jonas Beckenkamp, London

Liebhaber von Parkhäusern sollten sich den Trip ins Londoner Emirates-Stadion nicht entgehen lassen, es erwartet sie dort der Charme kühler Funktionalität. Bei Schummerlicht und Autoabgasen vernebelt es einem in den Katakomben der Arena zwar leicht die Sinne, dafür entschädigt die Akkuratesse der Beschilderung. "Players" und "Officials" steht über dem Ausgang aus der Spielerkabine geschrieben - die Engländer nehmen sowas sehr genau. Manuel Neuer nicht. Er schlenderte auf der falschen Seite aus dem Gängegewirr, das war bei aller Luftverpestung klar zu erkennen.

Neuer ist unter den Bayern-Profis der unerschrockenste, ihm wäre sogar zuzutrauen, durch einen Durchgang zu latschen, der mit "nur für Royals" überschrieben ist. Aber so weit kam es nach dem 0:2 (0:0) des Deutschen Meisters beim FC Arsenal zum Glück nicht.

Dieser verflixte Champions-League-Abend hatte ja schon genug Kuriositäten hervorgebracht - vor allem Unerhörtes: eine Niederlage des eigentlich unschlagbaren FC Bayern. Die erste nach zwölf Erfolgen hintereinander. Eine Niederlage, die Neuer mit zu verantworten hatte, weil er so daneben gegriffen hatte, wie es sonst nur britische Torsteher tun.

"Ich muss beim 0:1 einfach auf der Linie bleiben"

"Ich muss beim 0:1 einfach auf der Linie bleiben, dann passiert das nicht", räumte der Nationaltorwart ein, als er den Reportern im Parkhaus-Ambiente ein wenig Gesellschaft leistete. So ein Lapsus wie bei Olivier Girouds Daddeltor zum 1:0 (74. Minute) passiert einem sonst Unüberwindbaren wie Neuer höchstens alle paar Jahre - und meistens heißt der Gegner dann nicht Arsenal, sondern Mönchengladbach. Meistens geht es dann auch nicht um allzu viel, aber diesmal habe er "durch meinen Fehler diese unnötige Niederlage eingeleitet", so der 29-Jährige.

Er war an einer Flanke fangbereit vorbeigesprungen, weil ihn Kollege Thomas Müller und ein Knäuel aus Arsenal-Spielern schlicht der Sicht beraubt hatten. Ironischerweise hatte derselbe Neuer seine Mannschaft zuvor mit zwei Weltparaden gegen Mesut Özil und Theo Walcott in dieser Partie gehalten. Und um die pointenreiche Darbietung zu komplettieren, befand er sich auch bei Özils Treffer zum 2:0 (93.) im Mittelpunkt. Wieder hatte Neuer ein unmögliches Ding gehalten - nur halt hinter der Linie. Vorwürfe musste sich der Keeper deshalb keine anhören, das wäre auch vermessen gewesen.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Neuer ist halb Raubkatze, halb Mensch

Manuel Neuer zeigt gegen Arsenal erst animalische Reflexe, dann patzt er. Xabi Alonso sammelt Ballkontakte wie Bonusmarken und Arturo Vidal scheitert am Timing. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Jonas Beckenkamp, London

Vereinsboss Karl-Heinz Rummenigge meinte voller Milde, dass "sowas passieren kann", Trainer Pep Guardiola stellte klar: "Wir haben nicht wegen Manu verloren." Diese Einsicht führte zum eigentlichen Problem dieser ereignisreichen Londoner Nacht, denn es lag tatsächlich nicht an Neuer.

Es lag vielmehr daran, dass die Bayern trotz erdrückender Dominanz, trotz 69 Prozent Ballbesitz und trotz zahlreicher Gelegenheiten aus der "Großchancen"-Güteklasse keinen Treffer zustande brachten. Guardiola wagte in seiner Analyse sogar einen Diskurs ins Metaphysische, als er sagte: "Mal schießt du ein Tor, mal nicht, so wie heute - das ist das Mysteriöse am Fußball."

Versucht hatten sie es ja: Phasenweise drängelten die Münchner durchaus Richtung Tor, sie kombinierten mit Pfiff, ein bisschen Tiki hier, ein wenig Taka da, dazu schöne Schnixereien von Douglas Costa, die im Stadion englisches "Uih" und "Ooh" erzeugten. Thiago, Arturo Vidal, Müller, Robert Lewandowski - sie alle erspielten sich Chancen. Doch rein wollte keiner ihrer Versuche. Und so blieb als Erkenntnis nur jene frustrierende, die man eigentlich längst beseitigt haben wollte: Dieser hochveranlagten Elf mangelt es in Ermangelung ihrer verletzten Nussknacker Franck Ribéry, Arjen Robben und Mario Götze an Brachial-Lösungen in der Offensive.

0:2-Niederlage gegen Arsenal
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Der FC Bayern passt und passt und passt - schießt aber kein Tor und verliert 0:2 beim FC Arsenal. Den entscheidenden Fehler begeht einer, der anfangs noch geglänzt hatte: Torwart Manuel Neuer.

Guardiola schlägt Alarm

Offensichtlich wurde das bereits beim 2:1 gegen Augsburg sowie zuletzt beim unglamourösen 1:0 in Bremen. "Wir haben genügend Chancen gehabt, haben gut gespielt, aber das Tor nicht getroffen", meinte Neuer. Thomas Müller haderte damit, dass man "ohne Tore immer dumm da steht" und überhaupt fühle sich "so eine Niederlage komisch an, denn wir haben schon lang nicht mehr verloren."

Das waren aber nur kleine Alarmsignale im Vergleich zu dem, was Guardiola aus dieser Begegnung herauslas: "Wir sind wegen der vielen Verletzungen in 'big trouble'." Nicht zum ersten Mal klagte der Katalane so deutlich über die aktuelle Schwächephase seiner Mannschaft.

Dem Coach sind die Wumms-Defizite trotz der neuen Dribbelfraktion um Kingsley Coman und Costa nicht entgangen - er weiß, dass vor allem Robbens Torgier auf Topniveau unersetzlich ist. Aber dieser Robben muss nach wochenlanger Wartezeit auch erst wieder in Form kommen. Ganz zu schweigen von der mittlerweile achtmonatigen Pause Ribérys. So blieb am Ende nur eine Schlussfolgerung: Dieser Ausflug in den Norden Londons hatte sich höchstens für Fans von grauen, stickigen Parkhäusern gelohnt.

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