Bayern München:In Puderzuckerwatte

Die Spieler und der Trainer, die Liga und Herr Löw: Der FC Bayern kehrt angriffslustig aus Dubai heim.

Andreas Burkert

Oliver Kahn hat beim Trainingslager des FC Bayern in Dubai eine recht ruhige Woche hinter sich gebracht. Natürlich ist sein 37 Jahre alter Körper wieder enormen Anstrengungen unterworfen gewesen bei den Einheiten mit den Torwarttrainern Sepp Maier und Bernd Dreher, doch zwischendurch fand Kahn die Muße, mit Uli Hoeneß die Termine fürs Golfspielen abzustimmen; mehrmals sah man ihn abends bei Flutlicht im Creek Club am Hafen abschlagen.

Doch um den Kapitän macht sich Hoeneß zwei Wochen vor dem Rückrundenstart ohnehin die wenigsten Sorgen, denn der hat unter der Woche mit einem einzigen prägnanten Satz das ausgesprochen, was den Manager derzeit umtreibt. ,,Die WM ist Geschichte, von der Erinnerung können wir uns nichts kaufen'', hatte Kahn gesagt und schließlich per Dekret erlassen: ,,Die WM ist jetzt endgültig vorbei.''

Viel besser hätte es auch Hoeneß nicht formulieren können, der sich in Dubai neben der Kommentierung der täglichen Transferpersonalie (der Iraner Ali Karimi trat gestern überraschend doch die Heimreise mit den Bayern an) vor allem der Abkehr von einem Sommernachtstraum widmete. Er selbst hat sich im Juni durchaus gut unterhalten gefühlt beim WM-Fernsehen im SüdfrankreichUrlaub, doch nach halbjähriger Karenzzeit fordert er jetzt die Rückkehr ins Alltagsleben.

Besonders die beiden Frechdachse Poldi & Schweini hat Hoeneß regelmäßig mit Tadeln bedacht; von Lukas Podolski forderte er ebenso eine professionellere Einstellung (,,muss mehr arbeiten'') wie von Bastian Schweinsteiger; dem bescheinigte er in einem abschließenden Wort zum Sonntag via BamS, er habe ,,zu viel Puderzucker in den Hintern geblasen'' bekommen. ,,Und den klopfe ich nun wieder raus.''

Bei ihrem Ansinnen, den begabten Nachwuchs zu disziplinieren, ist den Münchnern allerdings ein nicht ganz unbedeutender Fußballpädagoge in die Quere gekommen: Bundestrainer Joachim Löw. Dieser hatte, am Tag nach dem blamablen 1:1 der Nationalelf auf Zypern, die Zukunft seiner Mannschaft rosafarben bis gülden skizziert - im Zusammenhang mit Podolski, Schweinsteiger und Philipp Lahm sprach Löw von ,,einer Goldenen Generation''.

Hoeneß sieht sein Erziehungsprogramm dadurch offenbar torpediert, jedenfalls mahnte er Löw zur kritischen Reflexion: Man dürfe ,,die Spieler nicht nur in Watte packen'' - quasi in Puderzuckerwatte -, ,,sonst kommt bald die Ernüchterung''. Löw sah sich gleich zu einer Stellungnahme bemüßigt. Kritik sei sehr wohl Teil seiner Arbeit, sagte Löw, ,,wir machen diesen Spielern ganz klar, was wir von ihnen erwarten''.

Noch ist nicht ganz klar, ob die Bayern allein aus egoistischen Gründen die Winterpause zur verbale Offensive nutzen. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge deutete dieser Tage auch an, unter den Klubs herrsche ,,Einigkeit'', dass der DFB und das Nationalteam im Gegenzug für die Rücksichtnahme vor der WM nun ihrerseits zurückstecken müssten.

Magath in der Pflicht

Im Falle von Hoeneß darf man davon ausgehen, dass ihm vor allem der Verein am Herzen liegt. Lange genug haben die Münchner ihrer Meinung nach unter den Nachwirkungen der WM gelitten, welche den Profis als Werbefiguren und Sportler alle Kräfte geraubt habe. Im Dienste der nationalen Sache haben sie dennoch still gehalten, obwohl ihnen viele Dinge unter Löws Vorgänger Jürgen Klinsmann nicht zusagten. Dass sie wegen der WM-Strapazen die eigenen Ansprüche reduzierten, haben die Bayern also nur bis Dubai mit ihrem Ego vereinbaren können. Die Karenzzeit endet am Golf

Damit steht auch Trainer Felix Magath in der Pflicht. Keinesfalls darf er - wie eigentlich zugesagt - dem Gewinn zweier Doubles eine glanzlose Saison folgen lassen (zumal am Wochenende auch wieder die lange verletzten Mittelfeldspieler Scholl und Hargreaves ins Training einstiegen) . Auf die Zusage einer definitiven Erfüllung von Magaths Vertrag (bis 2008) hat sich Hoeneß in Dubai nicht einlassen wollen.

Der Klub will im Sommer sein Fazit zwar nicht unbedingt von der Titelverteidigung oder vom Ausgang des Duells in der Champions League mit Real Madrid abhängig machen - aber Hoeneß fordert in jedem Fall eine spielerische Weiterentwicklung, ebenso eine Verbesserung des Verhältnisses des Trainers zum Personal und generell die Perspektive, künftig wieder die Ansprüche eines Rekordmeisters stellen zu können. Die Dimensionen des Selbstwerts hat Hoeneß selbst klar entworfen, indem er die Bremer Rivalen beim Wettbieten um Nationalspieler Schlaudraff mit Vergnügen überbot und generell ,,aggressives Verhalten'' gegenüber Marktkonkurrenten in Aussicht stellte.

Es müsse ,,schon mit dem Teufel zugehen, wenn wir in der Rückrunde nicht viel besser spielen würden als in der Hinrunde'', hat Hoeneß in Dubai noch gesagt und dann allen ein wenig Angst gemacht, als er sagte: ,,Ich habe mich diese Woche amüsiert und gut erholt, obwohl ich wenig geschlafen habe.''

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