Bayern-Pleite gegen Dortmund:Wie beim Gaudi-Kick im Sommer

FC Bayern München - Borussia Dortmund

Dortmund jubelt, Bayern - hier Rafinha - schaut zu.

(Foto: dpa)

Der FC Bayern tritt in Bestbesetzung an, trotzdem zerlegt der BVB Guardiolas Elf mit 3:0. Es zeigt sich, dass die Münchner derzeit nicht mehr so viel Energie mitbringen wie noch vor einigen Wochen - die Dortmunder freuen sich über leichtes Spiel.

Von Lisa Sonnabend

Dante ging auf Marco Reus zu und umarmte ihn, Philipp Lahm plauderte im Spielertunnel fröhlich mit Mats Hummels und auf der Tribüne begrüßten sich Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge und BVB-Chef Hans-Joachim Watzke nach den giftigen Worten der vergangenen Tage mit Handschlag. Das pikanteste Duell der Bundesliga stand am Samstagabend an, doch der FC Bayern und Borussia Dortmund benahmen sich vor Anpfiff, als handle sich um ein Freundschaftsspiel. Auch auf dem Platz gingen die Münchner es gemütlich an, der BVB dagegen drehte mächtig auf - und gewann mit 3:0 (1:0).

"Wir haben das gegen Ball heute sehr gut gemacht, da waren wir sehr frech, sehr konsequent", sagte BVB-Trainer Jürgen Klopp nach dem Spiel. Pep Guardiola befand: "In der ersten Halbzeit haben wir nicht zu unserem Spiel gefunden. In der zweiten Halbzeit sind wir etwas abgefallen."

Das deutliche Ergebnis überraschte, die starke Leistung der Dortmunder durchaus auch. Denn der Zeitpunkt für das Duell war alles andere als ideal. Der BVB kämpft mit Schalke zwar noch um den zweiten Platz in der Bundesliga-Tabelle, viel wichtiger ist für Klopps Team allerdings am Dienstag der Einzug ins Pokal-Finale. Die Bayern wiederum sind bereits seit einer gefühlten Dekade Meister, auch sie erwarten in der kommenden Woche ein Pokal-Spiel und nach Ostern das Halbfinale in der Champions League. Allerdings gab es etwas, das die Münchner an diesem Samstag eigentlich unbedingt vermeiden wollten: die zweite Bundesliga-Niederlage hintereinander. Es misslang gehörig.

Trainer Pep Guardiola schickte seine derzeit wohl beste Elf auf den Platz. Statt Ylli Sallahi, Mitchell Weiser und Pierre Emile Højbjerg standen diesmal wieder Philipp Lahm, Arjen Robben und Franck Ribéry in der Startformation. Nur Jérôme Boateng, Toni Kroos und Thomas Müller pausierten. Bei Dortmund fehlte zunächst - wie erwartet - der Fast-Münchner Robert Lewandowski. Der schnelle Pierre-Emerick Aubameyang übernahm seinen Platz ganz vorne.

Borussia Dortmund attackierte die Bayern früh. Die Folge: Die Münchner passten in der eigenen Hälfte hin und her, doch in den gegnerischen Strafraum gelangten sie nur selten. Einen zarten Freistoß von Marco Reus fing Manuel Neuer, als wäre es ein Brautstrauß. Wenig später durfte David Alaba einen Freistoß treten, der sauste - allerdings über das Gehäuse hinweg. Genauso freundlich wie im Spielertunnel ging es zunächst auf dem Platz zu, nur geherzt und geplaudert wurde nicht mehr.

Bis zur 20. Minute, als Jonas Hofmann einen Einwurf geschickt nutzte. Der 21-Jährige schleuderte den Ball in den Sechzehner, als habe er Privatunterricht bei Diskuswerfer Robert Harting genommen. Aubameyang war zur Stelle, leitete an Reus weiter. Der wiederum erkannte, dass es besser war, nicht selbst abzuziehen, sondern den Ball zu Henrikh Mkhitaryan zu schubsen. Rafinha kam zu spät, Javier Martínez warf sich ins Leere. Der Ball war drin. Ausgerechnet Mkhitaryan, der gegen Real Madrid noch drei 100-Prozent-Chancen vergeigt hatte.

Raeder kommt für Neuer

Nach dem Gegentreffer durch Manchesters Evra hatten die Münchner unter der Woche 69 Sekunden benötigt, um den Ausgleich zu erzielen. Gegen den BVB unternahmen sie nichts. Der Deutsche Meister spielte weiter, als handle es sich um einen Gaudi-Kick gegen den Fanklub Wildenau. Der BVB dagegen machte Druck. Mal fing Erik Durm einen Pass von Alaba ab, mal klaute Nuri Sahin sich den Ball, mal schoss Dante von alleine ins Aus. Mit den taktisch clever attackierenden Dortmundern kamen die Münchner einfach nicht zurecht.

Erst in der 43. Minute sahen die Zuschauer in der Fröttmaninger Arena einmal eine Bayern-Chance. Rafinha flankte in den Strafraum, Mario Mandzukic drosch aufs Tor, allerdings direkt in die Arme von Roman Weidenfeller.

Die Frage lautete nun: Auf wie vielen Positionen würde Guardiola nach der Pause umstellen? Die Antwort: Es gab nur einen Wechsel, allerdings keinen taktischen, sondern einen erzwungenen. Manuel Neuer konnte wegen Wadenproblemen nicht weiterspielen, der 20-jährige Lukas Raeder kam zu seinem allerersten Einsatz in der Bundesliga.

Es dauerte weniger als vier Minuten, bis Raeder sein erstes Gegentor bekam. Nach einem Konter rannte und rannte der entfesselte Mkhitaryan, kein Bayern-Spieler hielt mit. Dann stoppte der Armenier, passte zu Aubameyang, der verlängerte in den Lauf von Reus. Der 24-Jährige streichelte den Ball im Fallen ins linke Eck.

In der 56. Minute flog dann ein langer Ball auf Jonas Hofmann zu. Rafinha beobachtete, wie der Gegenspieler davonlief, beschleunigte allerdings nicht. In aller Ruhe suchte Hofmann sich eine Ecke aus. Er entschied sich für die linke, schon der zweite Gegentreffer für den bemitleidenswerten Raeder.

Guardiola reagierte: Ribéry und Robben gingen, Thomas Müller und Toni Kroos kamen. Klopp brachte dafür Lewandowski für Hofmann und Manuel Friedrich für Mats Hummels. Die Einwechslungen hatten immerhin den Erfolg, dass der BVB ein wenig verwirrt wirkte und der FC Bayern etwas druckvoller agieren konnte. Erst schlängelte sich Götze an vier ehemaligen Teamkollegen vorbei, Mandzukic traf jedoch nur das Außennetz (71.). Bastian Schweinsteiger knallte den Ball dann an vier Dortmundern, allerdings auch wenige Zentimer am rechten Torpfosten vorbei (72.). Dann musste auch noch Sahin auf der Linie klären (73.). In der 83. Minute köpfelte Mandzukic nach einem Kroos-Freistoß ins Tor - doch der Kroate stand knapp im Abseits.

In der Nachspielzeit war es dann endgültig kein Freundschaftsspiel mehr. Rafinha krallte sich in Mkhitaryans Gesicht fest. Der Schiedsrichter zeigte Rot. Es passte irgendwie zu diesem missratenen Bayern-Abend.

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