Bayern-Erfolg auf Schalke:Einfach mal dreckig gewonnen

FC Schalke 04 - Bayern München

Jubel über das 1:0: David Alaba vom FC Bayern.

(Foto: dpa)
  • Der FC Bayern zeigt beim 3:1 auf Schalke, dass die Mannschaft auch ohne Glanz locker jeden Gegner überwinden kann.
  • Die Tore erzielen David Alaba, Javi Martinez und Thomas Müller - für Schalke trifft Max Meyer.
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Von Jonas Beckenkamp

Mit dem Fußballspielen ist es in diesen Tagen der politischen Unruhe ja gar nicht so einfach, aber Pep Guardiola hat natürlich auch diese Schwierigkeit gemeistert. Die Expertise des Bayern-Trainers reicht bekanntlich über das Taktikbrett hinaus, ein wenig Menschenkenntnis und psychologisches Gespür helfen dem Katalanen seit jeher bei der Ausübung seines Berufes. Wie also sollten seine Nationalspieler das Erlebte aus dem Terrorort Paris und aus Hannover verarbeiten? Am besten mit demonstrativer Rückbesinnung auf die Normalität, so der Coach. Es hilft ja nichts, Lebbe geht schließlich weiter.

Guardiolas Version des alten Aphorismus von Dragoslav Stepanović klang unter der Woche so: "Wir müssen unser Leben weiterleben, we cannot stop." Aufhören ist für Pep, den Psychologen, keine Option, weshalb er auf die Nervenkraft seines Personals baute. Kicken als Therapie sozusagen - eine Heilmethode, die nach einigen Schwierigkeiten doch noch anschlug. Beim 3:1 (1:1) auf Schalke zeigte der FC Bayern eine passende Reaktion auf die Seelenbelastungen in den vergangenen Tagen. Die Mannschaft besann sich auf das, was sie am besten kann: Erfolgreich Fußball spielen, Haltung bewahren und Tore schießen.

"Die Fünferkette ist offenbar gegen uns in Mode gekommen"

Dies bewerkstelligten diesmal David Alaba (9. Minute), Javi Martinez (69.) und Thomas Müller (93.). Schalkes Ausgleichstor hatte zwischenzeitlich Max Meyer (17.) besorgt. Die Bayern hatten keineswegs so dominiert wie sonst. Sie brauchten eine ganze Weile, um den Beton der Schalker Defensive weich zu klopfen - aber der Deutsche Meister kann eben auch das: Unter komplizierten Umständen einfach mal dreckig gewinnen. "Es war wichtig, endlich wieder normal Fußball zu spielen", sagte Müller, der froh darüber wirkte, einfach über das Spiel und die Schalker Defensivtaktik zu sprechen.

"Die Gegner machen es uns nicht leicht. Die Fünferkette ist offenbar gegen uns in Mode gekommen. Ich weiß nicht, ob das für den Zuschauer so schön ist, aber die Gegner versuchen halt alles", sagte Müller bei Sky. "Aber wir haben es ordentlich gemacht." Ähnlich sah es auch Guardiola, der "Komplimente an die Mannschaft" verteilte und einräumte, man habe sich "schwer getan gegen die Fünferabwehr der Schalker". Dass ausgerechnet Abwehrmann Martinez das entscheidende 2:1 gelang, wunderte den Katalanen selbst. "Es ist komisch, dass Javi als Verteidiger da vorne auftaucht, aber wenn es so läuft, ist das natürlich kein Problem."

Wen von seinen gestählten Profis Guardiola aufstellt, ist inzwischen ja eher zweitrangig - und so fiel auch der Ausfall seines Lieblings Thiago (Kapselverletzung im Knie) kaum ins Gewicht. Kein Thiago, kein Götze, immer noch kein Ribéry und diesmal auch kein Boateng (leicht angeschlagen, für ihn durfte Medhi Benatia ran). Ja mei, dann spielen halt wieder Arturo Vidal und Xabi Alonso, deren Kunstpausen die Kollegen zumindest so kaschierten, dass es nicht groß auffiel. So einfach ist das in dieser Saison bei den Münchnern, deren Vorsprung auf den BVB in der Tabelle nun auf acht Punkte angewachsen ist.

Schon nach neun Minuten ist der Riegel erstmals geknackt

Um es den Bayern zumindest ein bisschen schwer zu machen, versuchten es die Schalker mit traditionellen Mitteln: Eine Fünferkette sollte hinten für Stabilität sorgen, davor reihte sich weiteres Personal auf, dessen Kernkompetenz im Zerstören liegt (Goretzka, Höjbjerg). Neun Minuten lang hielt dieser Riegel, dann kullerte der Ball nach einer Ecke vor die Füße von Alaba. Der Österreicher ließ einen Linksschuss los, der von Goretzka so unglücklich abgefälscht wurde, dass er sich in hohem Bogen ins Tor senkte. Die Führung der Bayern spiegelte schon früh ihre Dominanz wider und es offenbarte sich das gewohnte Bild: Drückende Münchner bearbeiten einen eingeigelten Gegner.

Ballbesitz Richtung 130 Prozent

Eine Chance von Robert Lewandowski war gerade verpufft, da erhielt das Spiel eine kuriose Wendung: Schalkes Neu-Nationalspieler Leroy Sané räumte im Mittelfeld gleich drei Münchner aus dem Weg und schon ging alles ganz schnell. Ein Haken, ein Sprint, der Ball gelangte zu Meyer und der umkurvte Philipp Lahm wie ein Hütchen beim Dribbeltraining - ehe der Gelsenkirchener Stürmer Manuel Neuer mit einem nicht ganz unhaltbaren Schuss überwand (17.). "Ein unangenehmer Ball, aber trotzdem muss ich ihn halten", wie Neuer hinterher meinte. Dass es nun 1:1 stand, konnten die wenigsten glauben. Am allerwenigsten jene Anwesenden, die es mit dem FC Bayern hielten. Obwohl sich der Münchner Ballbesitz in Richtung 130 Prozent orientierte, entwickelte sich ein interessantes, weil offenes Spiel.

Und am Ende trifft wieder Müller

Die Bayern versuchten zu kombinieren, Schalke verfolgte mit Biss den Plan des ständigen Lauerns - und so arbeiteten sich beide Teams auf ansprechendem Niveau aneinander ab. Eine erneute Münchner Gala blieb auch deshalb aus, weil Guardiolas Männer selten ins Laufen kamen. Ihnen fehlte dafür schlicht der Raum. S04-Trainer André Breitenreiter hatte seine Elf so eingestellt, dass sie jeden Fleck des Platzes vielbeinig beackerte - selbst Stürmer Klaas-Jan Huntelaar wagte sich selten weiter nach vorne als bis zum Mittelkreis. Der Schalker Riegel hielt und das nervte die Bayern zunehmend. An anderen, normaleren, Tagen hätte der Meister so einen Gegner irgendwann mit dem Filetiermesser seziert, aber es sind eben doch besondere Umstände.

Das fehlende Personal in der Offensive, die Begleiterscheinungen durch zwei aufwühlende Länderspiel-Erfahrungen unter der Woche - das schien das Team so sehr zu lähmen, das der Vortrag arg an das 0:0 bei Eintracht Frankfurt vor drei Wochen erinnerte. Dann kam die 68. Minute und plötzlich war doch wieder alles wie immer: Über rechts flankte Arjen Robben, in der Mitte schauten Joel Matip und Benedikt Höwedes nur zu und aus dem Nichts segelte Aushilfs-Mittelstürmer Martínez heran. Sein Kopfball saß, es stand 2:1 (69.).

Die Bayern steuerten doch auf den Sieg zu. Und das in einem Spiel, das lange Zeit so gar nicht nach ihrem Gusto verlaufen war. Immerhin hatten sie es geschafft, Schalke müde zu spielen und so mussten sie auch nicht befürchten, dass sich das Heimteam noch einmal aufbäumte. Als Müller mit einem furztrockenen Linksschuss noch das 3:1 (93.) erzielte, materialisierte sich die Einsicht: Diese Bayern können es auf jede erdenkliche Weise - auch auf die weniger glanzvolle. "Es war unter diesen Bedingungen hier nicht einfach", fasste Neuer zusammen, "aber wir sind froh über den Sieg."

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