Bayern-Boss Uli Hoeneß:"40 Millionen dürfen nie zur Norm werden"

Immer noch dort, wo es wichtig ist: Uli Hoeneß prägt nach wie vor die Politik beim FC Bayern. Der Präsident hat einen Nachfolger für Karl Hopfner gefunden, den Martínez-Rekordtransfer mitgestaltet - und sogar Christian Nerlinger will mal wieder mit ihm essen gehen.

Claudio Catuogno

Anfang der Woche hat sich Christian Nerlinger mal wieder beim FC Bayern gemeldet. Uli Hoeneß hat das gefreut. Drei Monate ist es jetzt her, dass sich der Klub-Präsident Hoeneß und sein Nachfolger als Bayern-Manager "in einem Vieraugengespräch darauf verständigt haben, dass wir auseinander gehen", wie Hoeneß die Trennung rückblickend beschreibt.

FC Bayern Basketball - Press Conference

Der Gestalter beim FC Bayern: Vereinspräsident Uli Hoeneß.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Im Juli zauberten die Bayern dann Matthias Sammer als neuen Sport-Vorstand aus dem Hut - seither war Nerlinger abgetaucht. Doch am Montagmorgen hat Hoeneß von Nerlingers Sekretärin, die weiter für den Verein arbeitet, ausgerichtet bekommen, "der Christian" sei "jetzt wieder in der Lage, mit mir zu reden, er würde gerne mal mit mir essen gehen".

Hoeneß lächelt zufrieden. Er nimmt die Kontaktaufnahme als Beleg dafür, dass er auch diese "brutale Entscheidung" auf Uli-Hoeneß-Weise moderiert hat: so, dass man sich privat weiter in die Augen blicken kann. Selbst wenn man sich beruflich getrennt hat - nicht so sehr wegen der zwei titellosen Jahre 2011 und 2012. Sondern weil Uli Hoeneß irgendwann "das Gefühl hatte, dass der Christian das nicht schafft".

Hoeneß hat die Nerlinger-Episode am Montag in der Sendung Forum Manager erzählt, einer Gesprächsreihe von Phoenix und Süddeutscher Zeitung, die diesen Sonntag (13 Uhr, Phoenix) ausgestrahlt wird. Er hat in der Sendung auch viel über seine Wurstfabrik geredet, es ging um ihn als Unternehmer. Aber der FC Bayern und der Unternehmer Hoeneß, das ist eben nicht zu trennen. Offiziell mag Hoeneß nur noch Präsident und Aufsichtsrats-Vorsitzender im Ehrenamt sein. Tatsächlich ist er bis heute das Kraftzentrum des Vereins.

Ein weiteres Beispiel? Demnächst geht Karl Hopfner in Rente, seit 30 Jahren Finanzvorstand bei den Bayern, der Herrscher über die Zahlen. Wer übernahm das Casting für Hopfners Nachfolger? Hoeneß. Er hat ihn sogar schon gefunden. "Das ist festgelegt", verkündete Hoeneß, "wir werden die Personalie in den nächsten sechs bis acht Wochen bekannt geben." Hoeneß hat für die Akquise "keinen Headhunter eingeschaltet". Sondern seinen Kopf, und, wie man annehmen muss, auch seinen Bauch: "Weil ich wusste, dass Karl irgendwann aufhört, habe ich mir seit drei, vier Jahren die Welt angeschaut, ich habe nach links und rechts geschaut, und immer habe ich überlegt: Der vielleicht? Oder der?"

Namen sind Hoeneß nicht zu entlocken. Aber ein Job-Profil: "Wir brauchen keinen Fußballer, wir brauchen einen Finanzexperten, der den Fußball liebt. Keinen, der von Morgan Stanley kommt und am Montag fragt: Wie haben wir am Wochenende gespielt? Er muss aber auch nicht mit Matthias Sammer besprechen, warum dieser oder jener Spieler den Ball nicht mit dem Außenspann in den Winkel gehauen hat." Seine eigene Nachfolge-Regelung war Hoeneß zunächst misslungen; gerade läuft mit Sammer der zweite Versuch.

40 Millionen weniger

Bei der Hopfner-Nachfolge würde es hingegen verwundern, sollte sich Hoeneß erneut vertun. Im Bayern-Aufsichtsrat sitzen die Top-Manager von Adidas, Audi, VW, Unicredit, "und auch ein Edmund Stoiber, mit dem ich gerade Mittagessen war". Aus diesem Kreis habe es Personalvorschläge gegeben, berichtet Hoeneß, "dann redet man mit dem einen oder anderen Kandidaten, dann fokussiert sich die Sache. Und zack - jetzt glaube ich, haben wir den Richtigen".

Ob der Neue in absehbarer Zeit auch mal einen so komplizierten, hochpreisigen Transfer abzuwickeln hat wie Hopfner gerade den des Spaniers Javier Martínez von Athletic Bilbao? Davon geht Hoeneß nicht aus. "Lange, lange, lange Zeit" habe man bei dieser Personalie "überlegt", sagt er - und das Geschäft am Ende auch deshalb mit Überzeugung getätigt, "weil wir es uns leisten können. Wir haben die 40 Millionen ja nicht von der Kredit-Abteilung geholt, sondern von der Festgeld-Abteilung". Deshalb findet Hoeneß so eine Summe "auch mal akzeptabel - aber sie darf niemals zur Norm werden".

Bei der Kontaktaufnahme mit Josu Urrutia, Bilbaos störrischem Vereinsboss, sollte ebenfalls Hoeneß vermitteln: "Ich war auf einem Kurzurlaub in Biarritz, 150 Kilometer von Bilbao weg, und Karl-Heinz Rummenigge (Bayern-Vorstandschef; d. Red.) hat den Präsidenten gefragt: Uli Hoeneß ist in der Nähe, können Sie den auf eine Tasse Kaffee empfangen. Aber der hat nur gesagt: Kein Interesse." Die Hartnäckigkeit, mit der Urrutia versucht hatte, Martínez zu behalten, hat Hoeneß beeindruckt. Trotzdem sagt er: "Aus meiner Sicht war das unverantwortlich, Bilbao ist ja nicht gerade auf Rosen gebettet. Aber der Präsident hat Wahlen im Herbst, er ist ein sehr stolzer Mann, und er dachte sich, wenn ich eine Chance haben will, Präsident zu bleiben, dann muss ich hier stur bleiben."

Noch bis vor kurzem, das räumt Hoeneß ein, "hätte ich mir nie, nie, nie vorstellen können, dass der FC Bayern mal 40 Millionen Ablöse für einen Spieler ausgibt". Doch in diesem Fall hätten Sammer und der Trainer Jupp Heynckes die Gremien "unheimlich bedrängt": Sie würden in Europa "im Moment wenige Spieler sehen, wo Alter, Klasse und so weiter derart passen wie bei Martínez". Und Hoeneß hat sich am Ende durchaus gerne bedrängen lassen, obwohl er Martínez' Marktwert eher auf 25 Millionen Euro taxiert als auf die um 15 Millionen höhere Ablösesumme, für die man ihn - gegen den Willen von Bilbao - schließlich via Ausstiegsklausel bekam .

Auf dem Konto der Bayern liegen jetzt 40 Millionen weniger. "Das", sagte Hoeneß der SZ, "ist allerdings völlig wurscht." In der Bilanz werde Martínez wegen seines Fünf-Jahres-Vertrages ohnehin nur "mit acht Millionen pro Jahr abgeschrieben". Diese Summe dürfte in dem Zahlenwerk kaum auffallen, so gut laufen beim FC Bayern mal wieder die Geschäfte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: