Bayern besiegt Moskau mit 3:0:Raus aus der Komfortzone, rein in die Königsklasse

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Jérôme Boateng (links), David Alaba (mitte) und Dante bejubeln den frühen Führungstreffer.

(Foto: AFP)

War was? Die Profis des FC Bayern München kontern die jüngsten Debatten und Kritiken um ihre Einstellung mit einem konzentrierten 3:0 gegen ZSKA Moskau. Kleine taktische Anpassungen im defensiven Mittelfeld sorgen für eine kompakte und dynamische Defensive - auch ohne Bastian Schweinsteiger.

Aus dem Stadion von Klaus Hoeltzenbein und Christof Kneer

Hat Matthias Sammer also Recht? Eine der zentralen Thesen seiner Ruckrede vom Wochenende war ja, dass die Spieler des FC Bayern in ihrer gegenwärtigen Verfassung immer erst Impulse von außen brauchen, um sich anständig zu emotionalisieren. Sammer hatte auch ein schönes Beispiel parat: Es könne nicht sein, dass man erst die Champions-League-Hymne hören müsse, um auf Meistertemperatur zu kommen.

Sammer wird es gewiss als Bestätigung seiner These begreifen, was in der dritten Minute des Champions-League-Auftaktspiels gegen ZSKA Moskau passierte: Es gab einen Freistoß für den Bayern, David Alaba lief an, und dann zirkelte er den Ball so mustergültig ins Eck, dass Torwart Akinfejew gar nicht anders konnte als schlecht auszusehen. Es war das frühe, das sehr frühe 1:0 - entstanden unter dem Eindruck der Hymne?

Der FC Bayern ist als Champion in den Wettbewerb gestartet, und natürlich steht über dieser Saison vom ersten Tag die Überschrift "Projekt Titelverteidigung". Das ist in der Champions League noch keiner Mannschaft gelungen, eine schöne Aufgabe also für den FC Bayern und für Sammer, dem die Wucht dieser Herausforderung noch ein paar kompetente Referate zum Thema "Emotion" ermöglichen dürfte.

Von einer "Komfortzone", die Sammer diagnostiziert hatte, war gegen Moskau ebenso wenig zu erkennen wie von einer "Scheinwelt" oder von "Dienst nach Vorschrift": Hoch konzentriert und sehr seriös besiegten die Bayern den russischen Meister mit 3:o (2:0) - es war fast ein Klassenunterschied und auf jeden Fall ein gelungener Start in die Königsliga, den sich jetzt wahrscheinlich alle Beteiligten anrechnen werden.

Sammer, weil er die Elf rechtzeitig geweckt und ihre Sinne geschärft hat; Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, weil sie ja ohnehin behauptet haben, dass man sich keine Sorgen machen muss; die Mannschaft, weil sie all die lustigen Debatten mit einer souveränen Leistung ignoriert hat; und natürlich Trainer Pep Guardiola, der eine Elf an den Start brachte, die schon zu diesem frühen Saisonzeitpunkt sehr intelligenten Fußball spielt.

Souveränität nach Vorschrift

Bayerns kluge Vorstellung hatte auch damit zu tun, dass Guardiola sich erneut entschieden hat, Philipp Lahm ins Herz des Spiels zu verpflanzen. Bastian Schweinsteiger ist inzwischen wieder gesund, aber Guardiola traut ihm offenbar noch keine Champions-League-Schärfe zu. Stattdessen ordnete Lahm das Spiel auf der Sechserposition mit Ruhe und klarem Blick, und wer genau hinschaute, erkannte zwar nicht die heiß geliebte Doppelsechs, mit der der Klub in der Vorsaison jeden Pokal gewonnen hatte, den irgendjemand irgendwo hingestellt hatte. Aber auffällig war schon, wie pflichtbewusst sich Toni Kroos in Lahms Nähe aufhielt.

Das offene Zentrum war ein großes Thema in Guardiolas ersten Münchner Tagen, aber gegen Moskau war das Zentrum so dicht wie Moskaus Hauptstraßen zur Hauptverkehrszeit. Man sieht Guardiola und seiner Elf allmählich die Trainingstage an, die sie gemeinsam verbringen: Was Bayern zeigte, war kein Spektakel, aber es war umfassender Mannschaftssport.

Die defensive Gruppendynamik beeindruckte, und offensiv bereiteten die Positionswechsel dem Gegner so manche Not. Es war am Ende schwer zu sagen: Waren die Gäste grundsätzlich harmlos - oder waren es sie es nur, weil die überlegten und überlegenen Münchner ihnen keinen Zugang ins Spiel gewährten? Oder waren Moskaus Spieler gar: in der Komfortzone?

Letzteres wohl eher nicht, die Gäste wollten schon Fußball spielen, aber anfangs blieb ihnen kaum mehr übrig, als die Bayern beim Spielen zu begleiten. ZSKA hätte schon früh deutlicher zurück liegen können, aber Mandzukic scheiterte ebenso an Akinfejew (7.) wie kurz vor der Pause, als sein Kopfball erst an den Pfosten und dann in Arme des Torwarts flog (37.). Kurz darauf fiel das 2:0 doch, und es sah einstudiert aus: Robbens Freistoß köpfte Mandzukic ins Tor. Wobei: Die Abseitsposition war eher nicht einstudiert, gleich drei Münchner befanden sich knapp in der verbotenen Zone (nein, nicht in der Komfortzone).

Es war ein Spiel in der Kontrollzone, das die Bayern spielten, aber das war nichts, was Sammer, Guardiola oder sonstwem Sorgen machen dürfte. Im Gegenteil: Die Münchner spielten die Partie auch im Energiesparmodus sauber zu Ende, und für die Zuschauer war auch noch ein bisschen was dabei: Sie bekamen noch ihren Schweinsteiger zu sehen, der mit Lahm die letzten 20 Minuten eine Ur-Münchner Mittelfeldzentrale bildete - und sie sahen noch ein schönes Tor von Robben, vorbereitet von einem hübschen Heber von Alaba (68.).

Bis zur Titelverteidigung ist es noch ein langer Weg, aber eines haben die Bayern schon mal geschafft: Sie haben die aufgeregten Debatten mit einer unaufgeregten Leistung gekontert. Dienst nach Vorschrift? Nein: Es war Souveränität nach Vorschrift.

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