Bayern-Basketballer in der Euroleague:Verbannt von der Party der Besten

FC Bayern Muenchen v FC Barcelona - Turkish Airlines Euroleague

Bo McCalebb kam vor kurzem nach München - das Aus in der Euroleague konnte auch er nicht verhindern.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Europäischer Spitzen-Basketball in München? Nicht mehr in dieser Saison. Vor dem letzten Euroleague-Heimspiel des FC Bayern hadern die Verantwortlichen mit dem frühen Aus im Wettbewerb. Eine Qualitätsdebatte will nur Trainer Pesic führen.

Von Jonas Beckenkamp

Wer in diesen Tagen mit Marko Pesic spricht, bekommt zuerst ein Seufzen zu hören. Der Sportdirektor und Geschäftsführer der Bayern-Basketballer musste in der vergangenen Woche viel grübeln, es gab einiges aufzuarbeiten. "Oh", sagt er etwas gequält, "nach der Erfahrung im letzten Jahr sind wir natürlich enttäuscht und traurig." Vor acht Tagen vertiefte sich dieses Gefühl mit einer entscheidenden Euroleague-Niederlage der Münchner in Mailand. 81:83 lautete das Resultat, es war ein gutes Spiel mit einem frustrierenden Ende.

Die Euroleague, das Äquivalent zur Champions League im Fußball, findet somit im weiteren Saisonverlauf ohne den FC Bayern statt. "Wir haben noch zwei Spiele, in denen wir uns ordentlich verabschieden wollen", erklärt Pesic. Das erste steigt an diesem Abend (20.15 Uhr) gegen den polnischen Meister Turów Zgorzelec, der den Münchnern im Hinspiel eine höchst ärgerliche 78:89-Pleite verpasst hatte.

Niederlagen gab es in dieser Euroleague-Vorrunde einige, von acht Partien konnte der deutsche Meister überraschend nur eine gewinnen - für das Erreichen der Top16-Zwischenrunde hätten es wie im Vorjahr ein paar Siege mehr sein müssen. Die Frage, warum es diesmal nicht geklappt hat, beschäftigt einen ehrgeizigen Sportsmann wie Pesic natürlich sehr.

Er hat vor allem zwei Gründe ausgemacht: Die starke Konkurrenz aus Barcelona, Athen oder Istanbul sowie die eigene Misere mit zahlreichen Verletzungen. "Wir wussten schon nach der Auslosung, dass es schwer sein würde - selbst, wenn wir alles abrufen", sagt Pesic, "in der Gruppe tummeln sich ja gleich mehrere Gegner mit allerhöchsten Zielen, die die Euroleague gewinnen können."

Dass der einzige Erfolg ausgerechnet gegen Favorit Panathinaikos gelang, ist jetzt nur noch eine Randnotiz - insgesamt bleibt der Eindruck: Die Bayern waren nicht gut genug, auch weil sie "nie vollständig beisammen und topfit" antraten, wie Pesic meint. "Wir haben unser Maximum nie ganz rausholen können."

Mit Kapitän Bryce Taylor, Anton Gavel, Paul Zipser und zum Schluss auch noch Spielmacher Vasilje Micic fehlten gleich mehrere Akteure, die sich als kaum ersetzbar erwiesen (nun fällt zudem Robin Benzing für sechs Wochen aus). Dabei hatten die Münchner vor der Saison extra noch einmal investiert. Sie stützen sich mittlerweile auf einen stattlichen Etat von 13 Millionen Euro, wie Vizepräsident Rudolf Scheels im SZ-Interview bestätigte - dazu verpflichtete man veritable Bekanntheiten des europäischen Basketballs wie Flügelspieler Dusko Savanovic, Vladimir Stimac oder Bo McCalebb. Auf dem Papier müsste die Mannschaft eigentlich stark genug sein, um zumindest Gegner wie Armani Mailand oder Zgorzelec hinter sich zu lassen.

Mehr Qualität? Mehr Geld!

"Beide Spiele gegen Mailand waren sehr knapp, sie hätten auch anders ausgehen können", ist sich Pesic sicher. Er räumt aber ein: "Um auf diesem Niveau solche Spiele zu gewinnen, musst du gut in Form und eingespielt sein, das waren wir nicht." Besonders in der Verteidigung haperte es gewaltig, so dass die Bayern immer wieder von Einzelkönnern wie Mailands Daniel Hackett oder Istanbuls Andrew Goudelock (er traf gegen den FCB zehn Dreier) in die Verzweiflung getrieben wurden.

Trainer Svetislav Pesic adressierte das Problem zuletzt drastisch mit den Worten: "Unsere Defense ist katastrophal. Wir haben noch nicht ein Spiel über die Defense gewonnen." In dieser Analyse sind sich Vater und Sohn Pesic immerhin einig: Es gilt das alte amerikanische Basketball-Credo "Offense wins games, defense wins Championships".

Dass die Bayern-Gegner es im Verlauf der acht Partien immer wieder schafften, leichte Körbe zu erzielen, liegt laut Sportchef Pesic an der fehlenden Abstimmung. "Ich habe früher selber Euroleague gespielt", sagt er, "ich weiß, dass die Verteidigung nicht nur vom Willen abhängt, sondern auch von Automatismen." Vorne könne man sich mit individuellen Fähigkeiten einzelner Spieler durchschleppen, hinten aber brauche es Zusammenarbeit. "Und die fehlte uns", so Pesic Junior.

Bei all den Schwierigkeiten haben die Bayern in der derzeitigen Verfassung unter Europas Besten wenig verloren - dass sie am Wochenende auch noch ein empfindliches 74:79 beim Bundesliga-Spiel in Trier kassierten, verstärkt diesen Eindruck.

"Es gibt überall mal schlechte Phasen. Wir sind erfahren genug, um die jetzige zu überstehen", hofft der serbische Forward Savanovic, seit Wochen der konstanteste Punktesammler im Team. Ganz passé ist das europäische Abenteuer freilich noch nicht. Nach dem Jahreswechsel darf das Münchner Projekt im zweitklassigen Eurocup weitermachen, wo auch das BBL-Kollegium aus Bamberg und Oldenburg vertreten ist.

Doch reicht das angesichts der eigenen Ansprüchen? Bei der Ausrichtung auf die Zukunft scheinen Vater und Sohn Pesic durchaus verschiedene Ansichten zu haben. Während Marko Pesic "natürlich noch Lust verspürt" diesen Wettbewerb in weiteren 14 Partien zu gewinnen, würde Coach Pesic wohl am liebsten sofort in die kommende Euroleague-Saison starten - und zwar mit noch höheren Ambitionen: "Top 16? Was ist das für ein Ziel? Das Ziel muss Top 4 sein! Ich bin kein Trainer, um irgendwie mitzuspielen."

Doch dazu brauchen die Münchner mehr Detailarbeit, mehr erfahrene, abgezockte Profis, mehr Qualität - und letztlich mehr Kleingeld. Svetislav Pesic begab sich dafür schon einmal in den Angriffsmodus. Ob die derzeitige Mannschaft überhaupt besser sei als das Meisterkollektiv aus der vergangenen Saison, sollte er einschätzen. Seine Antwort: "Nein."

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